Schnelle Kraulzüge durchs Schwimmbecken – doch die Leistungssportler des VfL Waiblingen müssen von Anfang November an auf ihren Cheftrainer verzichten. Foto: dpa

Es geht um Nachwuchshoffnungen und Spitzenschwimmer, es geht um die Abrechnung von Kosten für Wasserflächen und für Trainingslager. Und es geht um den Cheftrainer des VfL Waiblingen. Der Verein hat ihm gekündigt, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Vorwurfs der Untreue und Betrugs.

Waiblingen - Die ersten Gerüchte hatte es schon am Wochenende gegeben, nun hat der Vorstand des Vereins für Leibesübungen auch mit einer offiziellen Stellungnahme reagiert. Das durchaus Pikante daran: Die Mitteilung an die Lokalpresse ist mit jenem vor gut einem Jahr präsentierten neuen Logo geschmückt, an dessen Entstehung der Cheftrainer maßgeblich beteiligt war.

Der Coach gehört zweifelsohne zu den treibenden Kräften im Verein. Immer wieder sang die Lokalzeitung Loblieder auf seine Fähigkeiten, die Waiblinger Schwimmer seien „die Aufsteiger im Wasser“. Der VfL Waiblingen habe sich zur Nummer eins unter den Schwimmvereinen in Württemberg gemausert, dies sei nahezu ausschließlich mit dessen Namen verbunden – eines Vertreters der modernen Trainergeneration, dem Einzelkämpfermentalität fremd sei. Die Abteilung selbst beschreibt ihr Credo in Sachen Leistungssport so: „Unsere Philosophie ist es, unseren Sportlern die bestmöglichen Bedingungen für ihre körperliche, geistige und soziale Entwicklung zu bieten.“ Dafür müssten alle gemeinsam an einem Strang ziehen – Eltern,. Sportler, Trainer und die Schwimmabteilung.

An einem Strang – davon kann mittlerweile keine Rede mehr sein. Denn ausgerechnet während der aktuellen Jubiläumsfeierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen wird der VfL von diesem Drama durchgeschüttelt. Nach vereinsinternen Prüfungen sei nur noch ein Weg möglich gewesen: „Wir mussten dem Cheftrainer wegen Untreueverdachts anzeigen.“ Die Kontrolle habe finanzielle Unregelmäßigkeiten zutage gefördert. „Nach Einholung von Rechtsbeistand haben wir uns entschlossen, diesen untragbaren Zustand zu beenden“, heißt es in der vom Vorsitzenden Werner Reichl und seinen beiden Stellvertretern Klaus Brugger und Marco Weigel unterzeichneten Erklärung.

Die Umlagen seiner Schwimmer habe er entweder bar ohne Beleg vereinnahmt oder auf sein privates Konto überweisen lassen

Demnach habe der 32-Jährige mehrfach, beispielsweise bei einem Trainingslager in diesem Frühling, direkt von seinen Schwimmern Geld einkassiert und am Verein und der Abteilung vorbei für sich selbst vereinnahmt. Diese Kosten habe er „nachweisbar schriftlich“ unter anderem damit begründet, dass damit Ausgaben für Wasserflächen beziehungsweise für die Benutzung des Bades sowie seine eigenen Trainerkosten beglichen werden – tatsächlich jedoch seien diese Zahlungen ausnahmslos vom Hauptverein beglichen worden. Seine Trainerkosten habe er ebenfalls, wie bei sämtlichen Übungswochen „und genau auch bei diesem Trainingslager beim Hauptverein abgerechnet und ausbezahlt bekommen“.

Die Umlagen seiner Schwimmer habe er entweder bar ohne Beleg vereinnahmt oder auf sein privates Konto überweisen lassen. „Eine Abrechnung ist nie erfolgt, eine Erstattung ebenfalls nicht.“ Der massive Vertrauensbruch mache eine Weiterbeschäftigung unmöglich. „Wir mussten reagieren und ihn wegen Untreueverdachts anzeigen.“ Das Dienstverhältnis wurde zum 31. Oktober 2012 gekündigt. Auf eine fristlose Kündigung verzichte man „angesichts seiner unbestreitbaren sportlichen Verdienste“.

Aus Vereinskreisen werden mehrere Tausend Euro genannt

Um welche Summen es geht, ist unklar. Aus Vereinskreisen werden mehrere Tausend Euro genannt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hält sich mit Verweis auf die noch laufenden Ermittlungen zurück. Sprecher Stefan Biehl bestätigt auf Nachfrage lediglich, „dass es ein Verfahren wegen Untreue gibt“. Geprüft werde, ob von den Eltern bezahltes Geld zweckentfremdet worden sei. Offenbar werden seit Wochen die jungen Schwimmer und deren Eltern als Zeugen vernommen, auch der Beschuldigte selbst wurde gehört. Er wollte sich am Dienstag nicht äußern. Am Tag davor hatte er erklärt, er sei „fassungslos“ über die Entwicklung und wolle Missverständnisse klären.

Der Vereinsvorstand selbst ist geschockt über den Imageschaden. Alle Aktivitäten seien derzeit irgendwie gelähmt. Zudem soll auch noch ein weiterer, ehemaliger Vereinsfunktionär ins Visier der Ermittler geraten sein. Um welche konkreten Vorhaltungen es geht, will die Staatsanwaltschaft derzeit aber ebenfalls nicht preisgeben.