Serdar Tasci Foto: Pressefoto Baumann

Der Kapitän des VfB Stuttgart über die Perspektiven der Mannschaft in der Bundesliga.

Stuttgart - Die Fans fragen: Wie stark ist der VfB in der neuen Saison noch? Spielführer Serdar Tasci beruhigt die Anhänger: „Wir haben gezeigt, dass wir im oberen Bereich mithalten können.“ Auch mit dem aktuellen Personal.


Herr Tasci, seit drei Tagen läuft die Vorbereitung. Ist Ihr Körper schon wieder auf Betriebstemperatur?
Ja, es geht schon ganz gut. Ein paar Tage noch, und wir sind alle wieder voll drin.

Macht Ihnen Ihr Innenbandanriss vom Ende der vergangenen Saison noch zu schaffen?
Manchmal spüre ich es noch ein bisschen, aber auch das wird sich geben. Ich habe nach der Saison ja noch zwei Wochen lang weitertrainiert.

Und danach die EM verfolgt und vor dem Fernseher mit der deutschen Mannschaft gezittert.
Ich habe fast jedes Spiel angeschaut, allerdings bin ich keiner, der vor dem Fernseher zittert. Da bin ich ganz ruhig, habe den Jungs aber natürlich die Daumen gedrückt.

Für einen Titel hat es wieder nicht gereicht. War die deutsche Mannschaft doch ein bisschen zu jung und unerfahren?
Das denke ich eigentlich nicht – und die Vorrunde spricht ja auch gegen diese These. Deutschland hatte die schwerste Gruppe, der Druck war sehr groß, aber das Team ist mit drei Siegen rausgekommen. Und das waren ja dieselben Spieler, die später gegen Italien verloren haben. Im Halbfinale haben die Italiener einfach taktisch überragend gespielt und gut verteidigt. Das ist zwar schade, aber diese Mannschaft verfügt über so viel Qualität – es wird irgendwann in den nächsten Jahren mit einem Titel klappen.

Ist während der EM Ihre Lust, wieder Teil der Nationalelf zu sein, noch größer geworden?
Auf jeden Fall. Diese großen Turniere sind eine tolle Sache, das habe ich 2010 ja selbst erlebt. Es ist mein großes Ziel, bei solch einem Turnier wieder dabei zu sein. Ich werde wieder angreifen – und es war ja vor dieser EM schon knapp. Ohne die Verletzung wäre ich vermutlich im erweiterten Kader gewesen. Das war ein Zeichen, dass ich zuletzt nicht viel falsch gemacht habe. Nun muss ich mich über starke Leistungen beim VfB weiter anbieten.

Dass Sie im Club wieder international spielen, sollte nicht zu Ihrem Schaden sein.
Das ist sehr wichtig, die Vorfreude ist groß – bei mir und bei der ganzen Mannschaft. Die Teilnahme an der Qualifikation für die Europa-Liga ist die Belohnung für die vergangene Saison.

Vor der neuen Runde fragen sich alle: Wie stark ist der VfB noch?
Sicher, wir haben einige Spieler abgegeben, aber ich sage auch: Von den Spielern, die in der vergangenen Saison meistens gespielt haben, sind fast alle noch da. Und wir haben gezeigt, dass wir mit diesem Kader im oberen Bereich der Bundesliga mithalten können. Wir müssen eben wieder das Beste rausholen.

„Wollte den Weg beim VfB gehen“


In Tunay Torun und Tim Hoogland kamen nur zwei Neue.
Aber es sind zwei Spieler, die uns guttun werden, das hat man schon in den ersten Trainingseinheiten gesehen. Mit Tunay werden wir in der Offensive noch variabler, und Tim hat schon in Mainz sehr stark gespielt, zuletzt hatte er jedoch bei Schalke 04 Verletzungspech.

Sie selbst sind dem VfB seit der D-Jugend treu geblieben. Dagegen haben immer wieder andere talentierte Spieler den VfB verlassen. Wie groß ist Ihr Bedauern darüber?
Natürlich wäre es klasse, wenn Leute wie Gomez, Khedira oder Träsch noch hier spielen würden. Wir hätten noch mehr Klasse – und das mit fast lauter eigenen Spielern. Aber der Fußball funktioniert eben anders. Ich freue mich auch für alle, die jetzt woanders bei einem Topclub spielen.

Auch Sie hatten immer wieder Angebote.
Aber ich wollte den Weg hier gehen.

Haben Sie nie das Gefühl gehabt, etwas verpasst zu haben?
Nein, überhaupt nicht. Es gab zwar Angebote und ich hätte wechseln können, aber ich fühle mich hier wohl. Der VfB ist einer der Topclubs in Deutschland und ich habe die große Ehre, diese Mannschaft als Kapitän zu führen. Ich habe keinen Grund irgendetwas nachzutrauern.

Aber nun soll der große FC Barcelona Interesse an Ihnen haben. Was ist wirklich dran an den Gerüchten?
Ich habe nur über eine Art Mittelsmann davon gehört, dass ich einer der Kandidaten bei Barça sein soll, einen direkten Kontakt gab es aber nicht. Und ich weiß auch: Wenn der FC Barcelona einen Spieler sucht, dann gibt es viele Kandidaten. Deshalb konzentriere ich mich voll und ganz auf den VfB.

Sie haben sich kürzlich von Ihrem langjährigen Berater Uli Ferber getrennt. Warum eigentlich?
Wir hatten in gewissen Dingen unterschiedliche Auffassungen, deshalb haben wir die Zusammenarbeit beendet. Wir haben aber immer noch ein gutes Verhältnis.

Wer kümmert sich jetzt um Ihre Belange?
Im Moment habe ich keinen Berater.

Aber es heißt doch immer, die Spielerberater seien im Profifußball so verdammt wichtig.
Sehen Sie: Ich bin Kapitän beim VfB Stuttgart, ich habe hier einen Vertrag, also habe ich derzeit einfach keinen Bedarf.

Stichwort Kapitän: Werden Sie das Amt, das Sie seit Jahresbeginn innehaben, in der neuen Saison behalten?
Ja, werde ich. Ich denke, ich habe es bisher gar nicht so schlecht gemacht. (lacht)