Serdar Tasci Foto: dpa

Nach den jüngsten Erfolgen des VfB Stuttgart strotzt Kapitän Serdar Tasci vor Selbstbewusstsein.

Stuttgart – Mächtig stolz und ausgesprochen selbstbewusst – so gibt sich Serdar Tasci (24) nach den jüngsten Erfolgen des VfB Stuttgart. „Es sollte immer der Anspruch des Vereins sein, in Europa dabei zu sein“, sagt der Kapitän der Roten.


Serdar Tasci, müssen wir uns Sorgen um Sie machen?
Nein, warum?

Im Trainingsspiel am Mittwoch haben wieder Georg Niedermeier und Maza die Innenverteidigung gebildet. Sie haben in einer Art B-Team zusammen mit Matthieu Delpierre verteidigt. Dabei dachten wir, Sie würden am Samstag gegen Mainz wieder in die Startelf rücken.
Das waren ja auch keine A- und eine B-Elf, sondern gemischte Mannschaften. Wir haben taktisch etwas ausprobiert. Inzwischen bin ich auch schon lange genug im Geschäft, als dass mich das beunruhigen würde. Bis zu meiner Verletzung war ich ja in guter Form. Jetzt haben wir als Mannschaft ein Ziel, und ich habe auch ein Ziel.

Ihr Körper spielt jetzt wieder mit. In Dortmund saßen Sie zumindest wieder auf der Bank. Wie weit sind Sie nach Ihrer Hüftbeugerreizung?
Körperlich bin ich fit und fühle mich für 90 Minuten bereit. Vor dem Spiel in Dortmund hatte ich nur zweimal mit der Mannschaft trainiert, da war das noch anders. Aber als Kapitän wollte ich bei der Mannschaft sein, denn das Spiel war wichtig für uns.

Nicht nur wichtig, sondern im Nachhinein auch extrem spektakulär.
Für jeden Fußballer ist es ganz schwierig, wenn er draußen sitzt. In diesem Hammer-Spiel war es für mich besonders schwer. Es haben ja nicht viele Leute erwartet, dass wir nach dem 0:2 und 3:4 noch mal zurückkommen. Umso mehr will man dann in so einem Spiel dabei sein.

Mal ehrlich: Haben Sie erwartet, dass der VfB zu so einer Reaktion fähig ist – und das beim deutschen Meister?
Ich wusste, dass es in der Mannschaft steckt. Uns zeichnen schon seit der Rückrunde der vergangenen Saison Kraft und körperliche Fitness aus. Wir wissen, dass wir immer zurückkommen können. Wir sind von der Mentalität inzwischen so weit, dass wir jeden Gegner besiegen können. Wir müssen uns vor keinem verstecken.

"Gegen Kaiserslautern braucht man auch mal ein dreckiges Tor"


Wie häufig sind solche Spiele möglich?
Das hängt natürlich auch ein bisschen vom Gegner ab. Die Philosophie unseres Trainers Bruno Labbadia sieht vor, dass wir nach vorn spielen, schnell und möglichst direkt. Dortmund hat auch ein gutes Offensivspiel, da ist dann auch mal ein 4:4 drin. Gegen andere Mannschaften wie zum Beispiel Kaiserslautern brauchst du auch mal ein dreckiges Tor, um zum Erfolg zu kommen. Das ist uns beim 0:0 nicht gelungen.

Wie ist es der Mannschaft gelungen, enger zusammenzurücken?
Wir haben ein Spiel benötigt, in dem wir uns befreien konnten. Das war die Partie gegen Hertha BSC. Da ging es für beide um sehr viel. Wir standen in der Tabelle unten drin, Hertha war ein direkter Konkurrent gegen den Abstieg. Davor waren wir acht Spiele ohne Sieg und hatten nicht dieses Selbstvertrauen zu sagen, wir können jeden Gegner schlagen. Dann haben wir 5:0 gewonnen, seither geht unsere Formkurve immer weiter nach oben.

Es hat sich eine Achse herausgebildet: Sven Ulreich im Tor, Sie in der Innenverteidigung, William Kvist und Zdravko Kuzmanovic im Mittelfeld und ganz vorn Vedad Ibisevic. Ist das ein Schlüssel zum Erfolg?
Ich möchte niemanden namentlich hervorheben. Es wäre falsch zu sagen, vier oder fünf Spieler sorgen bei uns für Stabilität im Spiel. Nehmen wir das Spiel in Dortmund. Vor dem 4:4 hat Mamadou Bah den Ball erobert, Cristian Molinaro hat den langen Pass gespielt, und Christian Gentner hat das Tor erzielt. Alle drei wurden zuvor eingewechselt. Deshalb sind nicht nur vier oder fünf Spieler wichtig oder elf, sondern einige mehr.

Sie klingen so, als seien Sie mächtig stolz darauf, Kapitän dieser Mannschaft zu sein.
Ich bin ein echter VfB’ler. Deshalb bin ich sehr stolz darauf, dass es uns als Mannschaft gelungen ist, wieder um die Europa-Liga-Plätze zu spielen. Und wir sind noch nicht am Ende unserer Möglichkeiten angelangt, wir haben Luft nach oben.

Das bedeutet?
So wie die Mannschaft zurzeit aufgestellt ist, könnten wir nächste Saison wieder um die internationalen Plätze spielen. Diese Qualität haben wir. Das ist jetzt mein sechstes Jahr als VfB-Profi. Vier davon haben wir international gespielt. Es sollte immer der Anspruch des VfB sein, in Europa dabei zu sein, auch wenn der Kader dann wahrscheinlich ein wenig anders aussehen wird.

"Wir haben ein Ziel vor Augen"


Würden Sie sagen, die Mannschaft hat die Last der Vergangenheit mit dem monatelangen Kampf gegen den Abstieg abgeschüttelt?
Wenn man einen Lauf hat wie wir, dann spielt man befreit auf. Aber wir alle haben das vergangene Jahr, in dem wir um ein Haar abgestiegen wären, noch im Hinterkopf. Jeder von uns wird das seine ganze Karriere lang im Kopf haben, als Warnung und Mahnung, wie schnell man hinten reinrutschen kann.

Umso verlockender dürfte jetzt die Aussicht auf die Europa-Liga sein, oder?
Ja, wir haben jetzt ein Ziel vor Augen, das haben wir uns hart erarbeitet, und das ist großartig. Lange Zeit schien es ja so, als würden wir eine mittelmäßige Saison spielen und im Niemandsland dümpeln. In unserer aktuellen Form wollen wir es schaffen, den sechsten Platz mindestens zu verteidigen.

Vier andere Clubs haben auch noch die Chance auf einen der Europa-Liga-Plätze. Wie schätzen Sie diese Konkurrenten ein?
Die sind alle gut besetzt. Hannover merkt man die Belastung durch die Europa-Liga nicht an, Wolfsburg ist in Form gekommen, Leverkusen setzt auf den neuen Trainer.

Nur Werder Bremen scheint zu schwächeln.
Das sehe ich anders. Bremen ist Bremen. Wenn die sechs Spieltage vor Schluss da oben stehen, darf man sie nicht unterschätzen.

Sie sagten eingangs, Sie hätten auch ein persönliches Ziel. Hoffen Sie noch darauf, im Sommer bei der Europameisterschaft dabei zu sein?
Ja, natürlich. Deshalb habe ich mich auch so geärgert, dass ich mich verletzt hatte. Vor der Nominierung steht kein Länderspiel mehr an. Aber ich finde, ich habe bis zu meiner Verletzung gut gespielt. Und man weiß ja nie, was passiert. Wenn ich jetzt höre, dass Bundestrainer Joachim Löw womöglich Patrick Helmes noch eine Chance geben könnte, dann bestätigt das, dass man sich über die Bundesliga weiterhin mit guten Leistungen empfehlen kann. Das motiviert mich. Ich werde in den letzten sechs Spielen jedenfalls meinen Teil dazu beitragen, damit es noch klappen kann, denn ich muss mich vor keinem der Konkurrenten verstecken.