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81 Minuten saß er auf der Bank. Dann kam Georg Niedermeier und leitete in seiner ersten Aktion für den VfB das Tor zum 2:2 (0:2) in Bremen ein.

Bremen - So besonders war diese ganze Aktion ja im Grunde gar nicht. Mit dem Kopf kam der gerade eingewechselte Georg Niedermeier nicht an den Ball, beim Schuss fiel er hin, und die Wucht, die er dem Ball mit auf den Weg gab, reichte gerade so, um ein paar Grashalme umzuknicken. Alles völlig unbedeutend also? Von wegen! Diese Aktion hatte schließlich eine Vorgeschichte – und eine Fortsetzung.

Der von Niedermeier getretene Ball nämlich trudelte in der 81. Minute der Partie des VfB Stuttgart beim SV Werder Bremen durch den Strafraum der Grün-Weißen. Er erreichte Cacau, der hielt den Fuß hin – und weil Bremens Torhüter Sebastian Mielitz keine Chance mehr hatte zu reagieren, war der Jubel auf Seiten des VfB Stuttgart plötzlich riesengroß. 2:2 – Moral gezeigt, Rückstand aufgeholt, Punkt mitgenommen, und eine Geschichte erzählt, die, so sagt man, nur der Fußball schreiben kann. Erneut mit Georg Niedermeier als Hauptdarsteller.

Labbadia setzte am Sonntag in Bremen erneut auf Maza

Der Innenverteidiger hatte zu Saisonbeginn seinen Stammplatz verloren, seinem Team am Donnerstag aber durch einen Treffer das Remis in der Europa League gerettet, Hinterher hatte er sich beklagt, dass er einfach nicht nachvollziehen könne, wieso er nur noch Ersatzmann ist: „Das ist ein Schlag ins Gesicht.“ Woraufhin VfB-Sportdirektor Fredi Bobic zum Gegenschlag ausholte und Niedermeier öffentlich abwatschte. Trainer Bruno Labbadia setzte am Sonntag in Bremen erneut auf Maza: „Ich kann auf dieser Position ja nicht dauernd wechseln, deshalb hat er noch die Nase vorn.“ Doch als gegen Ende der Partie, der VfB lag 1:2 zurück, etwas mehr Wucht im Angriffszentrum gefragt war, kam Niedermeier doch noch – und wie.

Durch seinen unbändigen Willen eroberte er nach einem Eckball von Ibrahima Traoré den Ball, bereitete mit einem leicht verunglückten Schuss das 2:2 durch Cacau vor, ließ seinen Emotionen danach wieder freien Lauf – hielt sich diesmal verbal aber zurück: Ohne ein Wort an die wartenden Journalisten verließ er das Weserstadion. Dafür bewerteten andere die Situation.

„Der Georg ist ein Riesentyp.“

„Er hat gesagt, was er empfindet, hat keinen kritisiert, dann ist aber mehr daraus gemacht worden“, sagte Stürmer Martin Harnik. Kapitän Serdar Tasci mahnte: „Meiner Meinung nach hätte er das mit dem Trainer besprechen sollen.“ Und Bruno Labbadia meinte: „Ich sage immer, dass bei uns alles passen muss, deshalb dürfen wir uns die Probleme nicht selbst schaffen.“ In einem Punkt waren sich alle einig: Dass Georg Niedermeier die richtige Reaktion gezeigt hat.

„Genau das will ich sehen“, sagte Bobic und war nun wieder begeistert vom vermeintlichen Quertreiber: „Der Georg ist ein Riesentyp.“ Zum ersten Saisonsieg reichte es aber trotz dessen Einwechslung nicht mehr. Dafür hatte der VfB in der ersten Halbzeit einfach zu viel falsch gemacht.

Nach der Pause agierte der VfB mutiger

Die Umstellung auf ein 4-4-2-System mit Shinji Okazaki und Cacau als Doppelspitze war in Abwesenheit des gesperrten Vedad Ibisevic zwar eine logische Entscheidung Labbadias. Die Umsetzung allerdings ging zunächst gründlich daneben. Vorne „haben wir die letzte Konsequenz vermissen lassen“, gab Mittelfeldspieler Christian Gentner zu. Und in der Beschreibung des Abwehrverhaltens sprach Labbadia anschließend von „fahrlässigen Fehlern“. Der erste führte in der 23. Minute zur Bremer Führung durch Kevin de Bruyne, eine Reihe weiterer Patzer ermöglichte das 2:0 durch Zlatko Juzunovic (34.), und hätte Nils Petersen die Einladung von Maza angenommen – das Spiel wäre zur Halbzeit entschieden gewesen. Die einzige gute VfB-Chance bis dahin hatte Okazaki in der 33. Minute vergeben.

Nach der Pause agierte der VfB mutiger, war durch die Hereinnahme von Ibrahima Traoré umtriebiger und erspielte sich „unglaublich viele glasklare Chancen“ (Bobic). Allein Okazaki scheiterte noch zweimal aussichtsreich. Doch weil nur zwei dieser Möglichkeiten zu Toren durch Martin Harnik (50.) und Cacau (81.) führten, steckt der VfB mit zwei Punkten aus vier Spielen weiter im Tabellenkeller – und steht im Heimspiel am Mittwoch (20 Uhr) gegen Hoffenheim mächtig unter Druck. „Da müssen wir den ersten Sieg holen“, sagte Fredi Bobic über die Partie, in der Martin Harnik fehlen wird. Der Torschütze sah kurz vor Schluss die Gelb-Rote Karte, Bremens Assani Lukimya sogar Rot. Christian Gentner ergänzte: „Wir brauchen schleunigst einen Dreier.“ Und Bruno Labbadia erklärte: „Wir müssen punkten, es kommt nicht so sehr darauf an, wie wir spielen.“ Hauptsache erfolgreich – zur Not auch so wie bei Niedermeiers Aktion in Bremen.