Das Duell des FSV Mainz 05 gegen den VfB Stuttgart entscheidet auch die Form der Topstürmer Ibisevic (links) und Szalai. Foto: Montage/dapd/dpa

Auf den ersten Blick haben Adam Szalai und Vedad Ibisevic nur eines gemeinsam: Sie schießen Tore am Fließband. Doch den Stürmer des FSV Mainz verbindet mit dem Angreifer des VfB Stuttgart viel mehr. Zum Beispiel ein verblüffend ähnlicher Werdegang.

Stuttgart/Mainz - Thomas Tuchel hat ja nicht ganz unrecht, wenn er sagt, dass dieses Duell im Grunde gar keines sei. Adam Szalai und Vedad Ibisevic werden sich im Laufe der Partie des FSV Mainz 05 gegen den VfB Stuttgart an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky und Liga total) eher selten begegnen. „Außer den zwei Torhütern fallen mir keine Spieler ein, die räumlich noch weiter voneinander entfernt stehen“, sagt der FSV-Trainer über die Stürmer der beiden Clubs. Dennoch könnte der Vergleich entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis haben. Szalai und Ibisevic sind die Toptorjäger ihrer Teams, der eine hat neunmal, der andere zehnmal getroffen – und wer an diesem Samstag erneut trifft, sichert seinem Club im direkten Duell womöglich den Sieg. Sie sind nun also Gegner, ansonsten eint die beiden viel mehr als nur ihre Treffsicherheit in dieser Saison.

Der Werdegang: Vedad Ibisevic hat bereits als Kind seine bosnische Heimat verlassen – müssen. Die Familie flüchtete vor dem Krieg, lebte erst in der Schweiz, dann in den USA, später kickte der Stürmer in Frankreich, dann kam nach Deutschland. Über Alemannia Aachen und 1899 Hoffenheim 2012 nach Stuttgart. Adam Szalai verließ Ungarn als Jugendlicher und zog in das Jugendinternat des VfB Stuttgart, mit dem er unter Trainer Hansi Kleitsch 2005 deutscher Meister der A-Junioren wurde. „Anfangs hatte er es nicht leicht“, erinnert sich der Ex-Jugendcoach, „aber es war schnell klar, dass er es in den Profifußball schaffen kann.“ Vom VfB II wechselte Szalai 2007 zur zweiten Mannschaft von Real Madrid, von dort 2010 nach Mainz.

Die Leidensgeschichte

Die Leidensgeschichte: Der Weg nach oben wurde sowohl für Szalai als auch für Ibisevic zu einer echten Geduldsprobe – und Leidensgeschichte. Ibisevic war mit Hoffenheim Ende 2008 gerade Herbstmeister geworden, hatte in 17 Spielen 18 Tore erzielt – dann riss er sich das Kreuzband und fehlte den Rest der Saison. Sein Charakter kam ihm in dieser Zeit zugute. „Er hat eine hohe Frustrationstoleranz“, sagt Peter Zeidler, einst Co-Trainer in Hoffenheim, „sein Motto ist: Immer weiter.“

Szalai erwischte es 2011, er zog sich einen Außenband- und Kreuzbandriss zu, fehlte fast ein Jahr, sagt heute aber: „Das hat mir im Nachhinein geholfen.“ Zsolt Löw, einst Szalais Mitspieler in Mainz, sagt: „Er ist gestärkt aus dieser Zeit hervorgegangen, das ist eine Parallele zu Ibisevic.“

Die Stärken

Die Stärken: Im Moment ragt eine Stärke der beiden heraus: ihre Treffsicherheit. Ibisevic lebt dabei „von seinem ausgeprägten Instinkt“, sagt Zeidler. Und davon, sich auch durch vergebene Chancen nicht aus dem Konzept bringen zu lassen: „Er hält dann trotzdem die Konzentration und wartet auf die womöglich eine und einzige Chance.“ Sein Gespür für die Situation zeichnet ihn zudem aus. Adam Szalai bezeichnet Hansi Kleitsch dagegen mehr als „spielstarken Stürmer“ – trotz dessen Größe von 1,93 Metern: „Er verfügt über große taktische Qualitäten.“ Was ihn derzeit auszeichnet: Er verwertet zahlreiche Vorlagen direkt und hat sich eine hohe Effizienz angeeignet.

Die Einstellung

Die Einstellung: Stürmer sind nicht immer die fleißigsten Arbeiter – bei Ibisevic und Szalai ist das anders. Sagen zumindest ihre Trainer. „Vedad arbeitet viel für die Mannschaft, zudem ist er ein sehr angenehmer Mensch“, sagt VfB-Coach Bruno Labbadia, und Peter Zeidler ergänzt: „Sein Trainingsfleiß ist bewundernswert.“ Thomas Tuchel sagt über seinen Toptorjäger Ähnliches: „Er ist sich nicht zu schade, der erste Abwehrspieler zu sein, er verschreibt sich völlig dem Team.“ Zsolt Löw bestätigt: „Er opfert sich für das Team auf.“ Szalai selbst sieht seine Defensivaufgaben als Basis seiner Qualitäten im Abschluss: „Erst wenn ich die erledige, dann treffe ich auch vorne.“

Die Bedeutung für das Team

Die Bedeutung für das Team: Vedad Ibisevic wird ob seiner Treffsicherheit gern als Lebensversicherung des VfB bezeichnet. Zudem lebt er Optimismus vor. „Auch, als es bei ihm anfangs in Hoffenheim nicht lief, hat er nie den Frust die Oberhand gewinnen lassen“, erinnert sich Zeidler. Adam Szalai scheint sogar noch wichtiger für das Mannschaftsgefüge des FSV Mainz. „Er hat einen sehr hohen Stellenwert“, sagt Trainer Tuchel, „nicht nur sportlich, sondern auch in der Kabine. Sein guter Charakter und sein Ehrgeiz im Training sind sehr gut für die Stimmung.“

An diesem Samstag will er diese erneut beeinflussen – mit Toren gegen den VfB Stuttgart. Ob die aber zum Sieg reichen würden, ist fraglich. Denn klar ist: Auch Vedad Ibisevic ist bereit für das Duell, das keines ist.