Als einen "ungewöhnlichen Fall" bezeichnet der Vorsitzende Richter Christian Bäumler den Vergewaltigungs-Prozess, der am Mittwoch vor dem Amtsgericht in Villingen verhandelt wurde. Foto: AungMyo-stock.adobe.com

Zum Drogenkonsum gedrängt und anschließend zum Analverkehr gezwungen – ein 24-Jähriger aus Villingen-Schwenningen wird zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Ob es noch einen zweiten Täter bei der Vergewaltigungstat gab, das bleibt wohl ungeklärt.

Villingen-Schwenningen - Als einen "ungewöhnlichen Fall" bezeichnet der Vorsitzende Richter Christian Bäumler den Vergewaltigungs-Prozess, der am Mittwoch vor dem Amtsgericht in Villingen verhandelt wurde.

Kennengelernt haben die zwei Männer die junge Frau aus Stuttgart über eine Videoplattform im Internet. Beim ersten Treffen wurden gemeinsam Alkohol und Drogen konsumiert – und die Stuttgarterin wurde Opfer von mindestens einer Vergewaltigungstat.

Angeklagter räumt Tat ein

Für diese musste sich der 24-Jährige aus Villingen am Mittwoch vor Gericht verantworten. Über die Schuld des Angeklagten waren sich die Instanzen vor Gericht einig. Auch wenn der 24-Jährige im Vorfeld vehement auf seine Unschuld bestand, räumt er die Tat in Aussicht auf einen Deal vor Gericht ein.

Ob der zweite Beteiligte ebenfalls Täter war, wurde vor Gericht am Mittwoch nicht geklärt. Bei der Polizei habe die junge Frau ausgesagt, von ihm ebenfalls zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden zu sein. Währendessen habe sie geweint und deutlich gemacht, dass sie das nicht wolle. Wegen uneindeutigen Aussagen und Erinnerungslücken in der Vernehmung, wurde die Anklage gegen den zweiten Villinger jedoch fallengelassen.

Im Internet kennengelernt

"Nur aus Gründen des Opferschutzes", willigte die Staatsanwaltschaft einer Verständigung ein. Andernfalls hätte die junge Frau, die ohnehin bis heute psychisch unter der Tat leidet, noch einmal als Zeugin vor Gericht aussagen müssen. Nach der außergerichtlichen Absprache konnte die Tat mithilfe der Aussagen bei der Polizei und einer Sachverständigerin rekonstruiert werden.

Die Tat hat sich im November vergangenen Jahres zugetragen. Der Angeklagte, der nun seit fast acht Jahren in Villingen-Schwenningen lebt, hat das spätere Opfer über eine Videochat-Plattform im Internet kennengelernt. Dort tauschten sie Nummern aus, blieben weiter über Whatsapp in Kontakt, bis es etwa zwei Wochen später zum ersten Treffen gekommen war.

Benebelt vom Rausch

Die zwei Männer holten die junge Frau von ihrem damaligen Wohnort in Stuttgart ab und fuhren anschließend zurück nach Villingen-Schwenningen. In der Wohnung sei die Frau wohl zum Alkoholkonsum überredet worden. Außerdem wurde Tilidin konsumiert, ein aufputschendes Opiat. "Die Wirkstoffe verstärken sich gegenseitig," erklärt die zuständige Kriminalkommissarin vor Gericht.

Im Laufe des Abends habe sie sich zunehmend schlechter gefühlt. Gegen zwei Uhr nachts sei sie ins Bad gegangen, wo sie von dem Angeklagten zum Analverkehr gezwungen worden sei. Die junge Frau habe versucht ihn wegzudrücken, "zu mehr ist sie nicht mehr in der Lage gewesen," vermutet die Staatsanwältin.

Frau schweigt vorerst

Am nächsten Morgen wurde die junge Frau wieder zurück nach Stuttgart gefahren. Über die Tat schwieg sie zunächst. Bei ihrer Wohngemeinschaft habe sie sich über Übelkeit und Bauchschmerzen beklagt. Diese schickten sie zum Arzt, wo der ganze Vorfall aus ihr herausbrach. Gynäkologische Untersuchungen bestätigten die Tatvorwürfe. Außerdem konnten die DNA-Spuren beider Männer sowie leichte Verletzungen am Körper festgestellt werden.

Vor diesen Hintergründen stimmten alle Parteien der, von Verteidiger Bernhard Mussgnug vorgeschlagenen, Verständigung unter der Bedingung eines Täter-Opfer-Ausgleiches zu. Entsprechend der vereinbarten Obergrenze wurde der mehrfach vorbestrafte Angeklagte zu drei Jahren auf Bewährung und 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, der Geschädigten muss er einen Geldbetrag von 2000 Euro bezahlen. "Ein Betrag, der der Sache nicht angemessen ist", findet der Nebenklageanwalt. In vergleichbaren Fällen sei ein Geldbetrag von mindestens 5000 Euro üblich. Begleichen konnte der Täter den Betrag vor Gericht nicht – seine Partnerin, die den Prozess aus dem Zuschauerraum aus verfolgte, legte die 2000 Euro kurzerhand für ihn aus.