Marco Goecke probt für „Der Liebhaber“ im Staatstheater Hannover mit dem Tänzer Robert Robinson. Foto: Ralf Mohr

Die Premiere von Marco Goeckes erstem Handlungsballett für seine eigene Kompanie in Hannover musste mehrfach verschoben werden. Nun findet die Uraufführung von „Der Liebhaber“ im Internet statt.

Hannover/Stuttgart - Ein neues Handlungsballett für die eigene Kompanie sollte der Höhepunkt in Marco Goeckes erster Saison als Ballettdirektor in Hannover werden. „Der Liebhaber“ machte den gleichnamigen Roman von Marguerite Duras für den Tanz zugänglich. Doch infolge der Coronapandemie musste die für das vergangene Frühjahr geplante Premiere mehrfach verschoben werden. Nun erlaubt ein strenges Hygienekonzept die Uraufführung von Marco Goeckes Ballettabend „Der Liebhaber“ am 27. Februar – um 19.30 Uhr auf der Homepage der Staatsoper Hannover. Danach bleibt die Aufzeichnung für 30 Tage lang online abrufbar.

 

Der Liebhaber ist die erste abendfüllende Uraufführung von Marco Goecke in Hannover und sein fünftes abendfüllendes Werk insgesamt. In Stuttgart, wo Marco Goecke bis 2018 als Haus-Choreograf des Stuttgarter Balletts tätig war und nach wie vor mit Gauthier Dance verbunden ist, erarbeitete er „Nussknacker“ , „Orlando“ und „Nijinsky“ abendfüllend für die Bühne.

Eine Amour fou über Grenzen hinweg

Nun ist das erfolgreichste Buch von Marguerite Duras (1914 – 1996) Vorlage. In „Der Liebhaber“ schildert die französische Autorin, in dem sie – zumindest teilweise autobiografisch – die Amour fou einer Fünfzehnjährigen zu einem zwölf Jahre älteren Chinesen. Dieser Stoff fasziniert den Choreografen seit vielen Jahren, er will ihn als Geschichte über die Liebe ganz universell in Tanz übersetzen.

Ort der Handlung ist die ehemalige französische Kolonie Indochina, Hauptfigur ein weißes Mädchen, das mit rosafarbenem Männerhut und Goldschuhen auffällt und in einer Familie ohne Vater in schwierigen Verhältnissen mit einer labilen Mutter und zwei höchst problematischen Brüdern aufwächst. Erzählt wird von einer Beziehung über Konventionen hinweg, von einer Liebe, die keine Zukunft hat und dennoch ein ganzes Leben lang währt: Obwohl sich die beiden Liebenden nach dem Weggang der Erzählerin nach Paris nie wieder gesprochen haben – bis auf ein einziges Telefonat am Ende.

„Die Idee, ein Ballett aus diesem großen Werk zu machen, hat mich beruhigt und beglückt“, sagt Goecke, der das Buch seit seiner Jugend immer wieder gelesen hat und ein großer Verehrer von Marguerite Duras ist. Der Choreograf will im Tanz eine emotionale Synthese zu der bildgewaltigen Sprache des Romans eingehen. Für ihn erzählt der Roman, obwohl er keinem kontinuierlichen Handlungsstrang folgt, in minimalistischer Knappheit vom Innersten der menschlichen Existenz.