Am 3. Januar 1969 hatte Erik Ode als „Der Kommissar“ sein verqualmtes Büro zum ersten Mal in Beschlag genommen Foto: Verleih

„Der Kommissar“ gilt als Lehrmeister für die Größen der deutschen Krimiszene - bis am 30. Januar 1976 eine der erfolgreichsten Krimiserien des deutschen Fernsehens zu Ende ging.

Stuttgart - Er rief sie Rehbeinchen. Etwas von oben herab, mit einem Schuss maskuliner Jovialität und in dem festen Glauben, ein richtig netter Chef zu sein. Frau Rehbeins Namen konnte man verniedlichen, schließlich war sie in der Männerwelt des Kommissars Herbert Keller ja nur die Sekretärin. 77 von 97 ZDF-Episoden hat Helma Seitz den Rehbeinchen-Ruf im Vorzimmer ertragen müssen, dann ging am 30. Januar 1976 eine der erfolgreichsten Krimiserien des deutschen Fernsehens zu Ende.

Am 3. Januar 1969 hatte Erik Ode als „Der Kommissar“ sein verqualmtes Büro zum ersten Mal in Beschlag genommen, die brennende Zigarette immer in Greifweite. Bis Folge 26 durfte Emely Reuer als Kriminalassistentin Helga Lauer noch mitmischen, ab und zu fand auch die wunderbare Rosemarie Fendel als Kellers Frau Franziska den Weg in das schäbige Büro ihres Gatten. Aber eigentlich gehörten Frauen weder in Kellers Mannschaft noch auf die konservative Besetzungsliste der Serie.

„Der Kommissar“ hat Fernsehgeschichte geschrieben

Reinhard Glemnitz als spröder Inspektor Robert Heines, Günther Schramm als smarter Assistent Walter Grabert, nicht zuletzt Fritz Wepper als Kriminalhauptmeister Harry Klein (der, der später in „Derrick“ für Horst Tappert den Wagen vorfahren durfte) – sie alle passten weitaus besser zur Kragenweite ihres eigenwillig-verkniffen ermittelnden Vorgesetzten.

Bemerkenswert, dass Keller seinen ersten Fall vom Krankenbett aus löste. Ansonsten blieben die großen Überraschungen am Ende jeder Episode aus. Mord hin, Mord her. Dafür sorgte Herbert Reinecker, der die Idee fürs Drehbuch hatte und seine Krimimasche später auch in „Derrick“ weiterstrickte. Dennoch: „Der Kommissar“ hat Fernsehgeschichte geschrieben, weil er schon in den biederen 70er Jahren im Hippie-Milieu ermittelte oder Drogendealer verhaftete.

Erik Ode, der 1983 mit 72 Jahren im bayerischen Kreuth starb, war „Der Kommissar“ schlechthin, leicht verknittert und offensichtlich unterbezahlt. Allein sein Hut war ein Hartz-IV-Modell. Auch wenn München sein Revier war: Keller sprach – anders als etwa Gustl Bayrhammer als Kommissar Veigl im „Tatort“ – kein Bayerisch, was folgerichtig war: Ode war gebürtiger Berliner.

Eine Gastrolle im „Kommissar“ war begehrt

Herbert Jarcyk komponierte die prägnante Titelmelodie. Obendrein wurden etliche Interpreten für damalige TV-Verhältnisse musikalisch hoch professionell vermarktet. Die Les Humphries Singers traten in Folge 60 auf. Die Duisburger Sängerin Evelyn van Ophuisen schaffte es, als Daisy Door nach Folge 39 (Titel: Als die Blumen Trauer trugen) in einem Vierteljahr mit dem Lied „Du lebst in Deiner Welt“ mehr als 500 000 Schallplatten zu verkaufen – obwohl sie nur ungenannt ihre Stimme der Wiener Schauspielerin Sylvia Lukan geliehen hatte.

Überhaupt: Eine Gastrolle im „Kommissar“ war begehrt. Siegfried Lowitz spielte einen haftentlassenen Bankräuber, bevor er später als „Der Alte“ selbst TV-Kommissar wurde. Götz George durfte sich vor seinem „Schimanski“-Outing als Ex-Freund einer ermordeten Prostituierten verdächtig machen, und Horst Tappert, später als „Derrick“ auf Ganovenjagd, spielte einen alkoholabhängigen Fotografen. Ob Curd Jürgens, Gerd Baltus (oben re. im Foto), Martin Held, Marianne Koch, Ruth Maria Kubitschek oder Walter Sedlmayer: Sie alle sortierte Keller – in Zeugen, Verdächtige, Täter. Am Schluss war es immer „Der Kommissar“, der den Durchblick hatte. Und sich von Rehbeinchen zur Belohnung einen Cognac einschenken ließ.

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