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Die Affäre um Formel-1-Chef Bernie Ecclestone bringt auch Daimler zunehmend in Bedrängnis.

Stuttgart - Wenn es darum geht, Gesetze einzuhalten, soll dem Daimler-Konzern niemand mehr etwas vormachen. Jahrelang musste das Unternehmen Untersuchungen der amerikanischen Justiz und der Börsenaufsicht SEC über sich ergehen lassen, weil es über etliche Jahre hinweg Schmiergelder gezahlt hatte, um an Aufträge zu gelangen. Schon lange bevor diese Vorwürfe durch eine Geldbuße von 185 Millionen Dollar (heute 150 Millionen Euro) geahndet wurden, kündigte Daimler an, keinerlei illegale Praktiken mehr zu dulden. Deshalb verfolgt der Konzern nun mit großem Interesse die Bestechungsvorwürfe des Ex-BayernLB-Vorstands Gerhard Gribkowsky (54) gegen den Formel-1-Chef Bernie Ecclestone (81). Denn als Mehrheitseigentümer des Rennstalls Daimler AMG Petronas, der an der Formel 1 teilnimmt, hat Daimler zumindest indirekt Geschäftsbeziehungen zu Ecclestone, der für die Vermarktung der Formel-1-Rennen zuständig ist.

Daimler aber verlangt in seinen Verhaltensrichtlinien korrektes Verhalten nicht nur von seinen Mitarbeitern, sondern auch von den Geschäftspartnern. „Droht der Ausstieg aus der Rennsportserie?“, fragt das „Handelsblatt“ besorgt.

Offiziell gibt sich der Konzern wortkarg. Man gehe „Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten“ im eigenen Verantwortungsbereich umgehend nach, erklärte eine Sprecherin. Da die Vorwürfe derzeit Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind, werde man allerdings „die Bewertung durch die Behörden abwarten“. Zumindest zeigt diese Reaktion, dass Daimler den Begriff des Geschäftspartners weit auslegt. Denn zwischen dem Konzern und Ecclestone gibt es nicht einmal direkte Geschäftsbeziehungen. Daimler besitzt eine 60-Prozent-Beteiligung an dem Rennstall Daimler AMG Petronas, der wiederum einer von zwölf Rennställen ist, die eine Vereinbarung mit dem Automobilsport-Dachverband Fia sowie ein dreiseitiges Abkommen mit der Fia und eben der von Ecclestone dominierten Formel 1 haben.

Juristische Aufarbeitung könnte sich hinziehen

Bis juristisch wasserdicht feststeht, ob Ecclestone Gribkowsky bestochen hat, kann es noch lange dauern – denn über Ecclestone selbst wird derzeit gar nicht verhandelt. Gegenstand des laufenden Strafverfahrens vor dem Landgericht München sind vielmehr Vorwürfe gegen Gribkowsky, der Formel-1-Anteile verwaltete, die die BayernLB verkaufen wollte. Er soll, so der Vorwurf, von Ecclestone 44 Millionen Dollar (heute 35 Millionen Dollar) Bestechungsgeld erhalten haben, damit er einen Ecclestone genehmen Käufer findet. Vor einer Woche räumte Gribkowsky ein, von Ecclestone tatsächlich Bestechungsgeld erhalten zu haben. Ecclestone dagegen erklärt, Gribkowsky habe ihn erpresst. Es steht Aussage gegen Aussage.

Sollte Gribkowsky, für den weiterhin die Unschuldsvermutung gilt, tatsächlich wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, wird es schwierig für Ecclestone, denn wo es einen Bestochenen gibt, muss es auch einen Bestecher geben. Allerdings ist ein Schuldspruch für Gribkowsky nicht automatisch auch einer für Ecclestone. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich Ecclestone überhaupt jemals wird verantworten müssen, selbst wenn Gribkowsky einmal wegen Bestechlichkeit verurteilt werden sollte. Denn um Ecclestone in Deutschland vor Gericht bringen zu können, müssen die deutschen Behörden ihn erst einmal zu fassen bekommen.

Sollte sich der mächtige Formel-1-Chef tatsächlich und nachweisbar unkorrekt verhalten haben, bleibt Daimler allerdings gar nichts anderes übrig, als durchzugreifen – schließlich hat das Unternehmen strenge interne Verhaltensrichtlinien, die unter anderem besagen: „Daimler verbietet strengstens jede Beteiligung an oder Duldung von Bestechung oder jeder anderen Form von Korruption.“