Veronika Ciampa hält ihre beiden Bücher in den Händen. Ihr neues Werk heißt "Geparktes Kind". Foto: Schimkat Foto: Schwarzwälder Bote

Literatur: Die Schriftstellerin Veronika Ciampa setzt sich intensiv mit ihrer Familiengeschichte auseinander

Mit ihrem neuen Buch "Geparktes Kind – ich hatte nie eine Mutter" hat Veronika Ciampa einen Schlussstrich gezogen über ihre Flucht als Kind aus der DDR und ihr Leben bis heute.

Unterkirnach. Da ist nicht nur das Erlebnis der Flucht ein großes Thema, sondern auch das Verhältnis zu ihrer Mutter, die körperlich präsent, aber trotzdem nie für ihre Tochter erreichbar war. "Mit meinem ersten Buch ›Flucht‹ habe ich 2010 die Flucht meiner Familie von Thüringen im Jahre 1955 mit allen Stationen bis nach Unterkirnach beschrieben, richtig verarbeitet hatte ich dieses Kapitel jedoch nicht", erklärt sie im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Die Mutter mit dem Buch zu Seite gelegt

"Es fehlte das, was mich fast mein ganzes Leben am meisten belastet hatte, nämlich, dass ich zwar eine biologische Mutter hatte, die nie eine Mutter für mich war, etwas, das ich nie verstanden hatte und auch nicht verstehen wollte", fährt sie fort.

Nach zwei depressiven Erkrankungen in den Jahren 2001 und 2008, in denen sie in therapeutischer Behandlung war, habe sie nicht nur mit dem Schreiben begonnen, sondern begonnen zu erkennen, dass ihre Mutter durch ihr Leben, sehr frühe Heirat und spätere Flucht mit Ehemann und drei Kindern, geprägt war, und buchstäblich nicht aus ihrer Haut heraus konnte, beschreibt die Autorin. Das ändere nichts an dem Schmerz, den sie immer empfunden habe, aber mit diesem Buch habe sie ihre Mutter sozusagen zur Seite gelegt und eingesehen, dass nichts rückgängig gemacht werden kann und dieser Schmerz zu ihrem Leben gehört.

Vergeblicher Kampf um Anerkennung

"Ich habe abgeschlossen und am Schluss in meinem Buch eine Hommage an meine Eltern geschrieben", erklärt sie. In der Zeit ihrer Kindheit in der DDR sei ihre Mutter immer für sie dagewesen, erst mit der Flucht und ihrem Leben im Westen, das von sehr viel Arbeit geprägt war, habe sie sich total gewandelt, sei ein ganz anderer Mensch, allerdings ein unangenehmer Mensch, geworden. "Meine Mutter hat mich ignoriert, manipuliert, mich nie gelobt und konnte auch nie anerkennen, dass ich eine erfolgreiche Geschäftsfrau geworden bin", fährt Veronika Ciampa fort.

Auch ihr sei es so wie vielen Kindern gegangen, die glaubten, sie seien schuld und nicht gut genug für ihre Mutter: "Ich habe mich immer mehr angestrengt, um von ihr anerkannt zu werden, vergeblich", sagt die Autorin. Erst als sie im Alter hinfälliger und abhängiger wurde, sei sie etwas zugänglicher geworden, und sie selbst habe ihren Frieden mit ihr machen können, betont sie.

Das Buch hat Veronika Ciampa nicht in Ich-Form und auch mit einem anderen Namen geschrieben, aber es ist ihre Geschichte. So, wie sie mit allen Büchern, die sie geschrieben hat, Lesungen machte, wird sie auch mit diesem Werk Lesungen veranstalten, um anderen Menschen mit ähnlichen Schicksalen Mut zu machen.

Doch jetzt kommt erst der Tag, an dem der Mauerfall schon 30 Jahre Geschichte ist. Am 14. November wird die Autorin im Pfarrsaal über der Katholischen Öffentlichen Bücherei Unterkirnach aus ihrem Buch "Flucht" lesen. Einlass ist um 18.30 Uhr, Beginn um 19 Uhr. Ein kleiner Imbiss zugunsten der Bücherei wird angeboten.

Interessierte Zuhörer können sich vorab bei Franka Braun, unter Telefon 07721/9 16 66 55 bis Dienstag, 12. November, zu der Lesung anmelden.