Harte Schichtarbeit, viel Verantwortung, zu wenig Geld. Mit Warnstreiks lenken Ärztinnen und Ärzte der Unikliniken den Blick auf Arbeitsbedingungen und Entlohnung. Viele hundert nehmen teil.
Höhere Zuschläge, besser geregelte Schichtdienste – rund 1600 Ärztinnen und Ärzte der vier Unikliniken im Südwesten sind am Dienstag für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße gegangen. Am Morgen hatten sich die Warnstreiks nach Worten eines Sprechers der Ärztegewerkschaft Marburger Bund zunächst in Tübingen mit rund 500 und in Heidelberg mit über 300 Teilnehmern abgespielt. Ab dem Mittag versammelten sich dann etwa 300 Medizinerinnen und Mediziner in Freiburg und etwa 500 in Ulm – deutlich mehr als zunächst erwartet, sagte er. Der Marburger Bund hatte zu dem bundesweiten Warnstreik aufgerufen, dem ersten in der laufenden Tarifrunde.
Die Gewerkschaft fordert 12,5 Prozent mehr Gehalt, bezogen auf ein Jahr, sowie höhere Zuschläge für Regelarbeit in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen. Auch soll die Schichtarbeit neu geregelt werden. Ärztinnen und Ärzte leisteten Spitzenmedizin und forderten mehr Wertschätzung seitens der Politik, sagte Jörg Woll, Oberarzt der Uniklinik Freiburg und zweiter Landesvorsitzender des Marburger Bundes. Mit Trillerpfeifen und Transparenten zogen etwa in Freiburg die Teilnehmer durch die Stadt. „Ärzte am Limit, Patient in Gefahr“ war auf den Plakaten unter anderem zu lesen.
„Wir hoffen, dass nun Bewegung in die Verhandlungen kommt.“
Den Streikaktionen waren drei ergebnislose Verhandlungsrunden mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) vorangegangen. Von dort seien den Ärzten zwar Ideen und Verbesserungsvorschläge präsentiert worden. Ein konkretes, formelles Angebot habe es jedoch nicht gegeben, wie der Sprecher des Marburger Bundes weiter sagte. Bundesweit war zu Streiks an 23 Universitätskliniken aufgerufen worden. Die zentrale Kundgebung war in Hannover – dafür seien auch etwa 300 bis 400 Ärztinnen und Ärzte aus dem Südwesten angereist.
Die Beteiligung an den Warnstreiks in Baden-Württemberg habe alle Erwartungen übertroffen und ein starkes Zeichen in Richtung TdL gesetzt, betonte der Sprecher. „Wir hoffen, dass nun Bewegung in die Verhandlungen kommt.“ Für die Patienten sei die Notfallversorgung gewährleistet gewesen. Bei geplanten, aber nicht unbedingt nötigen Operationen könnte es wegen der Aktionen allerdings zu Verschiebungen kommen.
Marburger Bund: Kliniken besetzen Stellen nicht ausreichend
Der Marburger Bund moniert, dass die Ärztinnen und Ärzte an den Unikliniken die längsten Wochenarbeitszeiten hätten. Zudem schulterten sie neben der hochspezialisierten Krankenversorgung auch noch Forschung und Lehre. Immer mehr reguläre Klinikarbeit werde in die Randzeiten des Tages und auf die Wochenenden verlegt, weil die Kliniken Stellen nicht ausreichend besetzten und Mehrarbeit zu ungünstigen Zeiten für sie billiger sei. Im Südwesten arbeiten dem Sprecher des Marburger Bundes zufolge schätzungsweise 5750 Medizinerinnen und Mediziner an den Unikliniken des Landes.