Auch wegen der boomenden Nachfrage aus dem Ausland stieg der Umsatz bei Dekra auf gut zwei Milliarden Euro und der Betriebsgewinn auf knapp 130 Millionen Euro. Foto: dpa

Stuttgarter Prüfkonzern peilt 2012 weiteren Umsatzrekord an – Zukäufe im Ausland sollen helfen.

Stuttgart - Werner Leistner wirkt wie ein grundsolider Mann: stämmig, seriös, sachlich. Spricht er über Produkte, klingt es immer präzise. Der Ingenieur der Stuttgarter Dekra verkörpert einen Exportschlager made in Germany: den Prüfer. Die Deutschen haben weltweit den Ruf einer Qualitätspolizei: etwas streng, penibel, unbestechlich. Deshalb fragen inzwischen immer mehr ausländische Firmen auch aus Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien an. Sie wollen den Kunden weltweit beweisen, dass sie Qualität liefern. Dazu brauchen sie den Stempel für den Eintritt auf den globalen Markt.

Das treibt das Geschäft der Prüfkonzerne an. Die Stuttgarter Dekra gab jetzt ihre Zahlen für das vergangene Jahr bekannt. Auch wegen der boomenden Nachfrage aus dem Ausland stieg der Umsatz auf gut zwei Milliarden Euro und der Betriebsgewinn auf knapp 130 Millionen Euro. Und die Bestwerte werden 2012 wahrscheinlich noch getoppt: In den ersten vier Monaten dieses Jahres steigerte die Dekra ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um acht Prozent auf 676 Millionen Euro. Der nächste Rekord soll 2015 fallen, kündigt Dekra-Chef Stefan Kölbl an: „Dann werden wir ein global präsentes Unternehmen mit rund drei Milliarden Euro Umsatz und 35.000 Mitarbeitern sein.“

Kölbl sieht die Dekra als „Jobmaschine“. 27.500 Beschäftigte weltweit habe man zurzeit, davon 16.000 in Deutschland. Stolz sei er, dass er im vergangenen Jahr im umkämpften Personalmarkt allein hierzulande rund 500 Ingenieure einstellen konnte. Gerne hätte er mehr hochwertige Fachkräfte. „Dann hätte der Umsatz in manchen Bereichen 10 bis 15 Prozent höher sein können.“

Dekra hat drei Standbeine

Dass die Dekra dieses Jahr weltweit 3000 neue Mitarbeiter gewinnen will, hängt auch mit den massiven Zukäufen zusammen. Allein dieses Jahr sind es bereits neun. Damit wolle man „strategisch wichtige Kompetenzen“ in „profitablen Wachstumsmärkten“ erwerben. Drei Standbeine hat die Dekra: das Hauptgeschäft mit den Fahrzeuguntersuchungen, Schulungen und den Verleih von Zeitarbeitern sowie Industrieprüfungen. Für Letztere übernahm man zum Beispiel die deutsche Incos GmbH und die türkische Palme Group: Beide Firmen haben sich Expertise erarbeitet, wie sich Werkstoffe zerstörungsfrei überprüfen lassen. Die Mehrheit erwarb die Dekra an der TUC-Gruppe, dem führenden dänischen Bildungsdienstleister. Damit schaffte man sich auch eine gute Ausgangsposition für den skandinavischen Bildungsmarkt. So lässt sich mit der Qualifizierung von Berufskraftfahrern viel Geld verdienen. Die geschulten Fachkräfte verleiht die Dekra oft als Zeitarbeiter weiter. 7000 von ihnen werden bundesweit in rund 100 Filialen betreut.

Dennoch: Noch immer macht die Dekra über die Hälfte ihres Umsatzes mit den Fahrzeugprüfungen: Weltweit wurden rund 22 Millionen Fahrzeuge untersucht, davon gut zehn Millionen in Deutschland. Nach eigenen Angaben ist man damit Marktführer im Land. Mit der Bekanntheit des Unternehmens hapert es aber noch. Mit Aktionen wie der Partnerschaft mit Formel-1-Rennfahrer Nico Hülkenberg versucht man das zu ändern – um den Imagegewinn besonders in Russland, China und Brasilien zu Geld zu machen. Dabei spielen auch weiterhin Zukäufe eine Rolle, wie Kölbl betont: „Unsere Pipeline für Akquisitionen ist gut gefüllt.“

In Schwellenländern wie China steigt nicht nur die Zahl der Autos, sondern auch die von anderen Industrieprodukten. Sie werden gekauft von einem Mittelstand, der nicht nur immer mehr Geld verdient, sondern auch auf die Produktqualität und die eigene Gesundheit achtet. Auch Lebensdauer und Energieverbrauch der Waren spielen eine immer größere Rolle, sagt Dekra-Ingenieur Leistner. „Und dazu braucht es Nachweise.“ Dabei sei die Zeit, als die Dekra lediglich ein fertiges Produkt für gut oder schlecht befand, passé. Immer mehr Firmen gehen auf Nummer sicher. Sie lassen schon den Prototyp testen, prüfen einzelne Materialien vorab und wollen Details der nationalen Gesetzgebung wissen. Leistner: „Wir bieten den vollen Service.“