Der russische Präsident Wladimir Putin. Foto: dpa

Die Ukraine will für das Krisengebiet im Osten des Landes eine internationale Friedenstruppe erbitten. Moskau kritisiert den Vorschlag. Machen die Separatisten in der Ostukraine nach ihrer Eroberung der Stadt Debalzewo nun Halt?

Moskau/Kiew - Russland macht Front gegen den Ruf des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko nach einer internationalen Friedensmission im umkämpften Donbass. Mit seinem Vorstoß gefährde Poroschenko das Abkommen von Minsk, sagte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin am Donnerstag der Agentur Ria Nowosti zufolge. Falls die prowestliche Führung in Kiew nun ein „anderes Schema“ vorschlage, statt die Vereinbarungen von Minsk umzusetzen, wolle sie das Abkommen offenbar „zerstören“. Separatisten und Regierungseinheiten in der Ostukraine warfen sich gegenseitig Verstöße gegen die vereinbarte Waffenruhe vor.

Der prowestliche Poroschenko hatte eine internationale Mission im Krisengebiet bei einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats am Mittwochabend in Kiew vorgeschlagen. „Ich rege an, die Einladung einer UN-Friedensmission zu diskutieren, die gemäß einem Mandat des Weltsicherheitsrats handeln wird - das für uns beste Format ist eine Polizeimission der Europäischen Union“, sagte der Staatschef.

Einen Blauhelm-Einsatz oder eine EU-Polizeimission im Donbass hält der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, für unrealistisch, wie er dem TV-Sender Phoenix sagte. Eine dafür nötige Zustimmung Russlands erwarte er nicht. Nach der Eroberung der strategisch wichtigen Stadt Debalzewo in der Ostukraine durch prorussische Separatisten steigt aber der Druck auf Moskau, die Rebellen an die kurze Leine zu nehmen. Wenn Russland und die Separatisten die Friedensvereinbarung von Minsk nicht umsetzten und weiter Kämpfer und Ausrüstung aus Russland in die Ukraine gelangten, werde der Preis erhöht, den Russland dafür zu zahlen habe, warnte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki.

Afendikow als Bürgermeister von Debalzewo eingesetzt

Die prorussischen Rebellen in den Separatistenhochburgen Donezk und Lugansk begannen nach eigenen Angaben vom Donnerstag mit dem vereinbarten Abzug schwerer Waffen aus der Krisenregion. „Wir werden dies fortsetzen, wenn die Führung in Kiew auch Bemühungen zeigt“, sagte Separatistenführer Denis Puschilin. Am Vortag hatten die militanten Gruppen den Verkehrsknotenpunkt Debalzewo eingenommen. Experten, auch in Kiew, sprechen von einer „Frontbegradigung“ und halten es für wahrscheinlich, dass es im Donbass vorerst nicht zu neuen Gewaltexzessen kommt.

Die Aufständischen setzen ohne Wahl den Separatisten Alexander Afendikow als Bürgermeister von Debalzewo ein. Er kündigte die Verlegung schwerer Technik in die Stadt an, um Kampfschäden zu beseitigen. Von ursprünglich 25 000 Einwohnern seien etwa 20 000 Bürger vor den Gefechten aus der Stadt geflüchtet, sagte Afendikow.

Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon forderte die Bündnispartner auf, sich auf die Gefahr einer russischen Aggression gegen Nato-Länder im Baltikum vorzubereiten. Es gebe eine „reale und präsente Gefahr“, dass Russland seine auf der Krim und in der Ostukraine angewandten Taktiken der hybriden Kriegsführung auch gegen Nato-Nachbarn wie Litauen, Estland oder Lettland anwende. „Die Nato muss gewappnet sein für jede Art russischer Aggressionen, was immer auch dafür nötig ist“, sagte Fallon während eines Fluges nach Sierra Leone zu Journalisten. „Und die Nato wird gewappnet sein.“