Viel Einigkeit im Streitgespräch: Martin Schulz (li.) und Jean-Claude Juncker Foto: dpa

Martin Schulz (SPD) und der Konservative Jean-Claude Juncker sind im TV-Duell zur Europawahl meist auf einer Linie.

Brüssel - Es sind zwei Gegner ohne großen Unterschiede, die da am Donnerstagabend aufeinandertrafen: Martin Schulz, Spitzenkandidat der Sozialdemokraten für die Europawahl am 25. Mai, und Jean-Claude Juncker, mit dem die Konservativen die Mehrheit in Straßburg verteidigen wollen.

Doch der große Showdown blieb in der 90-minütigen vom ZDF ausgestrahlten TV-Diskussion aus. Dass die EU in der Ukraine-Krise die „Pflicht zur Einmischung“ (Schulz) hatte, dass Europa von dem „Bruch des internationalen Rechts durch Russland“ (Juncker) überrascht wurde, verband beide Kontrahenten, die sich nur anfangs gegenseitig ins Wort fielen.

So blieben denn auch programmatische Differenzen oder gar klare Aussagen eher Mangelware. Schulz wie Juncker betonten, dass es innerhalb der nächsten fünf Jahre zu keiner neuen Erweiterungsrunde kommen werde. „Kiew ist nicht beitrittsreif“, unterstrich Juncker und erntete die Zustimmung seines Herausforderers.

Beide verneinten auch eine nahe Beitrittsperspektive für die Staaten des Balkans und insbesondere für die Türkei. „Wer Twitter verbietet, hat in der Gemeinschaft nichts verloren“, fasste Juncker die Bedenken zusammen. Schulz nickte.

Und der Sozialdemokrat sprach sich deutlich für Hilfen zugunsten „belasteter Städte und Gemeinden“ aus, die unter Zuwanderung leiden. Juncker wiederum forderte darüber hinaus, die vorhandenen Instrumente zur Regelung legaler Einwanderung auszubauen, um „Ordnung in das System zu bringen“. Scheinselbstständigkeit, die zum Unterlaufen der europäischen Werte führe, müsse bekämpft werden, ergänzte Schulz.

Es ist der Augenblick, an dem sich die bis dahin brav antwortenden Kombattanten zum ersten Mal aus der Deckung wagen, als Schulz seinen politischen Gegner offen fragt: „Unterstützen Sie mich dabei, die legale Einwanderung auszubauen?“ Juncker weicht für einen kurzen Augenblick aus. Die Strategie beider geht an diesem ersten Duell-Abend nicht auf. Der Sozialdemokrat Schulz will sich als der von der bisherigen EU-Geschichte unbelastete Neuling präsentieren, der alles anders und besser machen kann. Juncker versucht dagegen mit seiner Erfahrung zu punkten, um für Verständnis zu werben und seinen Herausforderer als unerfahrenen Parteisoldaten zu entlarven. Beide Konzepte scheitern.

Am Ende bleiben die Kontrahenten eben doch die „ziemlich besten Freunde“, die sie seit langen Jahren auch im Privatleben sind. Ob es um die Verkleinerung der Kommission oder den Kampf gegen die überbordende Bürokratie geht, die Einigkeit scheint größer als die Unterschiede.

Trotzdem war der Auftritt der beiden ein Gewinn – und sei es nur deshalb, um mit Vorurteilen gegenüber Europa aufzuräumen.