Arendt Gruben (links), Volker Kauder und Karl Rombach Zweiter von rechts) sowie Thorsten Frei (rechts) in der Tonhalle. Foto: Schück

Unionsfraktionschef Volker Kauder zu Industrie 4.0 und Brexit-Gefahr. "Schicksalsjahr" für Europa.

Schwarzwald-Baar-Heuberg - "Der Mittelstand steht vor Herausforderungen, ich glaube, dass er stark genug ist, das zu schaffen", meinte Volker Kauder in der Neuen Tonhalle in Villingen.

"Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Gesellschaft, die meisten Arbeitnehmer sind beim Mittelstand beschäftigt", sagte Kauder vor ungefähr 500 Gästen bei einer Sparkassenveranstaltung in der Neuen Tonhalle. Nicht um Gewinnmaximierung gehe es diesen familiengeführten Betrieben, wo nicht alle fünf Jahre der Manager ausgewechselt werde. Außerdem sei der Mittelstand gerade deswegen erfolgreich, weil er stark im Export innerhalb Europas engagiert sei, betont Kauder.

Das Jahr 2016 bezeichnet Kauder wegen des drohenden Austritts Großbritanniens als "Schicksalsjahr" für Europa. Ein Austritt bedeute zwar nicht das Ende Europas. "Aber wie das so ist in einer Familie, wenn der erste geht, geht bald der zweite. Volker Kauder ist aber durchaus zuversichtlich, "dass die Vernunft in wenigen Wochen gewinnt".

Er sprach von einem "tollen Bericht der Sparkassen" zum Thema Mittelstand. Und immerhin seien drei von vier mittelständischen Unternehmen Kunden der Sparkasse. Nur müssten wieder mehr Investitionen als Abschreibungen getätigt werden. Zur Zurückhaltung der Unternehmen diesbezüglich trügen sicherlich die außenpolitischen Bedingungen bei, so das Russland-Embargo, unter dem zum Beispiel die Medizintechnik in Tuttlingen und die Landwirtschaft litten.

Von den Asylbewerbern erwartet Volker Kauder, dass sie die Bauwirtschaft beleben. Europas Grenzen müssten offen bleiben. "Natürlich kann man sagen: ›Der Erdogan ist das Letzte, aber es nutzt nichts, wenn ich nur noch mit denen rede, die ich super finde", so Volker Kauder. Und er meint: "Der Türkendeal ist gut und erfolgreich".

Zu bedenken gab er, dass 60 Millionen Menschen in Afrika auf der Flucht seien. Hier müsse Entwicklungshilfe geleistet werden, der Mittelstand solle die Chancen in Afrika sehen. Das System in Ägypten gelte es vor einem Kollaps zu bewahren.

Das Freihandelsabkommen

TTIP, so ist Kauder überzeugt, "brauchen wir". Außerdem verhandelten die Amerikaner gerade mit den Chinesen über ein ähnliches Abkommen, und man müsse befürchten, dass dessen Resultate dann auch für Europa gälten.

Industrie 4.0 oder "Gesellschaft 4.0" bewertet der Christdemokrat als "schwieriges Thema". Es bedeute zum Beispiel, dass das Autohaus den Ölstand im Voraus wisse und auch sagen könne, ob die Bremsen abgefahren seien, ohne das überprüfen zu müssen. "Bald wissen sie dann auch meinen Kontostand", befürchtet Kauder.

Und er brachte ein weiteres plastisches Bild: "Industrie 4.0, das ist, wenn der Kühlschrank Peter Altmaier sagt, was er essen darf und was nicht." Datensicherheit nennt er als ein Problem, das es im Zusammenhang mit Industrie 4.0 zu lösen gelte.

Einige Mittelständler hätten noch nicht gemerkt, dass das eine große Herausforderung darstelle.