Jürgen Roth nimmt für ein letztes Foto nochmals auf seinem ehemaligen Chefsessel in Tuningen Platz. Foto: Eich Foto: Schwarzwälder Bote

Abschied: Jürgen Roth zieht eine zufriedene Bilanz / Eckritt und Marielehaus hätte er gerne vollendet

Tuningen. Der Abschied naht. Am heutigen Donnerstagabend wird Jürgen Roth feierlich aus dem Amt verabschiedet. Was denkt er in seinen letzten Tagen über seine Amtszeit in Tuningen und den Neuanfang in VS? Das verriet er vor Weihnachten im Gespräch mit unserer Zeitung.

Herr Roth, Ihre Zeit in Tuningen geht zu Ende, eine neue beginnt. Was überwiegt denn gerade – die Vorfreude oder der Abschiedsschmerz?

Momentan bin ich gerade auf der Abschiedstour. Ich mache alles, das letzte Mal. Das ist natürlich schon ein bisschen traurig, ist doch klar. Ich kläre ab, ob noch irgendetwas geregelt werden muss oder noch irgendetwas aussteht, ordne alles und räume meinen Schreibtisch auf.

Und? Steht da auch schon eine Kiste parat mit Dingen, die mit nach Villingen-Schwenningen kommen?

Ja, es kommen ein paar Dinge mit. Meine ganzen Ordner vom Verwaltungszweckverband zum Beispiel, das mache ich ja weiter. Und ein paar symbolische Gegenstände – ich habe ein paar Dinge geschenkt bekommen, die ich mitnehmen möchte.

Zum Beispiel?

(er grinst) Da gibt es zum Beispiel eine Figur, die spricht Bände, wenn man sie sieht. (er grinst und holt eine kleine Figur, die unter der Aufgabenlast sichtbar ächzt)

Und was kommt weg?

Es sind ein paar Dinge, die ich jetzt entsorgen kann. Ein paar Info-Broschüren, die ich schon immer mal lesen wollte. Und ein paar Vorgänge, die gerade laufen, gebe ich an die richtigen Stellen raus, dass ich wenig übergeben muss.

Wie bereiten Sie die Zeit nach Ihrer Amtszeit vor?

Wir haben einmal pro Woche ein Jour-fixe mit allen Amtsleitern, bei dem Projekte durchgesprochen werden. Seit vier Wochen ist Herr Münch, mein Stellvertreter, mit dabei. Ich halte es einfach für wichtig, dass er Originalstimmen hört und nicht nur von mir nachher eine Liste bekommt mit Projekten. Er kann dann auch Fragen stellen, das ist ganz wichtig. Über Weihnachten werde ich noch ein paar Projekte aufschreiben, dass sie nicht in Vergessenheit geraten.

Für Ihren Nachfolger?

(lacht) Ja! Ich habe mir schon überlegt, ob ich es mache wie die Präsidenten in Amerika und einen kleinen weißen Briefumschlag hier hinterlasse – "Für den Nachfolger" oder so.

Wenn Sie dieser Tage durch Tuningen fahren, was geht Ihnen da durch den Kopf?

"Das ist gut geworden!" – dieser Gedanke ist mir bei vielen Dingen durch den Kopf gegangen.

Bei was zum Beispiel? Was sind Ihre Meilensteine?

Das Vierte Kleeblatt, das neue Gewerbegebiet. Das Micro-Trenching als Beginn für das Thema Breitband, so schlimm es nachher auch ausging, so beeindruckend wichtig war es aber auch. Hinter mir sehen Sie ja das Thema Breitband (deutet auf eine lange Reihe Aktenordner mit entsprechendem Rückenschild auf dem Regal). Das ist erledigt, sozusagen. Das LED-Projekt war für mich wichtig, weil es mir den Zugang zu dem Innovators Club Deutschland ermöglicht hat. Die Landessanierungsprojekte fand ich wichtig – dazu gehörte die ganze Sanierung der Baugebiete Brühl, die Ortskernsanierung oder das Rathaus wie es jetzt dasteht. Die Dorfmitte war für mich eines der prägendsten Projekte.

Warum?

Wir haben gesagt, wir gestalten unsere Ortsmitte im Rahmen des Projektes um. Hatten zwei Planer – und diese Planung war zu teuer. Dann haben wir mit einer Fachingenieurin für Garten- und Landschaftsbau und einer Arbeitsgruppe von Bürgern diesen Platz entworfen und zwar iterativ – das war für mich ein Beispiel für Bürgerinitiative. Und jeder von diesem Arbeitskreis ist jetzt noch da und sagt, "das haben wir doch toll gemacht!" – weil wir das gemeinsam gemacht haben, wild zusammengesetzte Bürger. Ein tolles Projekt. Preiswert würde ich jetzt nicht sagen, aber viel günstiger als die planerische Variante. Und es ist schön geworden! Und eine weitere Belohnung dafür haben wir dieses Jahr bekommen mit dem Open Air – das war auch wieder ein tolles Projekt von Bürgern. Als Gemeinde haben wir nur den Background gestellt und den Ausführenden damit Rückhalt gegeben.

Sind es andere Gedanken zu Tuningen, die Sie jetzt beschäftigen, als früher oder mitten in ihrer Amtszeit?

Zum Teil ja. Manchmal sehe ich zum Beispiel auch etwas und ertappe mich dabei, wie ich denke, dass ich daran auch noch hätte denken können oder das gerne auch noch gemacht hätte.

Was sind das beispielsweise für Dinge?

Das Neubaugebiet Eckritt vor meiner Haustüre zum Beispiel – da stehen jetzt die Baumaschinen. Oder das Marielehaus, dafür haben wir heute den Notarvertrag unterschrieben. Das sind zwei Projekte, die mir sehr am Herzen liegen und die ich gerne zu Ende gebracht hätte. Wäre das Landesdenkmalamt nicht gewesen, hätte ich es auch machen können. Und beim Gebiet Eckritt waren die Verhandlungen mit Privaten einfach langwierig. Aber Hauptsache, sie kommen. Das ist ja kein Selbstzweck, sondern es sind Projekte für die Gemeinde, das ist das Wichtige.

Und wie haben sich die nackten Zahlen in Tuningen in Ihrer Amtszeit entwickelt?

Die Frage habe ich vermutet. Seit 2003 haben wir im Vermögenshaushalt 37,5 Millionen Euro investiert. Und insgesamt 144 Millionen Euro umgesetzt in meinen 15 Jahren. Das ist gar nicht so schlecht.

Gibt es Termine in Tuningen, die Sie weiterhin wahrnehmen möchten?

Natürlich! Ich habe am 4. Januar das letzte Mal "Suurkrutessen", da backe ich immer das Brot. Ich habe versprochen, dass ich das 2019 noch mal mache. Die Dorfweihnacht werde ich mir, wenn es geht, gönnen – aber das muss ich vom Terminplan abhängig machen. Und ab und zu kann man abends ja noch bei dem einen oder anderen Fest vorbeischauen.

Den Kontakt zu den Tuningern wollen Sie also erhalten?

Ja! (nickt kräftig)

Trotz aller Gelegenheiten für ein Wiedersehen steht nun erst einmal der Abschied an. Wie läuft das ab?

Wir hatten schon Weihnachtsfeier, da habe ich im nichtöffentlichen Bereich eine kurze Ansprache gemacht und mit den Mitarbeitern nochmals Weihnachten gefeiert. Die letzte Gemeinderatssitzung war, das Rehessen. Bei den Pfarrern habe ich mich jetzt verabschiedet – das hat mir sehr viel bedeutet. Heute Abend bin ich eingeladen – ich halte eine kurze Ansprache, habe ich in der Einladung gesehen.

Welcher Abschied fällt Ihnen am schwersten?

Heute Abend wird es sicherlich nochmal traurig werden. Mal schauen... Ich kann erst danach sagen, was mir am schwersten fiel.