Daniel Cohn-Bendit. Foto: dpa

Der Grünen-Politiker bietet Verzicht auf Ehrung an, betont aber: „Die Pädophilie-Vorwürfe sind unhaltbar“. Die FDP attackiert indes die Heuss-Stiftung.

Stuttgart - Der EU-Politiker Daniel Cohn-Bendit (Grüne) hat sich am Donnerstag für deutliche Schilderungen sexueller Intimitäten zwischen ihm und kleinen Kindern in einem autobiografischen Buch von 1975 entschuldigt. Die Darstellungen seien als „Provokation“ gedacht gewesen, erklärte der 67-Jährige den Stuttgarter Nachrichten in einer schriftlichen Stellungnahme: „Meine Provokation war unangemessen, und ich bedauere dies. Aber Pädophilie-Vorwürfe sind unhaltbar.“

Die Passagen in dem Buch beziehen sich auf Cohn-Bendits Arbeit als Kindergärtner in antiautoritären Kinderläden in Frankfurt in den 1970er Jahren. Eine erste Debatte über das Buch gab es 2001. Doch in den letzten Tagen ist die Kritik erneut losgebrochen. Anlass dafür ist die geplante Verleihung des renommierten Theodor-Heuss-Preises an den Grünen-Politiker am 20. April durch die gleichnamige Stuttgarter Stiftung.

Bisheriger Höhepunkt der Kritik ist die kurzfristige Absage von Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der bei der Preisverleihung die Festrede halten wollte. Die Absage wurde mit den alten, „nicht unproblematischen“ Äußerungen von Cohn-Bendit zur Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern begründet. Das Bundesverfassungsgericht dürfe nicht einmal den Anschein erwecken, dass es solche Aussagen billige, erklärte das Gericht.

„Unsere Gründe für die Preisverleihung bestehen weiterhin“

Cohn-Bendit will der Stiftung jetzt anbieten, die Ehrung zurückzunehmen, falls ihr die Aufregung zu groß wird. „Ich würde das akzeptieren“, sagte er am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.

Die Stiftung will aber bisher am Preisträger festhalten. „Es ist denkbar, dass wir sein Angebot im Vorstand diskutieren, doch unsere Gründe für die Preisverleihung bestehen weiterhin“, sagte Ludwig Theodor Heuss am Donnerstag unserer Zeitung. Der Mediziner ist Enkel des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss und Stiftungsvorsitzender. Dass Voßkuhle abgesagt habe, könne er aber nachvollziehen, sagte Heuss.

Hans-Peter Rülke, FDP-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, hat das Argument des Heuss-Enkels, dass die Vorwürfe die Vergangenheit und nicht die Gegenwart Cohn-Bendits beträfen, unterdessen als „ekelerregend und menschenverachtend“ bezeichnet. „Man kann doch nicht sexuellen Missbrauch mit dem Argument rechtfertigen, er sei lange her!“, kritisierte Rülke. Wer nur einen Funken Anstand habe, könne an der Preisverleihung für Cohn-Bendit nicht teilnehmen.