Nach der Aufführung dürfen sich die kleinen Besucher den "hölzernen Bengel" genauer ansehen. Fotos: Stein Foto: Schwarzwälder Bote

Puppentheater: Geschichte von 1881 begeistert noch heute

Triberg. Mehr als 50 Kinder zwischen drei und zehn Jahren waren, vorwiegend mit ihren Eltern, in den Pfarrsaal der katholischen Stadtkirche in Triberg gekommen, um sich das Puppentheaterstück "Pinocchio" anzusehen, welches Kerbers-Puppentruhe bot.

Der Puppenspieler Markus Kerber ist in Triberg kein Unbekannter mehr, denn seit einigen Jahren besucht der aus Schömberg bei Balingen stammende Künstler mit seinen Söhnen Marlon und Marciano in unregelmäßigen Abständen die Wasserfallstadt, um mit seinen bis zu einem Meter hohen Marionetten die Kinder zu be- und verzaubern. Die Kerbers sind Puppenspieler mit Leib und Seele und bereits in siebter Generation ist die Puppentruhe in den Händen der Familie.

Ungeduldig rutschten die jungen Theaterbesucher auf ihren Stühlen umher, denn sie konnten es kaum erwarten, bis es losging. Endlich hob sich der rote Vorhang und Kerber erweckte seine Puppen zum Leben. Mit ein Garant für den Erfolg seiner Aufführungen ist, dass er es bestens versteht, die kleinen Besucher von Anfang an in die Geschichte einzubinden. So durften die Kinder die spannende Geschichte der hölzernen Puppe, deren Nase bei jeder Lüge länger wurde, hautnah miterleben. Um die jungen Zuschauer einzustimmen, übte der Puppenspieler mit ihnen ein Probeklatschen und gab ihnen den Rat, dass sie die Erwachsenen, falls diese Angst vor den großen Puppen bekommen sollten, auf ihren Schoß setzen sollen.

Ein richtiger Lausejunge

Die Handlung des in drei Akten aufgeführten Stücks dürfte hinlänglich bekannt sein: Meister Geppetto erhält ein Stück Holz, aus welchem er einen hölzernen Hampelmann schnitzt. Die Puppe kann sprechen und entwickelt sich zu einem richtigen Lausejungen, der die Schule schwänzt und dem bei jeder Lüge die Nase länger wird. Nur die gute Fee kann diese wieder zurückverwandeln. Nach einigen Abenteuern wird er zu einem richtigen Jungen, der folgsam ist, dem Vater Freude macht und brav in die Schule geht.

Bereits im Jahre 1881 schrieb der italienische Schriftsteller Carlo Lorenzini die Bestseller-Geschichte unter dem Pseudonym "C. Collodi", welche im Jahr 1913 von dem katholischen Anstaltspfarrer Anton Grumann unter dem Namen "Die Geschichte vom hölzernen Bengele" ins Deutsche übersetzt wurde. Grumann machte in seiner deutschen Bearbeitung aus dem Helden Pinocchio den "Bengele" und aus seinem Vater Geppetto den "Meister Seppel". Der damaligen Zeit entsprechend wird am Schluss des Romans der Zeigefinger erhoben und so schreibt Grumann über Pinocchio alias Bengele: "Wie dumm, dass ich so lange ein Hampelmann gewesen bin. Nun aber will ich ein braver Knabe bleiben und ich rate allen unartigen Kindern: "Spielt nicht den hölzernen Hampelmann."