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Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Weißen Rings leisten vieles unbemerkt und abseits der Öffentlichkeit

Sie helfen Menschen, die Opfer einer Straftat geworden sind: die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Weißen Rings. Für dessen Außenstelle im Schwarzwald-Baar-Kreis ist seit sieben Jahren Marianne Brunner tätig. Sie und ihre Kollegen unterstützen Kriminalitätsopfer – auch in der Raumschaft Triberg.

Raumschaft Triberg. "Wir helfen Opfern und Angehörigen bei der Bewältigung der Folgen einer Straftat wie zum Beispiel bei Körperverletzungen, häuslicher und sexueller Gewalt, Vergewaltigung, Einbruch, Diebstahl, Raub, Mobbing, Stalking", informiert Marianne Brunner im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten und ergänzt: "Die Straftaten müssen bei der Polizei nicht angezeigt sein."

Die 54-jährige Schonacherin wohnt mit ihrer Familie in Triberg. Sie ist Pflegedirektorin am Schwarzwald-Baar-Klinikum und seit 2017 stellvertretende Leiterin der Außenstelle Schwarzwald-Baar-Kreis des Weißen Rings. Gemeinsam mit ihrem Team erfahrener Helfer ist sie in ihrer Freizeit im ganzen Schwarzwald-Baar-Kreis ehrenamtlich tätig, von Blumberg im Norden bis Schonach im Süden. Wenn es sein muss, nimmt sie dafür sogar Urlaub.

"Es gibt viele Opfer, die im Schwarzwald-Baar-Kreis wohnen und nach einer Straftat nicht mehr arbeitsfähig sind. Wir stehen ihnen bei, trösten sie, betreuen sie persönlich, begleiten sie, sofern gewünscht, zu Terminen bei der Polizei, beim Gericht, bei allen Ämtern wie Arbeitsamt, Landratsamt, um beispielsweise eine Opferentschädigung für sie zu bekommen. Wir helfen beim Umgang mit Behörden, beim Ausfüllen der Unterlagen, beim Untersuchungsscheck für rechtsmedizinische Beweissicherung und vielem mehr", beschreibt Brunner das vielfältige Aufgabenfeld der Helfer. Sie leisten vieles unbemerkt und abseits der Öffentlichkeit.

"Wir sind aktuell ein Team von neun qualifizierten Frauen und Männern, die wie ich im ganzen Kreisgebiet unterwegs sind. Oft ist es jedoch einfach praktischer, wenn ich hier in der Raumschaft Triberg, wo ich lebe, zum Einsatz komme."

Ein ganz großes Thema sind die häusliche Gewalt sowie Sexualstraftaten an Erwachsenen und Kindern. "Meist sind es weibliche Opfer. Es gibt auch andere Fälle, bei denen ein Mann Opfer einer Straftat ist, allerdings sehr wenige", weiß Brunner aus Erfahrung.

Wenn die Polizei, mit der der Weiße Ring im Schwarzwald-Baar-Kreis sehr gut zusammenarbeitet, gerufen wird, bekommt der Täter meistens einen Platz- und Wohnungsverweis sowie ein Annäherungsverbot. "Das heißt, derjenige muss sich eine andere Unterkunft suchen", erklärt Polizeihauptmeister Werner Rombach vom Polizeiposten in Triberg. Meistens ist er es, der in der Raumschaft seit Jahren erfolgreich mit Marianne Brunner vom Weißen Ring kooperiert. Bei einem Verstoß werde der Täter unter Umständen in Beseitigungsgewahrsam genommen und kommen vor Ort in eine Arrestzelle, erläutert Rombach. Danach entscheide ein Richter, ob die Person weiter in Gewahrsam bleiben muss oder wieder auf freien Fuß gesetzt werden darf.

"Gerade bei häuslicher Gewalt erleben wir es allerdings immer wieder, dass Frauen im Nachhinein trotz allem wieder Kontakt zu ihrem Peiniger zulassen", so Rombach. "Oft stecken existenzielle Ängste dahinter", weiß der erfahrene Polizeibeamte und betont: "Wir helfen trotzdem immer weiter, denn wir verschaffen dem Opfer Erleichterung, wenn wir ihm in der konkreten Situation beistehen. Wenn sich die Beiden nachher wieder verstehen, ist es auch gut, dann konnten wir ihnen ja ebenfalls helfen."

Wie Rombach sagt, ist der Weiße Ring eine große Unterstützung für die Opfer von Straftaten. Daher weisen er und seine Kollegen die Betroffenen gerne auf die direkten Hilfsangebote der ehrenamtlichen Mitarbeiter hin und händigen ihnen die Broschüre " Kriminalitätsopfer finden Hilfe – sprechen Sie mit uns" aus.

"So können sich die Opfer selbst beim Weißen Ring melden oder über ein Formblatt mit ihren Daten, das sie bei uns freiwillig ausfüllen können, später kontaktiert werden", zeigt Rombach auf.

Dass die örtliche Polizei, mit der sie sehr gut zusammenarbeite, auch für sie eine wichtige Informationsquelle ist, betont Brunner. "Es gibt allerdings auch Fälle, die nicht bei der Polizei angezeigt werden und dennoch bei uns aufschlagen. Beispielsweise durch einen Hinweis von Schulsozialarbeitern, die nach Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen den Kontakt zu uns vermitteln", informiert Brunner. Sie und ihre Kollegen helfen den Opfern gerne.

"Auch finanzielle Zuwendungen bei Bedürftigkeit können wir über Spenden und Mitgliedsbeiträge gewähren", klärt Brunner auf und ergänzt: "Daher freuen wir uns immer über Spenden und neue Mitglieder, denn ansonsten wäre diese Hilfe gar nicht möglich."

Im Schwarzwald-Baar-Kreis werden zwischen 120 und 130 Opfer von Straftaten im Jahr, von Mitarbeitern des Weißen Rings betreut. "In der Raumschaft Triberg sind es acht bis zehn Fälle pro Jahr", zählt Brunner auf und gibt zu bedenken, dass es noch viele Kriminalitätsopfer gibt, die sich gar nicht melden.

"Diejenigen, die bei uns Hilfe suchen, werden jedoch so lange betreut, wie es notwendig ist", erwähnt Brunner auf Nachfrage. Sie steht beispielsweise schon länger zwei zwangsprostituierten Frauen aus dem Oberzentrum zur Seite, die in einem Zeugenschutzprogramm leben.

Sofern erforderlich, vermitteln die Mitarbeiter des Weißen Rings auch Hilfen anderer Organisat ionen. "Wir haben viele Netzwerke mit Hilfsorganisationen wie ›Frauen helfen Frauen‹ und Arbeitskreis sexuelle Gewalt", so Brunner. Oft würden sie auch den Kontakt zu einem Rechtsanwalt herstellen oder den Opfern eine Psychotherapie empfehlen, die aber meistens abgelehnt werde.

Wichtig ist Brunner auch der Hinweis, dass der Weiße Ring neben der Opferbetreuung noch präventiv tätig ist. Beispielsweise organisiere er Veranstaltungen wie "Pfoten weg!" mit der Konstanzer Puppenbühne, wodurch Kinder gestärkt werden und das "Nein-Sagen" lernen sollen. Im Anschluss an eine Aufführung im Triberger Kurhaus sei beispielsweise ein bis dato unbekannter Fall ans Licht gekommen. Auch mit Aktionen an Schulen gegen Gewalt (Mobbing und Cybermobbing) oder Projekten wie "Lass dich nicht k.o.-tropfen!" gemeinsam mit Wirten in Villingen und Vorträgen in Altenheimen in Bezug auf kriminelle Machenschaften gegenüber Senioren ("Enkeltrick") versuche der Weiße Ring, Straftaten vorzubeugen.

Seit 1991 macht der gemeinnützige Verein zudem mit dem Tag der Kriminalitätsopfer auf Menschen aufmerksam, die durch Kriminalität und Gewalt geschädigt wurden. Er soll das Bewusstsein für Opferbelange in Deutschland stärken und Informationen zu Prävention, Schutz und praktischen Hilfen geben. Inzwischen ist der Aktionstag fester Bestandteil im Kalender von Institutionen aus den Bereichen Politik, Justiz, Verwaltung, Vereinen und Schulen ge-worden. Der Weiße Ring weist mit Kampagnen, Veranstaltungen und Pressekonferenzen jedes Jahr darauf hin, wie wichtig es ist, Kriminalitätsopfer und ihre Angehörigen nicht allein zu lassen, den Blick für ihre Bedürfnisse zu schärfen und sich für die Verbesserung ihrer Rechte einzusetzen.

Für ihr vorbildliches soziales Engagement wurden die Mitarbeiter der Außenstelle des Weißen Rings im Schwarzwald-Baar-Kreis 2018 vom Rotary-Club VS mit dem Paul-Harrris-Preis ausgezeichnet.

Weitere Informationen: Telefon 07721/ 507213, E-Mail weisserring.sbk@ gmail.com