Der Däne ist einer von zwei Kandidaten auf die Nachfolge von Pellegrino Matarazzo beim VfB Stuttgart. Was über den 52-Jährigen bisher bekannt ist.
Jess Thorup zählt zur Kategorie jener Trainer, die hierzulande nur echten Experten etwas sagen. Gut, der 52-Jährige kann als Ex-Profi auf eine kurze Zeit in der zweiten deutschen Liga zurückblicken: Zwischen 1996 und 1998 bestritt er 39 Spiele für den KFC Uerdingen. Aber sonst? FC Kopenhagen, KRC Genk, KAA Gent und FC Midtjylland lauten seine letzten Stationen als Trainer. Davor machte er sich als Coach der dänischen U 20 und U 21 in erster Linie in seiner Heimat einen Namen.
Das könnte sich nun ändern. Denn plötzlich gilt Jess Thorup als heißer Anwärter auf die Nachfolge von Pellegrino Matarazzo beim VfB Stuttgart . Er ist einer von angeblich zwei Kandidaten, mit denen Gespräche geführt werden . Thorup landete am Sonntag in Stuttgart und brach vom Flughafen zu Gesprächen mit der Trainerfindungskommission um VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle, Sportdirektor Sven Mislintat, Organisationschef Markus Rüdt und Berater Sami Khedira auf.
Mislintat betont: Es gibt kein Lager beim VfB
Tags zuvor, nach dem 4:1 gegen den VfL Bochum, hatte Mislintat seine Vorstellungen in der Trainersuche noch einmal klargemacht. „Wir wollen jemanden, der sofort Wirkung entfaltet, und zugleich einen, der noch mal 1000 Tage oder mehr hier Trainer ist. Das muss unser Ziel sein in diesem Club.“ Zugleich hob Mislintat das Zusammenspiel des Führungsquartetts hervor. „Es gibt nicht das eine Lager und das andere Lager, und der eine ruft den Trainer an und der andere jemand anderen. Wir haben gemeinsam Brainstorming gemacht und gehen bei allen Schritten gemeinsam vor.“ Mutmaßungen, das Verhältnis zwischen ihm und Wehrle sei zerrüttet, trat er entschieden entgegen.
Überhaupt sei die Frage, wer neuer Trainer beim VfB Stuttgart wird, unabhängig von seiner Person und seiner Zukunft als Sportdirektor zu klären, bekräftigte Mislintat. „Er muss die Persönlichkeit haben, für die Mannschaft und den Club zu brennen, unabhängig von mir. Für den neuen Trainer ist es völlig unwichtig, wer Sportdirektor ist und wann ich verlängere.“
Gespräche mit zwei Kandidaten
Auch Wehrle hob rund um das Bochum-Spiel hervor, dass mit zwei Kandidaten Gespräche geführt werden. Ob Thorup – oder Mister X – bereits an diesem Mittwoch (20.45 Uhr) in der zweiten Runde des DFB-Pokals gegen Arminia Bielefeld auf der Stuttgarter Trainerbank sitzt, ließen die VfB-Granden offen.
Thorups Gespür für junge Spieler
Für Jess Thorup spräche neben seiner Qualifikation, ein Gespür für junge Spieler zu haben und zugleich Wert auf eine ballorientierte Spielweise zu legen, ein weiteres Indiz, das Mislintat am Samstagabend in den Katakomben der VfB-Arena wie folgt umriss: „Deutsche Sprache wäre cool. Top-Englisch reicht auch. Und mittleres deutsches Sprachniveau ist auch gut.“ Beides träfe auf Thorup zu, der in seiner Zeit als Spieler auch eine Station in Innsbruck vorzuweisen hat.
In Dänemark eilt Thorup der Ruf eines modernen Trainers voraus, der viel Wert auf datenbasierte Trainingsarbeit legt. Er habe stets eine enge Beziehung zu seinen Spielern aufgebaut. Mit all seinen Mannschaften – ob in Kopenhagen, Midtjylland oder Gent – pflegte er ein offensives Spiel. Das wurde ihm zuletzt in Kopenhagen zum Verhängnis, als es nach der Meisterschaft 2021/22 in der darauffolgenden Saison plötzlich nicht mehr lief. Dem Einbruch nach dem Titelgewinn konnte Thorup wenig entgegensetzen. Als Kopenhagen auf Platz neun lag, wurde der 52-Jährige im September entlassen.
In Stuttgart könnte Thorup nun vor der umgekehrten Aufgabe stehen, ein Team wieder von unten nach oben zu führen. „Wer hier arbeitet, muss wissen, worauf er sich einlässt“, sagte Mislintat noch. Er wird wissen, wovon er spricht.