Den Startschuss für ein anderthalb Jahre laufendes Forschungsprojekt zur Automotive-Transformation gaben an der Hochschule Pforzheim die Professoren Rebecca Bulander, Bernhard Kölmel und Rektor Ulrich Jautz sowie WFG-Geschäftsführer Jochen Protzer und Helmut Riegger, WFG-Aufsichtsratsvorsitzender und Calwer Landrat (von links). Foto: Gerd Lache/(c) Gerd Lache

30 000 Beschäftigte sind bei rund 1300 Automobilzulieferern in der Region beschäftigt. Durch die Elektromobilität sind diese in Gefahr, da die Komponenten standardisiert auf dem Weltmarkt eingekauft werden. Ein Projekt soll helfen, die Jobs zu sichern.

Raus aus dem Elfenbeinturm und rein in die Unternehmen der Region – unter diesem Motto hat Rektor Ulrich Jautz für die Hochschule Pforzheim einen 800 000-Euro-Forschungsauftrag angenommen, wie das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald (TraFoNetz) in einer Pressemitteilung schreibt.

Das Ziel: Die Automobil-Zulieferer bei der herausfordernden Transformation vom Verbrennermotor hin zu alternativen Antrieben oder bei der Entwicklung völlig neuer Geschäftsmodelle zu unterstützen. Auftraggeber: Geschäftsführer Jochen Protzer für die Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG) mit deren Großprojekt TraFoNetz. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

In der Projektlaufzeit der nächsten anderthalb Jahre besuchen Professoren von der Hochschule Pforzheim mit einem TraFoNetz-Team Firmen, analysieren Geschäftsmodelle, entwickeln neue Ansätze, geben Impulse, checken außerdem vorhandene Technologien und Kompetenzen auf Aktualität sowie Strategien, und leisten nicht zuletzt Überzeugungsarbeit. Überzeugungsarbeit auch bei Beschäftigten, die ihre angestammten Kenntnisse optimieren müssen.

Primitive Technik

„Die alten Geschäftsmodelle sind nicht mehr tragfähig“, sagt Bernhard Kölmel angesichts des massiven Umbruchs in der weltweiten Automobilindustrie. Demnach machen die deutschen Automobilhersteller auf ihrem einstigen Schwerpunktmarkt China und selbst im Heimatmarkt kaum noch Boden gut, seit das asiatische Land den Wandel zur Elektromobilität verkündet und im Rekordtempo umgesetzt hat. Weitere Länder treten aus ihrer automobilen Bedeutungslosigkeit hervor und schicken sich an, die Märkte mit Elektromobilität zu überschwemmen.

Für die deutsche Autoindustrie und ihre Zulieferer sei es schwierig, auf die hohe Qualität und erworbene Kompetenz beim Motorenbau zu setzen. Denn, so Kölmel: „Elektroautos sind im Vergleich zu Verbrennern primitive Teile.“ Da sei nicht besonders viel Präzision gefragt, zumal die E-Auto-Kundschaft ohnehin keinen großen Wert auf die einst hochgepriesenen Spaltmaße lege.

Eine weitere Herausforderung sei die sogenannte Plattformökonomie – ein wesentlicher Bestandteil der künftigen Forschungsarbeit an der Hochschule. In Zukunft werden die E-Autobauer laut Kölmel ihre Komponenten auf einem weltweiten Markt nach Maßgabe des günstigsten Preises einkaufen.

Schon heute existiere eine Plattform, auf der sich inzwischen 3000 Unternehmen tummeln, darunter BMW und Bosch. „Da ist man gerade dabei, alle Bestandteile eines Elektrofahrzeugs zu standardisieren.“ Ein noch härterer Preiskampf als bisher werde die Folge für die Zulieferer sein.

Rund 30 000 Jobs in der Region

Davon leitet der KI- und Automotive-Experte der Hochschule Pforzheim seine provokante These ab: „Wenn die Transformation in die Elektromobilität gelingt, dann ist unsere Region quasi tot.“ Denn insbesondere die heimischen Zulieferer würden ins Abseits gedrängt. Einige von ihnen, prognostiziert Kölmel, werden es wohl nicht schaffen.

Um deren Zahl im Nordschwarzwald – aktuell sind insgesamt rund 1300 Firmen im Automotivebereich tätig – so gering wie möglich zu halten und vor allem um die meisten der rund 30 000 Jobs in der Region zu sichern, hat das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald (TraFoNetz) Partner und Mitstreiter um sich geschart und gibt kostenfreie Hilfe beim Weg in eine erfolgreiche Zukunft.