Der Hörsaal ist gut besetzt als die Delegationen ihre Lösungen präsentieren Foto: StN

Work hard - party hard: Die Tiltshift Konferenz empfiehlt konkrete Maßnahmen zur Verbesserung spezifischer Probleme und feiert dann interkulturelle Verständigung.

Work hard - party hard: Die Tiltshift Konferenz empfiehlt konkrete Maßnahmen zur Verbesserung spezifischer Probleme und feiert dann interkulturelle Verständigung

Nach einer Woche Input, Motivation, Diskussion, Teambuilding und vielen Teepausen war es heute soweit! Mit Spannung erwarteten wir für den finalen Tag der Tiltshift 2013 Konferenz die Lösungsansätze der anderen Gruppen, und natürlich die Präsentation unserer eigenen Ergebnisse. Der Große Hörsaal war mit etwa 200 Zuhörern voll besetzt, da nicht nur die Delegationen anwesend waren, sondern auch Vertreter der jeweiligen NGOs, deren Dilemmata wir betrachtet hatten. So kam tatsächlich das Gefühl auf, nicht nur bei einer gut gemeinte Simulation mitzumachen, sondern an einer echten internationalen Konferenz mit echten Ergebnissen und Chancen auf tatsächlicher Umsetzung der erarbeiteten Konzepte teilzunehmen. Für unser Dilemmata der NGOs „Healt Serve“ und „HOME“ konnten wir denn auch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung vorschlagen.

HealthServe stellt ausländischen Arbeitnehmern in Singapur medizinische Versorgung. Besonders die boomende Bauindustrie beschäftigt billige Arbeitskräfte, vor allem aus China, stellt aber oft nur unzureichende soziale Absicherung bereit. So ist es nicht selten, dass Arbeiter als Folge von Arbeitsunfällen weder ihre medizinischen Kosten, noch ihren Rücktransport, noch die oft horrenden ausstehenden Vermittlungsgebühren ihrer Arbeitsagenten bestreiten können. Dabei gibt es bereits eine recht umfassend Gesetzgebung in Singapur, um eben dieses zu vermeiden - doch aufgrund oft mangelnder Bildung der Betroffenen, und Indifferenz der Singapurer Bevölkerung wird diese nicht umgesetzt.

Eine Lösung dieses Dilemmas bestünde also in einer gesteigerten Anteilnahme der Singapurer am Schicksal der Betroffenen. Durch die Nutzung von Social Media auf der einen, und gezieltem Networking im Business Bereich auf der anderen Seite, bestünde die Chance, eine große Gruppe von Unterstützern generieren zu können.

Diese würde sich über mehrere Bevölkerungsgruppen erstrecken und effektiven Druck auf die Arbeitgeber ausüben können, die ausländischen Arbeiter im Rahmen einer Corporate Identity human und gesetzeskonform zu behandeln.

Auch im Falle von „HOME“ wurde ein gesteigertes Bewusstsein für die Lage der Betroffenen als Lösungsansatz definiert, und auch hier setzten wir stark auf Social Media. Dabei sollen gezielt Kinder und Jugendliche als Zielgruppe angesprochen werden, da die NGO sich für die Rechte z.B. von ausländischen Haushaltshilfen einsetzt. Die Jugendlichen kennen die betroffenen Personen aus ihrem persönlichen Umfeld, und können bei ihren Eltern besonders effektiv moralischen Druck aufbauen, die Angestellten angemessen zu behandeln.

Ältere Bürger können über Gemeindezentren angesprochen werden, und so aus dem Missbrauch der Arbeiterinnen eine solch großer soziale Frage zu machen, dass Unternehmen und Privatleute, die ihr Verhalten nicht verbessern, gesellschaftlich geächtet und eine interkulturelle Zusammenarbeit der Bewohner Singapurs gefördert wird.

Auch die anderen Gruppen konnten für ihre jeweiligen Dilemmate größtenteils kurz- bis mittelfristig umsetzbare Lösungsansätze präsentieren, und die anschließende Question&Answer Runde wurde besonders von den begeisterten Vertretern der NGOs genutzt, um die für sie zentralen Punkte zu präzisieren. Die Implementierung der Vorschläge wird vom Raffles Leadership Institute evaluiert, so dass wir in angemessener Zeit Rückmeldung bekommen, ob unsere Ansätze realisiert werden konnten, und welchen 'Impact' wir verzeichnen können.

Nachdem dieser große Teil der Konferenz also erfolgreich bewältigt war, folgte das Freizeitprogramm: Alle Teilnehmer begaben sich auf einen Trip auf die künstliche Freizeitinsel Sentosa, wo wir im weltgrößten Aquarium von Haien über Mantas, bis hin zu diversen Quallen fast alles bestaunen konnten, was die Meere zu bieten haben. Dem schloss sich dann aufgrund des immer noch extrem dichten Smogs eine weitere Indoor Aktivität an, nämlich ein Besuch in einem gigantischen Shopping-Center, das auf einer Ebene wohl mehr Verkaufsfläche zu bieten hatte, als das größte Stuttgarter Einkaufszentrum im ganzen Haus. Wenn wir auch aufgrund unseres langsamen Bummelns keine Zeit mehr für ein volles Essen in einer der vielen Garküchen hatten, so konnten wir doch noch einmal die Vielfalt der asiatischen Küchenkultur erleben.

Am Abend kamen wir dann zum Closing Dinner zusammen. Alle Teilnehmer waren aufgerufen, in typischer, traditioneller Landestracht zu erscheinen, und zur kulinarischen Vielfalt des Buffets beizutragen – wir hatten uns nach langer Diskussion für Lederhosen und Dirndl entschieden, auch wenn uns bewusst war, dass wir damit ein Cliché transportierten. Dafür hatten wir mit unseren Wibele ein authentisches Stück Schwaben mit uns gebracht - und alle waren von unserer Tracht begeistert, die gut mit den Saris, Sarongs, und anderen bunten Gewändern harmonierte. So wurde es ein Abend voller Konversation, mit tollen lokalen und regionalen Spezialitäten aus allen Teilnehmerländern und einem informativen und amüsanten, bis schweißtreibendem Programm. So gab es beispielsweise pakistanischen Gesang, einen Beitrag über australischen Slang und eine taiwanesische Tanzeinlage zu bestaunen. Davon zeigten sich die Teilnehmer derart begeistert, dass die tschechische Delegation zur Polka, und die österreichische zum Wiener Walzer einlud, und schließlich alle zusammen einen hawaiianischen Hula improvisierten auf die Bühnen brachten.

Auch wenn dies der offizielle Schlusspunkt der Veranstaltung war, ließen wir es uns natürlich nicht nehmen, diese vom Zusammenspiel so vieler verschiedener Kulturen geprägte, erfolgreiche und auch anstrengende Woche, die leider viel zu schnell zu Ende ging, bis tief in die Nacht zu feiern.

Und uns gegenseitig zu versichern, dass man sich möglichst bald wieder sehen müsse - ob hier, in Pakistan, oder auch in Stuttgart. Auch wenn es das erklärte Ziel der Konferenz war, bestimmte globale Probleme zu lösen - die Freundschaften, die hier entstanden sind, werden wahrscheinlich nachhaltiger zu einer besseren Welt beitragen, als der beste strategisch durchdachte Lösungsansatz.