Ein Versuch zum Thema Unterdruck beim Uni-Tag: Ein Kind bläst Luft zwischen zwei Bälle Foto: Heiss/Lichtgut

Über 120 Institute und Einrichtungen haben auf dem Vaihinger Campus der Universität Stuttgart ihre Türen geöffnet. Sie beschäftigten sich mit Zukunftsfragen weltweit wachsender Städte.

Stuttgart - Erdbeeren und Kiwis liegen auf dem Tisch der „Gen- und Molekularküche“ im Institut für Biomaterialien der Universität Stuttgart. Eine Gruppe Fünftklässler ist emsig dabei, die Zutaten zu zerkleinern. Nicht, um Vitaminhäppchen zu gewinnen, sondern um unter Anleitung DNA, den Träger der Erbinformation, zu extrahieren. Am Nebentisch bauen junge Besucher ihr Lieblingsvirus nach.

Der Schüler-Campus, der dazu einlud, Wissenschaft spielerisch kennenzulernen, war der Publikumsmagnet beim Tag der Wissenschaft, der am Samstag auf dem Uni-Gelände in Vaihingen stattfand. Neben Schulklassen lockte er auch zahlreiche Familien an. Steffen Deininger (41) hat gerade seinen Sohn Sebastian ins Cockpit eines Akaflieg-Doppelsitzers gehoben. Der Fünfjährige fühlt sich in der Rolle des Piloten sichtlich wohl. Flugs biegt er sich das Mikrofon zurecht, um eine Meldung abzusetzen. „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, herzukommen“, urteilt der Vater. „Hier gewinnen die Kinder einen Einblick in die ganze Bandbreite der Naturwissenschaften und erleben spielerisch, wie viel Forschung mit ganz alltäglichen Dingen zu tun hat.“

Eine Plastikkuh per Knopfdruck pupsen lassen

Metangas-Messung ist eben nur so lange abstrakt und vermeintlich langweilig, bis man eine Plastikkuh per Knopfdruck pupsen lassen und auf dem Bildschirm die erreichten Werte ablesen kann.

Ein Aha-Erlebnis ganz anderer Art hat Elias (15) im Computermuseum der Informatiker. Er hat gerade an einem altehrwürdigen Atari-ST das Spiel „Bubble Booble“ getestet. Die Euphorie, die es Mitte der 80er Jahre auslöste, kann er nicht nachvollziehen: „Wenn man das Tempo und die Grafik von heute gewohnt ist, geht das gar nicht“, stellt er fest und schiebt den Joystick beiseite. Das Zocken war ohnehin nur ein Zwischenstopp. Elias ist hier, um schon einmal in jenes Institut hineinzuschnuppern, an dem er nach dem Abitur studieren will.

Christian Dieterich hat sich für die Kybernetik entschieden. Nun steht er am Infostand des Fachbereichs und kämpft mit einem renitenten Roboter. Eigentlich soll das aus Lego konstruierte Kerlchen selbstständig umherlaufen, Hindernisse erkennen und ihnen ausweichen. Stattdessen knallt das technische Wunderwerk immer wieder gegen die Glaswände, die sein Terrain begrenzen. „Vorhin hat es zehn Minuten lang super funktioniert“, seufzt der Student und macht sich auf Fehlersuche.

Manches kann gar nicht erst funktionieren. Rainer Blind hat im Zuge seiner Magisterarbeit gemeinsam mit einem Kommilitonen ein Fahrrad mit Hinterradlenkung gebaut und ist stolz darauf, dass keiner der zahlreichen Testradler damit zurechtkommt. „Ich hatte richtig Spaß dabei, dieses Ding der Unmöglichkeit zu basteln“, erzählt er lachend und fügt hinzu: „Es zeigt einfach sehr schön, warum ein solches Modell nicht fahrbar ist.“

Ob bei den Experimenten, bei den zahlreichen Vorträgen in den Hörsälen oder an den Infoständen für angehende Studierende: Neue Erkenntnisse sind am Tag der Wissenschaft garantiert. Mit biosynthetischen Hydrogelen etwa dürften sich die wenigsten vor dem Campus-Besuch befasst haben. Dabei sind sie uns verblüffend nahe. Und könnten der Menschheit in praktischen Anwendungen vom Gewebeimplantat bis zum Biosensor helfen. Christina Wege, Professorin am Institut für Biomaterialien und bimolekulare Systeme, verrät: „Im Grunde sind wir alle Hydrogele; ein bisschen verdicktes Wasser.“