Stylisch, aber mit recht hohem Preisniveau: Das 87 in Bad Cannstatt Foto: Max Kovalenko

Ins denkmalgeschützte Eckgebäude an der vermutlich meistbefahrenen Kreuzung Bad Cannstatts ist neues Leben eingezogen: Seit Oktober 2012 ist in der König-Karl-Straße 87 das Lokal 87 beheimatet.

Stuttgart - Ins denkmalgeschützte Eckgebäude an der vermutlich meistbefahrenen Kreuzung Bad Cannstatts ist neues Leben eingezogen: Seit Oktober 2012 ist in der König-Karl-Straße 87 (Nomen est omen) das Lokal 87 beheimatet. Es ist in urbanem Schick eingerichtet, der auch Gastro-Szenegängern angenehm auffallen dürfte. Um verschieden große, mit schwarzen Stoffservietten eingedeckte Holztische sind Sitzmöbel unterschiedlicher Form und Herkunft gruppiert, man könnte den Stil mit puristischem Vintage umschreiben. Dunkel die Wände, alte Schwarz-Weiß-Fotografien, sparsam und gezielt die Beleuchtung. Im vorderen Bereich Stehtische mit Barhockern sowie ein langer Tresen. Ganz hinten eine Lounge, in der künstliches Kaminfeuer flackert. Der Raum hat etwas Loftartiges, angenehm.

Durchweg dunkelhaarig und schwarz gekleidet – zumindest am Testabend, einem Samstag – sind auch die freundlichen Kellnerinnen, vielleicht zu sehr auf Gothic getrimmt, aber das ist Geschmackssache. Die auf Holzbrett-Klemmbrettern eingespannte Speisekarte wird gleich gebracht, die Getränkewünsche werden sofort notiert. Der Aperitif – Prosecco mit Gin und Zitronenschale (5,50 Euro) sowie Sekt mit Cranberry (3,50 Euro) – lässt das Perlende etwas vermissen, die Kompositionsidee ist jedoch löblich ungewöhnlich.

Anhand der gepfefferten Getränkepreise kann man bereits erahnen, dass man hier zu zweit nicht mit einer 50-Euro-Rechnung hinausmarschieren wird. Die Preise bewegen sich durchweg auf einem Niveau, bei dem man erstklassige Küche erwarten kann.

Apropos gepfeffert: Die auf der Karte mit „Urban Food“ umschriebenen Speisen lassen zwar einen kreativen Kopf am Herd vermuten. An der Umsetzung hapert es indes (noch). Die gegrillten Paprika mit Kräutern (3,50 Euro), zwei schmale, längliche Exemplare, lassen ebenso wie das Portiönchen Blattsalat mit Kirschtomaten (4,50 Euro) ein würziges Dressing vermissen. Auch die Linsensuppe mit Weißwein, Zwiebeln und Tomaten (5,50 Euro) kommt eher bieder als raffiniert daher. Schmackhaft ist dagegen das als Gruß des Hauses gereichte Brot mit samtigem Olivenöl und grobkörnigem Meersalz.

Und während bei den Hauptspeisen das Lachssteak mit Orangen-Ahornsirup auf einem Mangold-Quinoa-Bett (16,80 Euro) tatsächlich mit fruchtiger Exotik auftrumpft, ist das 180-Gramm-Filetsteak mit Zitronen-Senf-Dip und Mangold-Gemüse (man hätte auch eine andere Beilage wählen können) vor allem eines: mit 28,80 Euro ziemlich teuer. Zwar wird das Fleisch, laut Karte Göppinger Staufenfleisch, auf einem Gas-Keramik-Grill bei 800 Grad auf den Punkt gebrutzelt. Es ist außen schön kross und innen supersaftig; sonst gibt es dazu aber wenig zu sagen.

Bleibt das Dessert. Daran ist nichts auszusetzen. Die sehr süße „Schokobar“ – Karamell-Eis, ein Stück Mandel-Crumble (eine Art Früchte-Mandel-Streuselkuchen), garniert mit einem Holzspieß mit gegrillten Marshmallows (6,50 Euro) – und Panna Cotta mit alkoholisierten Feigen-Stückchen (5,50 Euro) versöhnen mit den aromatischen Schwächen der Vor-Speisen.

Tolles Geschirr (besonders schön sind die kleinen Porzellan-Schälchen für die Dips und die steinernen Brotkörbe), schönes Ambiente und aufmerksamer Service reichen eben doch nicht ganz. Also: Ein bisschen Gas geben, da ist noch Luft nach oben!

Küche: Fantasievolle Cross-over-Küche

Atmosphäre: Loft-Ambiente, großzügig und stimmig

Preis-Leitungs-Verhältnis: Gehobene Preise, aber gute Qualität der Zutaten

Adresse: 87 – Restaurant, Lounge, Event, König-Karl-Str. 87, 70372 Stuttgart, Telefon 07 11/ 93 59 53 33, www.87-stuttgart.de.

Öffnungszeiten: montags bis donnerstags von 17 bis 24 Uhr, freitags 17 bis 1 Uhr, samstags 17 bis 1 Uhr, Sonn- und Feiertage von 10 bis 24 Uhr (Küche bis 23 Uhr).

Extras: außer der Lounge auch Plätze im Restaurant oder historischen Gewölbekeller (bis 150 Personen) zu mieten. Sonntags Frühstücks- und Mittagskarte (10 bis 15 Uhr).

Anfahrt: S-Bahn S 1, 2, 3 bis Haltestelle Bad Cannstatt, U-Bahn U 1, 2 bis Mercedesstraße, Bus 52, 55, 56, wenig Parkmöglichkeiten.