Wer Essen und Trinken nicht wertschätzt, sollte an dieser Stelle besser nicht weiterlesen. Denn hier geht es um Sternekost, und die kostet. Zum Beispiel fast so viel wie ein spottbilliger Mallorca-Trip. Seit 1992 ist das Gourmet-Restaurant Top Air mit einem Michelin-Stern dekoriert.
Stuttgart - Wer Essen und Trinken nicht wertschätzt, sollte an dieser Stelle besser nicht weiterlesen. Denn hier geht es um Sternekost, und die kostet. Zum Beispiel fast so viel wie ein spottbilliger Mallorca-Trip. Europaweit einzigartig ist, dass man am Stuttgarter Flughafen tatsächlich seit gut 20 Jahren die Wahl hat, wofür man sein Geld ausgeben will: für Ballermann oder Haute Cuisine. Seit 1992 ist das Gourmet-Restaurant Top Air mit einem Michelin-Stern dekoriert. Nun hat Co-Pilot Marco Akuzun das Steuer von Claudio Urru übernommen. Der 31-Jährige hat einen top Start hingelegt. Wie es sich für einen Flughafen gehört, ist seine Küche international, modern, ein bisschen molekular und genauso weit abenteuerlustig, wie man es für eine Reise sein muss.
Drei Gänge gibt es im Top Air für 80 Euro, inklusive Grüßen aus der Küche vorneweg sowie Petit Fours hintendrein. Jakobsmuschel, Mortadella, Granny Smith, Kartoffel, Vanille heißen die heutzutage nach Allerwelt klingenden Zutaten der einen Vorspeise. Auf dem Teller liegen die Meeresfrüchte in einer Art Blumenwiese und ergeben geschmacklich ein wunderbar ausgewogenes Bild zwischen zart und deftig, süß und sauer. Beim Heilbutt ist das System ähnlich: Den Fisch serviert der Koch mit einer Blutwurstkruste, dazu ein mit Kaviar gefülltes Wachtelei und Röstzwiebelsoße. Das Stück US-Beef kombiniert Akuzun mit Radicchio, Kerbelwurzel, Urkarotte und Trüffeljus und beschert damit seinem Gast perfekt gegarte alte Bekannte neben spannenden neuen Nachbarn. Der Lammrücken hat ein Fell aus Ziegenfrischkäse und wird von Keniabohnen, Gnocchi und Chorizo begleitet. Wie ein galant hingeworfenes Mikado-Spiel ist das Hauptgericht auf dem Teller drapiert.
Seine Visitenkarte zückt der Gourmet-Küchenchef aber erst zum Schluss, sagt man. Und Marco Akuzun zündet dazu ein kleines Feuerwerk – sowohl mit dem fruchtig-frivolen Cassis-Schokoladen-Teller als auch mit dem verspielt-feinen Bananensplit. Spätestens nach diesen Punktlandungen ist ein Applaus fällig – obwohl heutzutage ja nur noch im Flieger nach Ballermann geklatscht wird. Im Top Air abzuheben ist definitiv eine Alternative zu Mallorca. Zumal die Crew den Aufenthalt mehr als angenehm macht. Der Sommelier begleitet die drei Gänge mit exzellenten, ausgefallenen Tropfen (56 Euro), zu denen er stets Interessantes zu erzählen hat. Nur das Ambiente ist seit dem Jungfernflug etwas in die Jahre gekommen. Aber im Vergleich zu den Maschinen, die vor dem Fenster starten und landen, sitzt man wie in der First Class.
Küche: Top am Airport ohne jede Einschränkung
Atmosphäre: Der Ausblick ist aufregender als die Inneneinrichtung
Service: Perfekte Gastgeber
Preis-Leistungs-Verhältnis: Mittags kann man für 44 Euro testen, am Abend völlig fair