Syriens Präsident Baschar al-Assad. Foto: SANA FILE

Seit Monaten kündigt Assad eine Volksabstimmung an - jetzt soll sie am 26. Februar stattfinden.

Damaskus/Istanbul - Mit einer Volksabstimmung über eine neue Verfassung will der syrische Präsident Baschar al-Assad der Protestbewegung die Spitze nehmen. Am 26. Februar sollen die Syrer über die Verfassung abstimmen. Die wesentlichen Neuerungen sind: Die Monopolstellung der Baath-Partei, mit der vor Assad schon sein Vater Hafis al-Assad regiert hatte, fällt weg. Der Sozialismus wird offiziell aufgegeben. Die Frage, wie das Referendum praktisch ablaufen soll, während in mehreren Provinzen Bürgerkrieg herrscht, blieb offen.

Westerwelle reagiert skeptisch auf die Ankündigung

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) reagierte am Mittwoch skeptisch auf die Ankündigung. Er sagte während eines Besuches in Brasilien: „Ich habe meine Zweifel, ob das von Präsident Assad anberaumte Referendum die schwere Krise in Syrien lösen kann.“ Erforderlich sei vor allem ein Ende der vom Regime verübten Gewalt. Die Nato bekräftigte, sie habe „keine wie auch immer geartete Absicht zum Eingreifen in Syrien“ und unterstütze alle Bemühungen um eine Konfliktlösung. „Und ich schätze die Arbeit der Arabischen Liga. Ich glaube, dass eine regionale Lösung gefunden werden muss“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch in Brüssel.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, Assad habe das von ihm eingesetzte Komitee, das den Verfassungsentwurf ausgearbeitet hatte, beauftragt, „die Artikel dieses Entwurfes den Bürgern zu erklären“. In dem Entwurf heißt es, politische Aktivitäten auf Basis der Religion oder der Stammeszugehörigkeit seien verboten. Gleichzeitig wird betont: „Die islamische Jurisprudenz ist die Hauptquelle der Gesetzgebung.“ Nur ein Muslim darf Präsident werden.

In den Hochburgen der Protestbewegung ging das Töten weiter

In den Hochburgen der Protestbewegung gegen Assad ging das Töten am Mittwoch weiter. Auch in Birsa, einem Viertel im Norden von Damaskus, marschierte nach Angabe von Augenzeugen die Armee auf. Schüsse waren zu hören. Aktivisten meldeten, die Soldaten hätten Gebäude angezündet. Eine Explosion in der Stadt Homs zerstörte eine Gasleitung. Nach Angaben von Aktivisten flogen kurz vor der Explosion Kampfjets der Regierung über den Explosionsort. Eine Granate soll nach diesen Angaben die Pipeline getroffen haben.

Syrische Staatsmedien machen dagegen Terroristen für die Explosion verantwortlich. Aktivisten zählten landesweit am Mittwoch 21 Tote. Unter diesen Opfern seien drei Unbekannte, deren Leichen in der Ortschaft Maarat al-Nuaman in der Provinz Idlib aus einem Auto der Armee auf die Straße geworfen worden seien. Oppositionelle meldeten, bereits am Sonntagabend sei in Damaskus eine christliche Anti-Regime-Aktivistin festgenommen worden. „Seina Schala war eine Symbolfigur der friedlichen Revolution“, hieß es in einem Oppositionsforum.

UN-Vollversammlung will über Resolution abstimmen

In New York will die UN-Vollversammlung nach Angaben von Diplomaten an diesem Donnerstag über eine Syrien-Resolution abstimmen. Die Vollversammlung kann zwar offiziell Verurteilungen aussprechen. Diese haben aber rein appellativen Charakter. Sanktionen gegen Syrien könnte nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschließen, was Russland und China bislang verhindert haben.

Zwei Tage vor dem geplanten Referendum soll in Tunis ein erstes Treffen der sogenannte Gruppe der Freunde Syriens stattfinden. Zu diesem Treffen werden vor allem arabische und westliche Politiker und Diplomaten erwartet sowie Vertreter der syrischen Opposition. In Syrien wurden seit Beginn der Proteste gegen Assad im März vergangenen Jahres nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mehr als 6300 Zivilisten getötet.