Elisabeth Parmentier von der evangelischen theologischen Fakultät der Uni Genf sprach über die Wichtigkeit der Begriffe Sünde und Gnade. Foto: Francine Schwertfeger

Europa ohne Seele? Was kann Kirche tun? Diese Fragen beleuchteten hochkarätige Referenten im Kloster Kirchberg.

„Wichtig ist mir in einer Atmosphäre relativer Hoffnungslosigkeit und grundloser Gewalt: Welche theologische Antwort können wir geben auf Angst, Fanatismus und das Böse?“ Elisabeth Parmentier, Professorin an der Universität Genf, stellte wie ihre Mitreferenten Antworten vor, die sich in einem einig waren: Die Aufgabe der Kirchen besteht in der Diakonie – dem Dienst an den Schwächsten in der Gesellschaft – und in Versöhnungsarbeit.

Anlass war das Symposion „Europa ohne Seele? Was kann Kirche tun?“, das vom 16. bis 18. Juni im Berneuchener Haus Kloster Kirchberg stattfand.

100 Jahre Berneuchener Konferenzen

Papst Franziskus hat die Behauptung aufgestellt, dass Europa seine Seele verliert, wenn es keinen Bezug mehr zu Gott findet. Davon haben sich Mitglieder der drei Berneuchener Gemeinschaften an- und aufregen lassen, gemeinsam mit Menschen aus jener polnischen Region, in der die Berneuchener Bewegung 1923 ihren Anfang nahm – und damit auch die heute drei Berneuchener Gemeinschaften: Evangelische Michaelsbruderschaft, Gemeinschaft St. Michael und Berneuchener Dienst.

Kann man seine Seele überhaupt verlieren? Wie hilft uns diese Frage bei der Suche nach zukünftigen Gestalten des Miteinanders? Und hat in all dem die Kirche überhaupt eine Rolle? Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Berneuchener Konferenzen spürte ein ökumenisches, international und hochkarätig besetztes Symposion diesen Fragen nach. Referentinnen und Referenten aus Deutschland und Polen machten sich gemeinsam mit den Teilnehmern auf den Weg – in Vorträgen und Gesprächsforen, einer Begleitausstellung des polnischen Künstlers Jerzy Gąsiorek, Videoclips sowie mit einem Auftritt des nach Polen ausgewanderten Kabarettisten Steffen Möller.

Versöhnungsarbeit im Mittelpunkt

Rainer Hering, Archivar, Historiker und Leiter des schleswig-holsteinischen Landesarchivs, stellte die 1923 in Berneuchen von der „Berneuchener Bewegung“ angestrebte evangelische Kirchenreform in den Mittelpunkt seines Vortrags. Er machte deutlich, dass vor hundert Jahren die Gesellschaft nach dem 1. Weltkrieg tief in Milieus gespalten war und es keinen demokratischen Basis-Konsens gegeben habe.

Alle Referenten waren sich einig, dass Kirche sich nicht mit den Mächtigen verbünden dürfe. Als beispielhaft für Versöhnungsarbeit wurden die Konzepte der GEKE (Gemeinschaft evangelischer Kirchen Europas) und der Leuenberger Konkordie hervorgehoben.

Paweł Adrian Leszczyński, Verfassungsrechtler aus Polen, bearbeitete das Thema „Politische Diakonie in Europa einst und jetzt“. Simultan übersetzte der polnische Dolmetscher und Germanist Sławomir Szenwald.

Zusammenhalt der Minderheitskirchen

Die Ulmer Prälatin Gabriele Wulz warb für den Zusammenhalt von Minderheitskirchen in der Diaspora, wobei die GEKE eine Plattform des „Empowerments“ sei. Der katholische Pfarrer Matthias Leineweber, stellvertretender Dekan in Würzburg, ging auf das diakonische Wirken der Gemeinschaft Sant’Egidio ein.

Klare Handlungsvorschläge, was Kirche tun kann, konnte und wollte das Symposion nicht liefern – doch die mehr als 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen zahlreiche Impulse mit auf ihren Weg.