Bürgermeister Gerd Hieber überreicht Ministerpräsident Kretschmann eine Broschüre von Sulz. Er weist auch darauf hin, dass die Straße im Glatttal dringend saniert werden müsste. Foto: Steinmetz

Bürgerempfang in der Sulzer Stadthalle mit Ministerpräsident und Kabinettsmitgliedern im Rahmen der Heimattage.

Sulz - Einen bestens aufgelegten Ministerpräsidenten erlebten die Besucher des Bürgerempfangs in der Sulzer Stadthalle am Samstag. Winfried Kretschmann besuchte die Neckarstadt im Rahmen der Heimattage und hinterließ einen glänzenden Eindruck.

Die fünf Kommunen des Neckar-Erlebnis-Tal-Vereins, die sich in diesem Jahr für die Heimattage verantwortlich zeichnen, hatten allesamt ihre Vertreter zum Empfang im Backsteinbau geschickt. Bisher war es Usus, dass im Rahmen der Heimattage eine Kabinettssitzung in der ausrichtenden Stadt stattfindet. Diese Gewohnheit hat die Landesregierung allerdings ablegt. Stattdessen kam der Landesvater zum Bürgerempfang. Einen Teil seines grün-roten Kabinetts hat er aber dann doch mitgebracht. Die 300 Gäste hatten Gelegenheit mit Verkehrsminister Winfried Hermann, Integrationsministerin Bilkay Öney und Justizminister Rainer Stickelberger beim anschließenden Stehempfang ins Gespräch zu kommen.

Begrüßt von Beifall und einer Trommelgruppe der Jugendmusikschule Oberndorf-Sulz nahm Kretschmann in der ersten Reihe Platz und hörte erst mal, was ihm der Sulzer Bürgermeister Gerd Hieber alles zu sagen hatte. Hieber verwies nochmals auf die Bedeutung der Heimattage-Vergabe an die fünf Kommunen Sulz, Horb, Eutingen, Starzach und Rottenburg und den Mehrwert für das Neckar-Erlebnis-Tal. Insgesamt rund 300.000 Besucher zählten die Organisatoren bei ihren zahlreichen Veranstaltungen. Ein "Wir-Gefühl" im Neckartal sei geschaffen worden. Und Sulz, so betonte Hieber nicht ohne Stolz, sei das Tor ins Neckar-Erlebnis-Tal.

Dann lief der Sulzer Bürgermeister zur Hochform auf, als er beim Ministerpräsidenten in eigener Sache vorstellig wurde. Die Landesstraße L 409 im Glatttal sei in einem Zustand, "der ist schon als katastrophal zu bezeichnen." Kretschmann ist nun bereits der vierte Landesvater, dem Hieber dieses Anliegen vorträgt. Immer wieder bekommt der Bürgermeister zu hören, diese Straße sei eben zu verkehrsarm. Das würde aber bedeuten, dass sie nie saniert würde, meinte Hieber mit einem Augenzwinkern. Wenn der Ministerpräsident am Nachmittag eine Spazierfahrt durch die Gegend unternehme, fahre er just über die besagte L 409. Da könne er sich ein eigenes Bild davon machen. "Und ich kann Ihnen sagen, das wird keine Erholung sein."

"Ein Land, in dem es als wichtigsten Punkt eine marode Landesstraße gibt, da kann man regieren", scherzte Kretschmann in seiner Erwiderung. Vor allem den Hinweis, die Straße würde "dann ja nie gerichtet", gab Kretschmann aber doch zu denken, und er versprach noch auf der Bühne, sich einmal näher mit der Angelegenheit zu befassen. Der Ministerpräsident lobte hernach den Neckar-Erlebnis-Tal-Verein, der ein ganz beachtliches Programm auf die Beine und damit die Vielfalt Baden-Württembergs unter Beweis gestellt habe. Kretschmann hielt eine Lobrede auf das Ehrenamt. "Das ist ein ganz großes Pfund in unserem Land." Die Ehrenamtlichen "sind das Salz in der Suppe des Gemeinwesens. Und was wäre Sulz ohne Salz", spielte Kretschmann auf die einstige Salzsaline an. Ansonsten erinnerte den Landesvater die gebürtige Sulzerin und Gründerin des heutigen "NABU", Lina Hähnle, an die Stadt. Denn nach ihr ist der Fraktionssaal der Grünen im Landtag benannt.

Seite 2: Gut pariert

Er sei "ja nur der Ministerpräsident von Baden-Württemberg und nicht der König von Württemberg." Denn sonst, so parierte Kretschmann auf die humorvoll vorgebrachte Kritik des Sulzer Bürgermeisters am Zustand der Glatttalstraße, wäre diese für seinen Besuch selbstverständlich saniert worden. "Das ist eben der Preis der Demokratie." Und auch die just zur Sulzer Hauptveranstaltung im Rahmen der Heimattage etwas überraschend gesperrte Anschlussstelle der A 81 galt für den Landesvater ebenso wie für alle anderen Besucher von "Baden-Württemberg macht Theater" und Bürgerempfang. Da half auch kein Hinweis von Bürgermeister Hieber beim Regierungspräsidium, hier würde ja quasi dem Chef der Weg versperrt. Kretschmann kam dennoch in Sulz an. Wie genau? "Ganz ehrlich - keine Ahnung. Da müssen sie meinen Chauffeur fragen. Ich habe hinten im Auto gearbeitet."

Seite 3: Simsegräbsler?

Zugegeben - groß ist es nicht - das Weingut, welches den "Wehrsteiner Empfinger Stich" hervorgebracht hat. Doch es liegt in der Region des Neckar-Erlebnis-Tals. Und deshalb gab es für den Ministerpräsidenten aus der Hand von Bürgermeister Gerd Hieber neben den übrigen Geschenken auch ein Fläschchen des Müller-Thurgaus. Winfried Kretschmann war ganz erstaunt darüber, dass in dieser Region überhaupt Wein wächst. Er will nun auf jeden Fall testen, ob "des was Gscheids isch oder an Simsegräbsler." Den Gästen des Bürgerempfangs jedenfalls hat er geschmeckt. Beim Stehempfang im Foyer leerte sich eine um die andere Flasche.

Seite 4: Gut schwäbisch

Kartoffelsuppe und "Würschtle" - schwäbisch bescheiden, wie es sich für einen volksnahen Ministerpräsidenten geziemt, nahm sich beim Stehempfang das Buffet aus. Der schien froh zu sein, einmal keine Lachshäppchen gereicht zu bekommen, und biss beherzt in die Wurst. Für die Leckereien aus der Region zeichnete übrigens die Holzhauser Dorfgemeinschaft verantwortlich. Das duftende Brot stammte aus dem dorfeigenen Backhäusle. Und so gab es noch ein persönliches Dankeschön von Winfried Kretschmann an den Holzhauser Ortsvorsteher Lutz Strobel, der dieses Lob natürlich mit Freunden an den Männergesangverein und die evangelische Kirchengemeinde weiterleitete. Zum Essen gereicht wurde der "Pomme-Pure" des Duttschenhofer’schen Apfelguts. Zwölf Flaschen des frisch gepressten Safts hatte das Gut bereit gestellt.