Das Thema Windkraft ist emotional besetzt. (Symbolfoto) Foto: Weigel

Milan-Horst könnte das Blatt wenden: Initiative entdeckt Nest nahe geplanter ENBW-Anlage.

Sulz/Dornhan - Bislang schien der Kampf der Windkraftgegner in Sulz und Dornhan gegen die geplanten Anlagen auf dem "Kalten Feld" wie einer gegen Windmühlen. Ein neu entdeckter, belebter Milanhorst nahe der geplanten Dornhaner Anlage könnte nun die Dinge drehen.

Die ENBW möchte auf dem Höhenrücken "Kaltes Feld" und oberhalb der "Glatthalde" Windenergieanlagen bauen. Zwei der Anlagen auf Sulzer (230 Meter Höhe), eine Anlage auf Dornhaner Gemarkung (210 Meter Höhe). Während der Sulzer Gemeinderat sich nach einigem Ringen und etlichen Gutachten für das Windrad aussprach, ging Dornhan mit der Ausweisung des Teilflächennutzungsplans Windkraft einen anderen Weg. Demzufolge kann das "Kalte Feld" als Fläche für die Errichtung von Windkraftanlagen ausgewiesen werden. Die "Initiative gegen den Windpark Sulz-Dornhan" sieht dort jedoch nicht nur den eigenen, sondern auch den Lebensraum von Rotmilan, Schwarzstorch und Fledermaus bedroht.

Doch mit dem Teilflächennutzungsplan scheint es nicht so richtig voran zugehen. Die Windkraftgegner, die sich um das in Bettenhausen wohnende Ehepaar Heidi und Robert Glück sowie Peter Heimberger formiert haben, glauben, das Projekt von Dornhans Bürgermeister Markus Huber habe mit rechtlichen Problemen zu kämpfen. Ein Umstand, der den Windkraftgegnern in die Hände spielen können. Und dann präsentieren diese beim Pressegespräch in Bettenhausen auch noch einen Joker: Das Ehepaar Glück und der beauftragte Gutachter Matthias Klemm haben einen mit Jung- und Altvögeln bewohnten Milanhost in unmittelbarer Nähe zum Standort der geplanten Dornhaner Windkraftanlage gefunden. "Einen Kategorie III", wie Peter Heimberger erklärt. Könnte das den Todesstoß für das Windkraftprojekt der ENBW bedeuten? Heimberger jedenfalls erklärt im Gespräch, dass eine in Fürnsal geplante Windkraftanlage wegen eines bewohnten Milanhorsts gestoppt worden sei. Auch auf dem "Kalten Feld" befinde sich ein Milan-Dichtezentrum. Wo dort nun auch noch ein hochkarätiger Horst gefunden wurde, müssten eigentlich die selben Maßgaben wie in Fürnsal Anwendung finden.

Doch ganz so einfach liegt der Fall nicht. Nach einem gescheiterten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg und einem weiteren vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat nun das Landratsamt den sofortigen Vollzug für das nahe Hopfau geplante Windrad angeordnet. Damit kann die ENBW die ersten Arbeiten wie beispielsweise Probebohrungen am geplanten Standort vornehmen. Dass das LRA nun Tatsachen schafft, sorgt bei den Windkraftgegnern in Sulz und Dornhan wiederum für Entrüstung. Die zuständige Behörde argumentiere in der Hauptsache ideologisch und politisch – dabei, so Heimberger, müssten die neuesten Erkenntnisse zu Rotmilan und Fledermaus diese zu einem Rodungsstopp für die Windkraftflächen auf Sulzer Gemarkung veranlassen.

"Es werden Tatsachen geschaffen, die nur schwer zu korrigieren sind", sagt Glück und erklärt, was allein die Arbeiten fürs Fundament der Windkraftanlage für Auswirkungen auf die Fledermäuse haben. Die Population im Spaltberg befinde sich in der Winterruhe. Die massiven Vibrationen der Maschinen störten diese empfindlich. Da helfe es auch nicht, dass die ENBW als Ausgleichsmaßnahme im November Nistkästen aufhängen ließ.

Die Windkraftgegner, die in Hopfau wohnen, haben indes einen eigenen Anwalt eingeschaltet. Dieser hat gegen den Bescheid des Landratsamts Beschwerde eingelegt. Eile sei geboten, denn in der Nähe des geplanten Standorts würden auffällig viele Bäume gefällt. Das könne nicht allein am Käferbefall liegen, vermuten die Windkraftgegner.

Heimberger sieht aber nicht nur die örtlichen Behörden in der Pflicht. Die Landesregierung hinke, was die Regelungen für Windkraftanlagen anbelange, anderen Bundesländern hinterher. In Rheinland-Pfalz etwa seien die Mindestabstände zwischen Windkraftanlagen auf 1200 Meter erhöht worden, während in Baden-Württemberg immer noch die 700-Meter-Marke gilt. Und wenn die Bundesregierung anlässlich des Dieselgipfels die von der WHO gesetzten Grenzwerte für Stickstoffdioxid anerkennt und sogar beschließt, so müssten die von der WHO empfohlenen Lärmschutz-Grenzwerte doch ebenso gelten. Bei Windkraftanlagen seien hierzulande 55 Dezibel zulässig, die WHO nennt einen Grenzwert von 45 Dezibel. Doch so oder so: Werden die Windkraftanlagen gebaut, sei dies ein tiefer Einschnitt in die Lebensqualität der Anwohner, ist sich Glück sicher.