Rund 170 Besucher kamen zur zweiten Informationsveranstaltung der Initiative "Pro Mühlbachebene". Foto: Steinmetz

Experten stellen "überschlägige Berechnungen" für Daimler-Teststrecke in Sulz an.

Sulz-Holzhausen - Können bei einer Teststrecke in Sulz die Lärmgrenzwerte eingehalten werden? Thomas Heine vom Stuttgarter Ingenieurbüro Umweltakustik bezweifelt dies.

Er war einer der Referenten der Informationsveranstaltung am Dienstagabend in der Panoramahalle. Die Initiative "Pro Mühlbachebene" hatte zu den Themen Lärm und Bodenversiegelung Experten eingeladen. Rund 170 Interessierte hörten sich dreieinhalb Stunden lang die Vorträge an.

Axel Jud, ebenfalls vom Büro für Umweltakustik, erläuterte, wie Lärm bewertet wird. Bei den Berechnungen würden die Lärmpegel nicht einfach addiert, vielmehr sei die höchste Lärmquelle maßgeblich.

Was erträglich ist, ist gesetzlich geregelt: So darf beispielsweise der Verkehrslärm tagsüber 55 Dezibel und nachts 40 Dezibel für die angrenzende Wohnbebauung nicht überschreiten. In Sulz wäre, so Axel Jud, der Lärm zu betrachten, der durch die Autobahn schon vorhanden sei und der Lärm, der bei einer eventuellen Teststrecke dazu käme. Hier könne der Lärmpegel der Autobahn die Geräusche der Teststrecke überlagern. Lärm ist allerdings etwas "unheimlich Subjektives", ergänzte Thomas Heine. Die Grenzwerte stellten einen Kompromiss dar.

Das Stuttgarter Büro hat auch mit Autoteststrecken Erfahrungen gemacht. Für Sulz haben die Akustik-Experten nun "überschlägige Berechnungen" angestellt. Zugrunde gelegt wurden diesen 70 Fahrzeuge, die auf dem Rundkurs (Oval) der Teststrecke unterwegs sind. Heine errechnete für die Wohnbebauung einen Lärmpegel von 45 Dezibel und für die nächste Hofstelle 55 Dezibel. Damit wäre die Anlage tagsüber genehmigungsfähig, nicht aber bei gleichem Betrieb nachts. Eine acht Meter hohe Schallschutzmauer würde den Lärm auch nur um zwei bis fünf Dezibel reduzieren, sagte Heine.

"Es wäre gravierend, wenn man den Boden versiegele"

Die Bedeutung des Ackerbodens war bereits bei der ersten Informationsveranstaltung der Initiative "Pro Mühlbachebene" thematisiert worden. Andreas Lehmann von der Uni Hohenheim bestätigte nun, dass der vor 10.000 Jahren entstandene Lössboden der Mühlbachebene besonders fruchtbar sei. Es wäre gravierend, wenn man den Boden versiegele. Er räumte ein, dass bei einer Teststrecke in kurzer Zeit viel Geld verdient werden könne, aber nach 30 Jahren habe die Anlage möglicherweise ausgedient. Der Boden dagegen könne noch in 2000 Jahren bewirtschaftet werden. Man dürfe nicht nur auf den kurzfristigen ökonomischen Vorteil schauen.

Gesetzliche Handhaben, um Versiegelungen zu verhindern, gibt es – vor allem in Baden-Württemberg. Es müsste vehement umgesteuert werden, betonte Lehmann. Die Mühlbachebene wäre ein gutes Beispiel dafür. Wenn allerdings das Daimler-Prüfzentrum gebaut werde müsse, sollten gleich Rückbauoptionen berücksichtigt werden.

Als Möglichkeiten nannte der Referent, die Teststrecke auf Stelzen zu setzen, die Freiflächen landwirtschaftlich zu nutzen, den Oberboden zu lagern und für die Rekultivierung zu sichern oder den Eingriff eins zu eins auszugleichen. Ob ein Rückbau erfolgversprechend sei, wurde unter anderem gefragt. Eventuell in zwölf Jahren, meinte Lehmann, "der Löss verzeiht viel".

Nach Informationen von Moderator Dieter Grabs will Daimler von den 200 Hektar für das Testgelände 30 bis 40 Prozent versiegeln. Das wären 60 bis 80 Hekar. Bisher im Gespräch waren 40 Hektar.