Mit einem speziellen Bagger wird der Hang abgeholzt.Fotos: LEV Foto: Schwarzwälder Bote

Artenschutz: Unscheinbare Herbstdrehwurz löst stark kritisierte Gehölzentfernung im Weilertal aus

Hohe Wellen hatten im Februar die umfangreichen Entbuschungsmaßnahmen am Weilertalhang durch den Landschaftserhaltungsverband (LEV) Rottweil in Sigmarswangen ausgelöst (wir berichteten).

Sulz-Sigmarswangen. Sie waren zuvor mit dem Regierungspräsidium und der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt worden. Die Aktion hatte zahlreiche empörte Rückfragen der Bürger beim Ortschaftsrat ausgelöst. Kritisiert wurde auch der schlimme Zustand des Wegs Richtung Hofgut Geroldseck und Sulz.

Wolfram Rösch war am Mittwoch der Einladung von Ortsvorsteherin Sabine Breil zur Sitzung im Bürgerzentrum gefolgt, um das Vertrauen in den LEV wieder herzustellen. Er erklärte die Gründe, Ziele und Umsetzung der Maßnahme.

Rösch konnte die Aufregung der Sigmarswanger, bei denen sich das Weilertal großer Beliebtheit erfreut, zunächst nicht nachvollziehen. Es handele sich um eine "Standardmaßnahme" des LEV zum Schutz der Herbst- Drehwurz. Diese unscheinbare, aber streng geschützte und stark gefährdete Orchideenart gedeihe nur auf Böden mit wenig Stickstoff und vertrage weder Schatten noch Feuchtigkeit. Sie benötige Licht, Wärme und einen mageren Boden. Rösch zufolge rechtfertigt dies das Zurückdrängen der weniger schützenswerten Gehölze und der darin lebenden Tiere gemäß dem baden-württembergischen Artenschutzprogramm.

Das älteste Foto, das Rösch auftreiben konnte, war eine Schwarzweiß-Luftaufnahme, die belegte, dass die Fläche im Jahr 2000 noch viel offener war als 2019. Um 1850 war der Streifen intensiv von Schafen beweidet. Nach dem Krieg ging die Schafhaltung stark zurück. Obwohl sich im "Gewann Pflasteresch" Gehölze wie Schlehe oder Holunder ausbreiteten, handelt es sich ursprünglich um eine vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft. Im Rahmen der Kartierung von Flora-Fauna-Habitaten im Jahr 2006 wurden die geschützten Lebensraumtypen Magerrasen und Wacholderheide an die Europäische Union gemeldet. Daraus resultiert ein Verschlechterungsverbot und die Pflicht zur Erhaltung. "Nicht jedem ist bewusst, dass das Thema hochrangig angesiedelt ist und hohe Strafzahlungen nach sich ziehen kann", warnte Rösch.

Völlig ungeeignet sei deshalb der Schutzgedanke eines Nationalparks, der Natur ihren Lauf zu lassen. Im Weilertal setze der LEV mit Landesmitteln ein abgestimmtes Konzept zum "Schutz durch Nutzung" in Zusammenarbeit mit Dienstleistern um. Künftig werde die Familie Mauch ein- bis dreimal pro Jahr mit der Beweidung durch Schafe beauftragt. Dem Vorwurf, schweres Gerät habe den Boden stark verdichtet, begegnete Rösch mit dem Hinweis auf einen Schreitbagger, den der beteiligte Land- und Forstwirt aus Dornhan eingesetzt habe. Dieser verursache keinen höheren Bodendruck als ein Mensch mit 80 Kilogramm Körpergewicht.

Selbst den Bewuchs mit Disteln und Brennnesseln versuchte Rösch den Zuhörern schmackhaft zu machen. Letztere dienten immerhin den Raupen des Tagpfauenauges, einer Schmetterlingsart, als Nahrung.

Nicht die LEV-Maßnahme, sondern ein Starkregenereignis und andere Nutzer hätten den Weg zum Geroldseck in Mitleidenschaft gezogen, lehnte Rösch die Forderung nach Schadensbegrenzung durch den LEV ab. "Die Akzeptanz der Leute steigt überproportional, wenn beim LEV etwas Schotter für die Befestigung abfällt", appellierte David Kerner an seinen guten Willen.

Ortsvorsteherin Sabine Breil rang Rösch die Zusage ab, sich bei der Erbengemeinschaft vom Hofgut Geroldseck für einen akzeptablen Zustand einzusetzen. Ihr bereitet der Hauptkanal Sorgen, der unter dem Weg Richtung Sulz verläuft und nicht beschädigt werden darf.

Die Räte empfahlen dem LEV, künftig den rechtzeitigen Schulterschluss mit dem örtlichen Gremium zu suchen. Rösch sagte zu, Sabine Breil über den Termin der Folgemaßnahme zu informieren, die zwischen Oktober und Februar fällig wird. "Dann aber bitte bei trockenem Wetter", baten die Ortschaftsräte.