Der kleine Laden in Glatt wurde vergangenen September überfallen. Foto: Danner

Tante-Emma-Laden in Glatt überfallen: Bewährungs- und Geldstrafe für 19-Jährigen. Junger Mann hatte Geldsorgen.

Sulz-Glatt/Rottweil - Der versuchte Raubüberfall mit einem Jagdmesser auf den Tante-Emma-Laden in Glatt (wir berichteten) und die Suche nach dem Räuber per Helikopter sorgte Ende September für Aufsehen im Dorf. Am Montag wurde der heute 19-jährige Täter nach siebenstündiger Verhandlung vorm Rottweiler Amtsgericht zu einem Jahr und einem Monat Jugendstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, verurteilt. Außerdem muss er der Geschädigten 950 Euro bezahlen.

Die Verhandlungsdauer war hauptsächlich dem Mitangeklagten geschuldet, der der Beihilfe zu dieser Tat bezichtigt wurde. Davon wurde der 21-Jährige zwar freigesprochen, doch er hatte so viele andere Vergehen auf dem Kerbholz, dass auch er zu einer Jugendstrafe verurteilt wurde.

Mit Kapuzenpullover, Sonnenbrille, Schal vorm Mund und bewaffnet mit einem großen Messer hatte der nun Verurteilte am 25. September vergangenen Jahres nach Ladenschluss an der Hintertür des kleinen Ladens geklingelt. Als ihm die Besitzerin öffnete, drängte er sie in Richtung Kasse und forderte Geld. Er hatte allerdings nicht mit der Reaktion der Frau gerechnet. Sie schob sein Messer zur Seite und forderte ihn auf, "doch den Scheiß" zu lassen. Verunsichert trat der junge Mann den Rückzug an und türmte in Richtung Wald.

So tough die Ladenbesitzerin während der Tat reagiert hatte, so verunsichert und nervös war sie am Montag im Zeugenstand, als sie von Amtsgerichts-Direktorin Petra Wagner nach dem Tathergang befragt wurde. Noch immer habe sie unter dem Überfall zu leiden, bekannte sie mit zitternder Stimme. Sie sei schreckhafter geworden, habe jetzt immer einen Gegenstand, mit dem sie sich im Zweifelsfall verteidigen könne, in ihrer Nähe stehen. Während der Tat habe sie nur so forsch reagiert, weil sie das Ganze zunächst für einen üblen Scherz gehalten habe.

Opfer will mit dem Ganzen abschließen

An einem Täter-Opfer-Ausgleich ist sie nach einem – wohl aus Mangel an Mut des 19-Jährigen – versäumten ersten Treffen nicht mehr interessiert. Sie wolle die Sache mit der Verhandlung abschließen, erklärte sie.

Von den Zuschauerrängen waren mehrfach tiefe Seufzer vom Vater des Täters zu hören. Der junge Mann kommt, so bestätigte es die Jugendgerichtshilfe, aus einer intakten Familie, steht im dritten Lehrjahr und hinterließ auch bei Staatsanwalt Achim Ruetz "ein Fragezeichen". Aus Geldnöten, so berichtete der junge Mann, "kam ich auf diese blöde Idee". Er habe die Frau auf keinen Fall verletzen, das große Messer nur zur Einschüchterung einsetzen wollen.

Neben ihm auf der Anklagebank saß sein "bester Freund". Gemeinsam hatten sie schon oft Drogen konsumiert. Er hatte ihn auf dessen Fußweg von Dettingen nach Glatt begleitet, aber nach eigenen Aussagen und nach den Schilderungen des Täters immer wieder versucht, ihm das Verbrechen auszureden. Dies nahm auch das Gericht in seiner Urteilsfindung zur Kenntnis. Der 21-Jährige wurde der Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung freigesprochen.

Der junge Mann, der bereits zweimal zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden war, musste sich allerdings noch für andere Straftaten verantworten. Etwa für den Besitz von Amphetaminen und Diebstähle in der Dettinger Fischerhütte, die er zum Teil mit seinem 19-jährigen Kumpel begangen hatte.

Sowohl Jugendgerichtshelferin als auch Richterin Wagner stellten dem Mehrfachtäter, der zudem unter einem massiven Drogenproblem leidet, eine schlechte Prognose. Die Amtsgerichtsdirektorin führte ihm drastisch vor Augen, wie sein Leben zukünftig verlaufe, wenn er seine Einstellung nicht ändere und den Drogenkonsum einstelle. Sie brachte den er ansonsten eher cool wirkenden jungen Mann gar zum Weinen. Wagner rührten seine Tränen allerdings ebenso wenig, wie jene der beiden jungen Zeuginnen, die den Tätern zunächst ein falsches Alibi verschafft hatten. "Da kann ich Ihnen kein Mitleid entgegenbringen, höchstens ein Taschentuch."

Sowohl der Staatsanwalt in seinem Plädoyer als auch die Richterin in ihrer Urteilsbegründung machten klar deutlich, dass es sich bei dem versuchten Raubüberfall um eine sehr gravierende Tat handle, die – bei Vollendung – im Erwachsenen-Strafrecht einen Freiheitsentzug nicht unter fünf Jahren vorsehen.

"Dann wandern Sie in den Knast"

Der 21-jährige Freund des Täters wurde für seine übrigen Vergehen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Er hat die Chance auf Bewährung, wenn er sich innerhalb von sechs Monaten in einen stationäre Langzeittherapie begibt. "Wenn Sie nur eine der Auflagen nicht erfüllen, wandern Sie in den Knast". verabschiedete ihn Richterin Wagner.