Peter Vosseler und Richard Weinzierl (von rechts) werfen Stadt und Gemeinderat vor, fürs Bauernfeindmuseum zu wenig übrig zu haben. Bürgermeister Gerd Hieber (links) nimmmt dazu Stellung. Foto: Steinmetz

Peter Vosseler und Richard Weinzierl sehen mit geplantem Nutzungskonzept keine Perspektiven. Mit Kommentar

Sulz - Peter Vosseler und Richard Weinzierl haben mit dem Rücktritt gedroht: Sie sehen für das Bauernfeindmuseum keine Perspektive mehr, wenn nach dem Kauf des Gebäudes in der Unteren Hauptstraße 5 die Stadt an dem geplanten Nutzungskonzept festhält.

Wie berichtet, sind sich Stadt und Land über die Modalitäten des Hauskaufs einig geworden. Der Vertrag ist allerdings noch nicht unterschrieben.

Im Erdgeschoss des Gebäudes soll der Polizeiposten bleiben. Das wäre auch für das Museum wünschenswert. Dass aber das erste Obergeschoss, in dem sich das Notariat befand, als Wohnraum für Sozialfälle – Flüchtlinge und Obdachlose – genutzt werden soll, das halten die Museumsleiter Peter Vosseler und Richard Weinzierl nicht für vereinbar mit einem Museum – schon aus Sicherheitsgründen nicht. "Wenn das Konzept so umgesetzt wird, hören wir zum 1. Oktober auf", kündigte Weinzierl in einem "offenen Pressegespräch" im Bauernfeindmuseum an. Daran nahm neben interessierten Bürgern auch Bürgermeister Gerd Hieber teil, obwohl er eigentlich auswärtigen Besuch im Rathaus hatte.

Heftige Kritik

Für Gemeinderat und Verwaltung gab es heftige Kritik. Vosseler machte auch keinen Hehl daraus, dass er mit der Innenstadt- und Kulturpolitik nicht zufrieden ist. Es war das erste Mal, dass er sich im Ruhestand öffentlich so deutlich zur Kommunalpolitik äußerte. In den vergangenen Jahren hat sich einiges an Frust bei ihm angesammelt. Das liegt mit in der Chronologie des Bauernfeindmuseums begründet.

Vosseler erinnerte daran: 1978 hat Hugo Schmid mit den Nachforschungen zu dem in Sulz gebürtigen Orientmaler begonnen und vier Jahre später dessen Nachlass gesichert. Das erste Bauernfeindmuseum ist im alten Rathaus eröffnet worden. Schmids großer Wunsch, ein Stadtmuseum mit Bauernfeind und weiteren historischen Sulzer Themen im ehemaligen Forstamt unterzubringen, lehnte der Gemeinderat ab. Stattdessen sollte Bauernfeind im neuen Rathaus in Nebenräumen untergebracht werden. Schmid gab aus Verärgerung darüber die ihm verliehene Bürgermedaille zurück.

Vosseler, Schmids Nachfolger, gelang es, dass das Bauernfeindmuseum 2006 in das Gebäude Untere Hauptstraße 5 kam. Die Ideallösung wäre schließlich gewesen, so sahen es Verwaltung wie die Museumsverantwortlichen, das Bauernfeindmuseum im ehemaligen Textilhaus Vayhinger ein drittes Mal zu eröffnen. Das scheiterte 2018 an den zu hohen Mietforderungen des Investors. Dass der Gemeinderat nein sagte, war eine Entscheidung gewesen, die auch Weinzierl und Vosseler noch mittragen konnten. Aber das "Leuchtturmprojekt" für die Innenstadt war damit in der Sonnenstraße gestorben.

Es ging auf die Suche nach Alternativen, von denen mit der Volksbank und der Unteren Hauptstraße 5 zwei übrig blieben. Die Stadt einigte sich mit dem Land, das Gebäude für 610 000 Euro zu kaufen. 40 000 Euro fallen dabei noch als Nebenkosten an. Der Gemeinderat hat den Beschluss zum Erwerb Anfang Juni nicht öffentlich getroffen, Vosseler und Weinzierl sind lediglich informiert, aber nicht hinzugezogen worden. Das widerspreche dem ehrenamtlichen Engagement. Erschrocken sei er auch über den hohen Kaufpreis für ein "heruntergewirtschaftetes Gebäude" gewesen, teilte Vosseler weiter mit. Mehrere hunderttausend Euro müssten noch für die Sanierung aufgebracht werden.

Vorerst plant die Stadt für äußere Kosmetik und die Wohnnutzung im ersten Obergeschoss 70 000 Euro ein. Die Herstellung von Barrierefreiheit und die konzeptionelle Weiterentwicklung des Museums stehe jedoch in den Sternen. "Auf dem Rücken des Museums wird ein Loch gestopft. Wir werden hingehalten, und es geschieht nichts", ärgerte sich Vosseler. Das setze sich bei der Innenstadtsanierung fort. Die Leerstände seien im Stadtzentrum noch größer geworden. "Sehen sie mit dem Beschluss des Gemeinderats einen kleinen Schritt zur Innenstadtentwicklung?", fragte Vosseler Bürgermeister Gerd Hieber. Um hinzuzufügen: "ich nicht".

Vosseler hat an die Verwaltung ein E-Mail geschickt. Darin machte er deutlich, dass im ersten Obergeschoss mehr als 30 Menschen untergebracht werden könnten. Mit solchen Plänen werde das Museum einen deutlichen Schritt zurückgeworfen und unattraktiver. Von einem "Leuchtturmprojekt" sei nicht einmal in Ansätzen etwas zu erkennen.

Nicht nur Vosseler und Weinzierl würden zurücktreten, sondern auch das ganze Aufsichtspersonal, allesamt Ehrenamtliche. Eine von ihnen ist schon seit 23 Jahren dabei. Sie habe noch nie Angst gehabt, aber wenn künftig so viele Leute im Haus seien, würde sie nicht mehr reingehen, sagte sie.

Taten statt Worte gefragt

Der Unternehmer Volker Bertram fand, der Kaufpreis von 610.000 Euro sei ein "Bombengeschäft" für das Land. Gustav Bauernfeind müsste von Landesinteresse sein. Dessen Familiengeschichte sei einmalig. Mit dem Land müsste nochmals geredet und das Museum einen Stock tiefer neu konzipiert werden. Vosseler ist überzeugt, dass das Gebäude kostengünstiger zu erwerben wäre. Für ihn eine Frage der Verhandlung: Ihm sei es auch gelungen, den Preis für das Bundeswehrareal von sieben Millionen auf unter drei Millionen Euro zu drücken. Einmal in Fahrt wetterte er weiter gegen Verwaltung und Gemeinderat, die für Kultur wenig übrig hätten. Er nannte mehrere Beispiele. Unter anderem seien drei Kälberer-Bilder im Magazin verschwunden. Auch habe er immer wieder darauf gedrängt, Bauernfeind besser zu vermarkten. Mit dem Ergebnis: "Es geschieht nichts." Weinzierl ergänzte: "Lippenbekenntnisse" habe es genug gegeben – "wir wollen Taten sehen und keine Worte hören."

Friedrich Kopf drängte auf Ausgleich: Dem Gemeinderat sollte man es schmackhaft machen, mehr für die Kultur zu tun. Auf jeden Fall dürfe es nicht soweit kommen, dass das "Bauernfeindmuseum stirbt". Das wäre auch nicht im Sinne von Volker Bertram und am allerwenigsten im Interesse der Museumsleitung. Weinzierl: "Wir wollen, dass etwas passiert und der Gemeinderat seine Meinung korrigiert." Er befürchtet, wenn die Wohnungen in das Gebäude hineinkommen, nehmen die Eigentümer ihre Leihgaben zurück. Deshalb fordert auch Kopf, auf die Wohnnutzung zu verzichten. Dabei gehe es nicht gegen Asylbewerber.

Bürgermeister Hieber wies darauf hin, dass die Stadt für Obdachlose und die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen dringend Wohnungen benötige. Der Landkreis müsse gemietete Unterkünfte aufgeben. Das sei in Hopfau mit dem Hotel an der Glatt schon der Fall, jetzt solle der Vertrag mit dem "Schützen", in dem Flüchtlinge untergebracht seien, abgewickelt werden. Was den Kaufpreis angeht, verwies er auf ein aktualisiertes Verkehrswertgutachten. Zudem sei das Land der Stadt schon bei der Miete der Bauernfeindräume entgegengekommen. Den Vorwurf, die Verwaltung habe für Bauernfeind nichts übrig, versuchte er mit dem Hinweis zu entkräften, dass viel Energie investiert wurde, um das Museum im Vayhinger-Haus zu realiseren. Hieber: "Zu meinem Entsetzen hat uns der Eigentümer die Pistole auf die Brust gesetzt, dass man sagen musste, so geht es nicht." Er betonte auch, sich für den Verbleib des Museums in der Innenstadt eingesetzt zu haben. Vosseler blieb dabei: Hieber und der Gemeinderat stünden – von Ausnahmen abgesehen – nicht hinter Bauernfeind.

Kommentar: Zu viel Frust

Von Marzell Steinmetz

Bei Bürgermeister a. D. Peter Vosseler hat sich einiges an Frust angesammelt. Der entlud sich am Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz. Er und Richard Weinzierl hätten Fortschritte bei der Zukunftssicherung des Bauernfeindmuseums erwartet, stattdessen sehen sie Rückschritte. Sie befürchten sogar bei einer parallelen Wohnnutzung durch Obdachlose und Flüchtlinge das Aus für die Einrichtung. Ein Leuchtturmprojekt zur Innenstadtbelebung ist so in der Tat nicht realisierbar. Zumal, auch durch den hohen Kaufpreis, Sanierungen und damit eine konzeptionelle Weiterentwicklung des Museums weit nach hinten geschoben werden. So notwendig Sozialwohnungen sind: Dafür sollte die Stadt mit ihrer Wohnungsbaugesellschaft andere Objekte finden können. Der Gemeinderat ist nun aufgefordert, das Nutzungskonzept für die Untere Hauptstraße 5 zu überdenken.