Zu Besuch in Sulz: IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos-BoydFoto: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos-Boyd steht dem Teil-Lockdown skeptisch gegenüber

Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie sind notwendig. Das sieht IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos-Boyd ein. Die Krankenhäuser dürften nicht überlastet werden. "Ich glaube aber nicht, dass man mit dem Teil-Lockdown die Infektionszahlen in den Griff bekommt", sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Sulz. Birgit Hakenjos-Boyd, geschäftsführende Gesellschafterin von Hakos Präzisionswerkzeuge Hakenjos GmbH, ist seit 2018 ehrenamtliche Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg. Mit den jüngsten Corona-Beschlüssen in Berlin befürchtet sie nun nicht nur eine nachlassende Kauflaune in den Geschäften, sondern auch zunehmende Insolvenzen.

Die Gastronomie ist besonders hart durch die verschärften Maßnahmen betroffen. Wenigstens die Restaurants hätten von der Schließung ausgenommen werden können: "Da hätte ich gern einen Kompromiss gehabt", meint die IHK-Präsidentin. Die Gastronomen hätten ein Hygienekonzept, das funktioniere. Wichtig ist für sie, dass die Reisefreiheit nach wie vor gewährleistet ist und die Grenzen für die Wirtschaft offen gehalten werden.

Die Situation für die Unternehmen war schon vor dem neuen Lockdown nicht rosig. 80 Prozent hätten enorme Einbußen durch die Pandemie zu verzeichnen, zehn Prozent seien sogar insolvenzgefährdet. Dass die Kurzarbeit um ein Jahr verlängert wurde, begrüßt sie. Doch was kommt dann?

Um den tiefen Fall aufzufangen, müssten die Rahmenbedingungen richtig gestellt werden, ohne dass sich die Politik zu sehr einmische. Beispiel Homeoffice: Heimarbeit zu verordnen, hält die Unternehmerin für "Blödsinn". Sie ist auch überzeugt, dass dies nicht so weit kommt. Die Unternehmerschaft sei schon auf die Barrikaden gegangen. In ihrer eigenen Firma sei es undenkbar, dass der Arbeitsplatz von Mitarbeitern, die an Drehautomaten stehen, von der Fabrik ins Haus verlegt werden könne. "Das muss man den Unternehmen überlassen, ob sie ihre Leute ins Homeoffice schicken", erklärt sie.

"Wir haben aber auch Transformation", spricht sie den Veränderungsdruck der Automobilindustrie an. Unabhängig von Corona befürchtet sie hier vor allem bei der Zulieferindustrie in der Region Arbeitsplatzverluste. Zu sehr habe man sich auf den Elektro-Motor festgelegt, obwohl der Verbrennungsmotor, wie sie meint, weiter seine Berechtigung habe. Sie verteufelt das Elektro-Auto nicht, hält aber einen Antriebs-Mix, zum dem auch die Brennstoffzelle gehört, für sinnvoller.

Soll der Lebensstandard erhalten werden, brauche man Arbeitsplätze. Sie ist überzeugt: Bei der Bundestagswahl 2021 wird die Wirtschaftskompetenz eine entscheidende Rolle spielen.

Dass in Sulz für einen Großbetrieb ein regionales Gewerbegebiet erschlossen werden soll, kann sie unterstützen. Voraussetzung dafür seien Breitband und das Mobilfunknetz 5 G: "Das sind die Standards. Jede Region müsse darauf zurückgreifen können, damit sie nicht abgehängt wird.".

Die wirtschaftliche Entwicklung im Raum Sulz sei in den vergangenen Jahren erfreulich gewesen, stellt sie fest. Die Statistik, allerdings noch vom Jahr 2018, weist in Sulz eine steigende Zahl an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus. Auch bei den Neugründungen sehe es nicht schlecht aus. Die IHK-Präsidentin ermuntert dazu, gerade jetzt stärker den Weg in die Selbstständigkeit einzuschlagen, anstatt in der Corona-Krise arbeitslos zu werden. Die IHK biete Jungunternehmern dazu Unterstützung und Beratung an. Sie verweist dabei auf die seit etwa einem Jahr eingerichtete "Gründungswerkstatt".

Die gebürtige Schwenningerin kannte Sulz bislang kaum. Der Leiterin der Grund- und Werkrealschule sulz, Monika Schneider, hatte sie zwar schon einen Besuch abgestattet, in der Innenstadt war sie bisher noch nicht. "Ich war überrascht, wie schön es hier ist", sagt sie. Die Zeit habe es leider nicht zugelassen, noch den Wochenmarkt zu besuchen, bedauert sie.