Auf der Grünfläche an der Hörnlestraße soll die Tagespflegestätte gebaut werden. Foto: Steinmetz

Von "menschenverachtender Bemerkung" keine Kenntnis gehabt. Sachliche Argumente gegen Tagespflegestättenprojekt.

Sulz - Der Bericht in unserer Zeitung "Anwohner gegen Tagespflegestätte" vom 24. April hat zu mehreren erbosten Leserbriefen geführt. Sie richteten sich gegen die Aussage: "Noch mehr Konfrontation mit Krankheit und Verfall des Lebens". Davon distanzieren sich Anwohner der Hörnlestraße nun ganz entschieden.

Eine direkte Grundstücksnachbarin habe in einem persönlichen Schreiben an Bürgermeister Gerd Hieber diese Anmerkung gemacht. "Davon hatten wir keine Kenntnis", sagt Friedrich Kopf bei einem Pressegespräch mit unserer Zeitung, an dem auch Thomas Bätzner, Otto Klink, Ulrich Roth und Helmut Kaufmann teilnahmen. Dass diese "menschenverachtende Bemerkung" Leserbriefschreiber auf die Palme brachten, "dafür haben wir Verständnis", erklärt Kopf. Bei dem Pressegespräch bringen die Anwohner ausschließlich sachliche Gründe gegen das Bauvorhaben vor.

Der ambulante Pflegedienst und die Tagespflegestätte von Barbara Otte würden mit dem Neubau vom Stadtzentrum auf Kastell verlagert. Möglicherweise sei die Parkplatznot in der Stadtmitte mit ein Grund dafür, meint Kopf. Doch in dem Fall würde das Parkplatzproblem nun in die Hörnlestraße auf Kastell mitgenommen.

Bedenken wegen Parksituation und Größe

Auf dem Grundstück am hinteren Ende diese Sackgasse soll eine Altentagespflegestätte für 15 bis 25 pflegebedürftige Menschen und deren Betreuer errichtet werden. Gleichzeitig soll der Fuhrpark des mobilen Pflegedienstes mit etwa acht Fahrzeugen auf demselben Gelände untergebracht werden. Zwar seien zehn Parkplätze hinter dem Haus auf engstem Raum und bei nur einer Zufahrt vorgesehen, doch dies werde nicht genügen. Bereits bei der Gemeinderatsitzung wurden Zweifel geäußert, ob dies funktionieren wird.

Der Verkehr nähme jedenfalls deutlich zu: Die Pflegebedürftigen müssten täglich gebracht und wieder abgeholt werden. Hinzu kämen die Einsatzfahrzeuge und privaten Fahrzeuge der Mitarbeiter sowie Dienstleister der Tagespflegestätte. Dieser Verkehr fände an sieben Tagen in der Woche statt. Die Anwohner weisen darauf hin, dass sich bereits zwei Senioreneinrichtungen der Otte Pflege AG in der nur 300 Meter langen und 3,15 Meter breiten Sackgasse befinden. Seit 20 Jahren seien die Hausbesitzer in der Hörnlestraße sehr kooperativ und respektvoll mit den Heimbewohnern umgegangen, sagt Friedrich Kopf. Mit zunehmenden Verkehr sieht er aber eine Gefahr für Menschen, die mit dem Rollator unterwegs sind. Von der geplanten Tagespflegestätte müssten sie zuerst die Straße überqueren, um auf den gegenüberliegenden Gehweg zu gelangen. Schon heute werde links und rechts, auch auf dem einseitigen Gehweg, geparkt. Bei der unübersichtlichen Verkehrssituation würden die alten Menschen gefährdet.

Befürchtet wird auch, dass mit Altentagespflegestätte und Fuhrpark für den mobilen Pflegedienst die Hörnlestraße weiter zugeparkt wird. Krankenwagen oder im Winter der Schneepflug könnten wegen der angespannten Parkplatzsituation dann kaum noch durchkommen.

Gemeinderat diskutiert neue Tagespflegestätte

Im Gemeinderat ging es eigentlich nur um die Zustimmung zu den erforderlichen Befreiungen für den Bau der Tagespflegestätte. Der stellvertretende Stadtbauamtsleiter Michael Gunesch hatte zuvor festgestellt, dass das Bauvorhaben "als Anlage für soziale Zwecke" nach dem Bebauungsplan "Wohngebiet Süd" zulässig sei. Thomas Bätzner relativiert dies: Senioreneinrichtungen seien Ausnahmen und für das jeweilige Gebiet gedacht. Mit den vorhandenen zwei Einrichtungen sei die Versorgung bereits abgedeckt. Die neue Tagespflegestätte wäre aus seiner Sicht für ganz Kastell überdimensioniert. Der mobile Pflegedienst, wird außerdem argumentiert, sei ein Gewerbe, das in ein Misch- oder Gewerbegebiet gehöre.

Wie berichtet, hat der Gemeinderat bei zwei Enthaltungen die Befreiungen beschlossen. Das weitere Vorgehen gegen diese Entscheidung könnte sich Kopf so vorstellen, dass ein Fachanwalt handfeste Argumente der Stadt vorlegt, um auf einer rechtlichen Grundlage das Projekt zu unterbinden. "Das ist unser Ziel", erklärt Kopf. An einem Klageweg oder sogar einen "Kriegsschauplatz aufzumachen", daran sind die Teilnehmer an dem Pressegespräch nicht interessiert. Sie betonen, dass es durchaus sinnvoll sei, Altenheime und Altentagesstätte wohnortnah entstehen zu lassen. Kopf ist aber überzeugt: Wenn man nur wollte, fände man für das Bauvorhaben Otte in der Stadt ein anderes Gebiet.