Amtsgericht: Drogenabhängiger wird wegen Amphetamin-Besitzes zu Bewährungsstrafe verurteilt

Mit elf Jahren nahm er das erste Mal Drogen und hörte seitdem nicht mehr damit auf. Heute, 16 Jahre später, musste sich ein 27-Jähriger aus der Sulzer Gegend vor dem Oberndorfer Amtsgericht wegen Betäubungsmittelbesitzes verantworten.

Sulz. Keine Familie, keinen Antrieb, keine Perspektive und Drogen zu jeder Zeit verfügbar – diese Mischung brachte einen 27-Jährigen dazu, völlig den Boden unter den Füßen zu verlieren und sich ganz der Sucht hinzugeben. Er schon viele Male versucht aufzuhören, schilderte er Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer, "alleine schaffe ich es aber nicht", gestand er sich ein.

Der junge Mann geriet früh auf die schiefe Bahn. Als er noch ein Kind war, starb seine Mutter. Fortan hielt er sich in mehreren Jugendhilfeeinrichtungen und Heimen auf, holte verspätet seinen Hauptschulabschluss nach und absolvierte eine Lehre. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Sucht ihn schon fest im Griff. Er begann im Alter von elf Jahren mit Cannabis und Alkohol, konsumierte beides durchgehend bis heute.

Nach der Lehre kamen auch harte Drogen dazu. An Koks und Heroin fand der Angeklagte keinen Gefallen. Er blieb an Amphetamin hängen. "Das ist seit sechs Jahren nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken", sagte er aus. 2016 stürzte er komplett ab.

Der Konsum brachte dem jungen Mann schließlich nicht nur eine Kündigung ein, sondern auch einen Schuldenberg von bis zu 50 000 Euro. Er meldete Privatinsolvenz an, war ganz am Boden und lebte zeitweise in einer Obdachlosenunterkunft.

Aktuell bezieht er Arbeitslosengeld in Höhe von rund 1000 Euro. Um seinen Konsum zu finanzieren, dealte er mit Amphetaminen – und wurde mit 40 Gramm erwischt. Das Gericht verurteilte den damals schon Vorbestraften zu einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung.

Vergangenen September hatte die Polizei nun bei einer Wohnungsdurchsuchung sieben Gramm Amphetamin festgestellt. Zur Durchsuchung war es wegen eines von der Polizei gefundenen Unfallwagens gekommen. Den Fahrer trafen die Beamten betrunken und schlafend bei sich zu Hause an.

Weißes Pulver auf einem Tablett sowie mehrere abgeschnittene EC-Karten-Stücke brachten die Polizei auf den Verdacht, dass der 27-Jährige mit Drogen zu tun hat. Im Kühlschrank fand man dann die Menge, um die es bei diesem Verfahren ging.

Auf Fotos von der Durchsuchung musste Richter Heuer notgedrungen verzichten. Man habe keinen Fotoapparat dabei gehabt, erklärte der Polizeibeamte. Das Revier verfüge lediglich über drei Kameras, und Fotos mit dem Handy seien nicht gestattet. "Dann lieber keine?", meinte Richter Heuer kopfschüttelnd.

Der Angeklagte gab an, täglich fünf bis zehn Gramm zu konsumieren, je nach Wirkstoffgehalt und Tagesform. Die Drogen habe er unter anderem aus dem Internet bezogen. "Dort bekommt man auch einen Raketenwerfer, wenn man will", meinte er.

Bei der Vernehmung durch die Polizei hatte er damals bereits gestanden, die fragliche Menge bei einem Dealer erworben zu haben, der in Sulz ein Geschäft betreibt. Der Hinweis habe mit einigen weiteren Informationen aus anderen Richtungen dazu geführt, dass nun gegen den Dealer ermittelt wird, hieß es von der Polizei.

Angesichts der schwierigen Verhältnisse und der Tatsache, dass der Angeklagte dringend Hilfe nötig habe, plädierte der Staatsanwalt für einen "Warnschuss" in Form von einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden.

Der Angeklagte habe bisher keinen Bewährungshelfer zur Seite gestellt bekommen, bemängelte Verteidiger Martin Karsten. Er sprach sich dafür aus, seinem Mandanten die Chance zu geben, sich mit der nötigen Hilfestellung zu beweisen. "Er muss aus der Situation raus", stellte Karsten klar. "Vorher hat er es nicht geschafft. Jetzt muss er es." Der 27-Jährige habe das Problem aber erkannt und könne nun mit dem nötigen Druck auf die richtige Bahn gebracht werden, so Karsten.

Richter Heuer verurteilte den jungen Mann zu den vorgeschlagenen zwei Monaten auf Bewährung und ordnete an, ihm einen Helfer zur Seite zu stellen. Des Weiteren muss er sich einer Therapie und Suchtberatung unterziehen sowie Arbeitsstunden ableisten.

Der Angeklagte sei durch seine Suchterkrankung dazu gezwungen gewesen, illegale Wege zu beschreiten, und benötige dringend Hilfe. Eine Kriminalisierung bringe nichts, meinte Heuer. Mit einer Gefängnisstrafe sei in diesem Fall nichts gewonnen. Es sei wichtig, dem 27-Jährigen eine Perspektive zu bieten. Was er dann daraus mache, liege in seiner Hand.