Wegen "geheimdienstlicher Agententätigkeit" hat das Oberlandesgericht Stuttgart das russische Agentenpaar zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Foto: dpa

Gericht verhängt fünfeinhalb und sechseinhalb Jahre Haft wegen "geheimdienstlicher Agententätigkeit".

Stuttgart/Balingen - Ein russisches Agenten-Ehepaar muss für mehrere Jahre hinter Gitter. Wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“ verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart den Hauptangeklagten am Dienstag zu sechseinhalb Jahren und seine Frau zu fünfeinhalb Jahren Haft.

Beide haben österreichische Pässe, die sie als Heidrun und Andreas Anschlag ausweisen. Ihre wahren Identitäten kennt selbst das Gericht nicht. Nach Überzeugung des Strafsenats hatten sie hinter der Fassade einer biederen Familie mehrere hundert politische und militärpolitische Dokumente zu EU und Nato an den russischen Geheimdienst SWR geliefert. Die Papiere stammten von einem Maulwurf aus dem niederländischen Außenministerium.

Mann wurde in Balingen festgenommen

Die Eheleute, die über Jahre unauffällig in Hessen und Baden-Württemberg lebten, flogen vor eineinhalb Jahren auf: Elitepolizisten der Anti-Terror-Einheit GSG 9 hatten im Oktober 2011 im Marburger Stadtteil Michelbach in Hessen ein Einfamilienhaus gestürmt und die Frau ertappt, als sie gerade verschlüsselte Nachrichten mit einem Funkempfänger absetzen wollte. Zeitgleich wurde ihr Ehemann in seiner Zweitwohnung in Balingen festgenommen. Der Mann war bei einer Technologiefirma in Frommern beschäftigt. Selbst die Tochter der beiden wusste nichts von der Spionage-Tätigkeit ihrer Eltern.

Falsche Pässe, Kurzwellensender und verschlüsselte Nachrichten - die Beamten müssen sich in einem Agenten-Krimi gewähnt haben: Als sie die Tür zum unauffälligen, weiß getünchten Haus im hessischen Michelbach, einem Stadtteil von Marburg, aufbrachen, saß die Frau dem „Spiegel“ zufolge gerade an einem Kurzwellenempfänger. Die mutmaßliche Agentin sei so erschrocken gewesen, dass sie vom Stuhl gefallen sei und das Verbindungskabel zum PC herausgerissen habe. Damit seien auch die Verbindung und die „Aufzeichnung klandestiner Nachrichten“ abgebrochen, die mit einer Erkennungsmelodie aus dem Radio dudelten, so das Nachrichten-Magazin.

Das mutmaßliche Agentenpaar pflegte früheren Medienberichten zufolge offenbar auch intensiven Kontakt mit der 2010 in den USA aufgeflogenen russischen Spionin Anna Chapman. Die rothaarige „Agentin 90-60-90“ gilt in Russland als Medienstar.