Das kommt selten vor: Vierspurig nach München. Foto: Leif Piechowski

Eigentlich sollen zeitweise freigegebene Standstreifen auf Autobahnen die Stauprobleme lösen. Doch jetzt zeigt sich: Nicht überall ist das Konzept geeignet. Probleme wie auf der A 8 bei Möhringen drohen auch auf der A 81.

Stuttgart - Das dicke Ende kommt noch – ein treffender Spruch für die temporäre Freigabe der Standstreifen auf Autobahnen. Denn das Ende der vierten Spur vor einer Autobahnausfahrt erweist sich als gefährliche Zone. Der kreuzweise Fahrspurwechsel von Lastwagen von rechts und ausfahrenden Autofahrern von links hat dazu geführt, dass die Stauregelung auf der A 8 zwischen dem Kreuz Stuttgart und der Ausfahrt Möhringen in Richtung München nur im Notprogramm läuft. Und das von Anfang an.

Die Bilanz ist entsprechend bescheiden: Nach vier Monaten ist der Standstreifen Richtung München nur 93-mal von der Straßenverkehrszentrale als vierte Spur freigegeben worden. Zum Vergleich: In Richtung Karlsruhe gab es im gleichen Zeitraum bereits in 229 Fällen freie Fahrt. Der Grund: In Richtung München war es immer wieder zu brenzligen Situationen gekommen – die Autobahnpolizei zog die Notbremse.

„Dieses Verkehrsverhalten haben wir nicht erwartet“, bestätigt Roland Bettermann, Leiter der Abteilung Streckenbeeinflussung bei der Straßenverkehrszentrale Baden-Württemberg, „deshalb muss hier nachgebessert werden.“ Zur Überraschung der Verkehrsexperten pflegen Autofahrer an der Anschlussstelle Möhringen nämlich auch von der Mittelspur aus nach rechts in die Ausfahrt zu ziehen. Bei erlaubtem Tempo 100 und mehreren Lastwagen- oder Autofahrern, die von der Standspur nach links auf die Durchfahrtspur nach München wechseln, ein heikles Manöver. Außerdem missbrauchten Lkw-Fahrer immer wieder die Nothaltebuchten als Parkplatz.

Ausfahrtspur für sich sortierenden Verkehr schlicht zu kurz

„Die Polizei hat deshalb gebeten, die Standspur nur freizugeben, wenn es zwingend notwendig ist“, sagt Bettermann. Wenn also die Autobahn so richtig verstopft ist. Der Knackpunkt wurde von den Experten schnell erkannt: Die Ausfahrtspur ist für den sich sortierenden Verkehr schlicht zu kurz. Ganz anders in der Gegenrichtung: Die freigegebene vierte Spur endet bereits 1,3 Kilometer vor dem Autobahnkreuz Stuttgart – Zeit genug, sich neu zu orientieren.

„Da läuft es sehr ordentlich, wir sind da sehr zufrieden“, sagt Peter Zaar vom Regierungspräsidium Stuttgart, das die Oberhoheit über die Verkehrssteuerung auf den Autobahnen hat. Richtung Karlsruhe kann daher nicht nur bei Bedarf, sondern nach der Uhr freigeschaltet werden.

Die Erkenntnis, dass eine Sonderspur am Ende einen langen Auslauf braucht, stellt die Standspur-Pläne, die sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf die Fahnen geschrieben hat, freilich grundsätzlich infrage. So auch beim Projekt auf der Autobahn 81, wo zwischen den Anschlussstellen Zuffenhausen und Ludwigsburg-Nord die vierte Spur ebenfalls als Reserve freigeschaltet werden soll. Der Start verzögert sich dort, weil die Anschlussstelle Ludwigsburg-Süd erst einmal umgebaut und die Verbreiterung der Standstreifen noch genehmigt werden muss. Die Schilderbrücken stehen bereit – bis 2015 wird dort aber nur „Außer Betrieb“ zu lesen sein.

Sind die Messstationen etwa nicht an der richtigen Stelle?

Die Erweiterung des Standspur-Konzepts auf der A 8 zwischen Flughafen und Denkendorf ist ebenfalls für 2015 geplant. Doch ehe die Verkehrsexperten daran denken können, muss erst einmal das Problem Anschlussstelle Möhringen gelöst werden. „Das ist sehr komplex“, sagt Sprecher Zaar. Neue Fahrbahnmarkierungen sind nur ein Teil der Maßnahmen.

Die Verkehrssteuerung vom Kreuz Stuttgart Richtung München ist bisher nur bedingt tauglich. Bisher galt, dass 5500 Fahrzeuge pro Stunde die Öffnung der vierten Spur erfordern. „Diese Belastungszahlen müssen geändert werden“, sagt Zaar. Und nicht nur das: Offenbar ist die Messung des Verkehrsaufkommens auf der A 8 Richtung München lückenhaft. Die erhobenen Daten reichen offenbar nicht, um auf jedem Abschnitt das richtige Tempolimit zu finden.

Sind die Messstationen etwa nicht an der richtigen Stelle? „Das wird noch nicht optimal erfasst“, sagt Zaar, „mittelfristig müssen deshalb wohl neue Querschnitte installiert werden“, sagt Zaar. Der Grund: „Am Ende dünnt der Verkehr relativ schnell aus, weil die Autofahrer sich Richtung München und B 27 verteilen“, so der Sprecher.

Die Folge: Die Anlage zeigt hinten ein zu geringes Tempolimit an, obwohl die Strecke vorne schon wieder frei ist. „Das führt dazu, dass sich viele nicht mehr an das Tempolimit halten“, so Zaar, „dadurch entstehen neue Gefährdungen.“ Und wohl auch die Blitzlichtgewitter an der Überwachungsanlage.