Bei der Bank of America bekommen nur die Besten ein Praktikum. War der Druck für einen jungen Studenten aus Baden-Württemberg zu groß? Foto: dpa

Tot gearbeitet? Ein aufstrebender junger Mann aus dem badischen Staufen stirbt während seines Bank-Praktikums in London. Der 21-Jährige soll oft rund um die Uhr geschafft haben.  

London/Staufen - Im mysteriösen Todesfall eines Praktikanten aus dem badischen Staufen in der Londoner City könnte es erst in einigen Wochen Klarheit über die Ursachen geben. Es werde vermutlich drei bis vier Wochen dauern, bis die Ergebnisse der Blutuntersuchungen vorlägen, sagte ein Sprecher der Gerichtsmedizin in London am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Der Tod des jungen Mannes werde nicht als verdächtig behandelt, zurzeit seien keine weiteren Ermittlungen vorgesehen. Auch die Londoner Polizei Scotland Yard betonte, man gehe nicht von verdächtigen Umständen aus.

Der 21 Jahre alte Praktikant bei der Bank of America Merrill Lynch war am vergangenen Donnerstag tot in seiner Wohnung in London aufgefunden worden, die er für den Sommer gemietet hatte. Mehrere Medien berichteten, er habe in den Wochen davor zeitweise tagelang nicht geschlafen und unzählige Überstunden gemacht, um bei der Bank positiv aufzufallen und sich einen Job zu sichern.

"Immer alles zu 100 Prozent gemacht"

In Staufen, wo der junge Mann das Gymnasium besucht hat, ist die Anteilnahme groß. „Er war ein zielstrebiger junger Mann, gewissenhaft und sehr kommunikativ“, sagte der inzwischen pensionierte Lehrer Winfried Sturm. „Er hat immer alles zu 100 Prozent gemacht.“

Nicht bestätigte Quellen sprachen auch davon, er sei Epileptiker gewesen und habe einen Anfall gehabt. Ein Sprecher der Bank erklärte, der Tod des jungen Mannes habe die Belegschaft tief getroffen. „Er war sehr beliebt, und ein fleißiger Praktikant in unserem Unternehmen mit einer vielversprechenden Zukunft.“ Man sei in Gedanken bei der Familie.

Tagelang durchgearbeitet?

Auf Internetforen hieß es, seine Mitbewohner hätten ihn tot in der Dusche gefunden, nachdem er tagelang durchgearbeitet hatte. Ein Praktikant, der seinen Namen nicht nennen wollte, sagte der Zeitung „The Independent“, im Investmentbanking-Sektor seien Überstunden und extrem lange Arbeitszeiten bei Praktika gang und gäbe. „Man macht das nur zehn Wochen lang, deshalb wird es allgemein akzeptiert. Die Leute beschweren sich nicht, weil der potenzielle Gewinn so groß ist. Wir kämpfen um sehr gut bezahlte Jobs.“

Praktikanten in entsprechenden Positionen verdienen laut „Independent“ bis zu 2700 Pfund (3160 Euro) pro Monat. Besonders gefürchtet seien die sogenannten „Magischen Kreisverkehre“. Dabei bringe ein Taxi die Praktikanten nach einer durchgearbeiteten Nacht nach Hause. Dort könnten sie sich kurz duschen und umziehen, bevor der Wagen sie wieder zurück ins Büro fahre.

Die britische Zeitung „Evening Standard“ zitierte aus einer Internet-Anzeige des Gestorbenen. Darin beschrieb er sich als „extrem wettbewerbsorientiert und ehrgeizig“. Neben seiner Ausbildung soll der junge Mann auch als Tennisspieler Erfolge gefeiert und in der Jungen Union in seiner Region aktiv gewesen sein, hieß es.