Die Reichsflagge wurde auch bei der Erstürmung der Reichstagstreppen im August geschwenkt. In Straubenhardt wurde sie in dieser Woche kurz gehisst. Foto: dpa/Fabian Sommer Foto: Schwarzwälder Bote

Aufreger: Unternehmer hisst Flagge in Straubenhardt

Straubenhardt. Gezielte Provokation: Ein Unternehmer hat auf seinem Firmengelände in Straubenhardt die umstrittene Reichsflagge gehisst – in direkter Nachbarschaft zu einer Sammelstelle für Flüchtlinge. Polizei und Gemeindeverwaltung sind die Hände gebunden, denn in Baden-Württemberg ist die schwarz-weiß-rote Fahne noch nicht verboten. Der Unternehmer habe mit der Aktion ein Zeichen gegen die Migrationspolitik der Bundesregierung setzen wollen. Inzwischen wurde die Reichsflagge jedoch wieder abgenommen.

Anwohner hatten in dieser Woche die Polizei darauf aufmerksam gemacht, sagte Simone Unger, Pressesprecherin des zuständigen Präsidiums in Pforzheim, im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Die Polizei sei ausgerückt, habe vor Ort aber festgestellt, dass keine Straftat begangen wurde. Unger: "Wir können nichts dagegen tun."

Die Reichsfahne war zunächst von 1867 bis 1871 die Fahne für Kriegs- und Handelsschiffe des Norddeutschen Bundes.

Symbol der Reichsbürger

Anschließend wurde sie bis zum Ende der Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg Nationalflagge Deutschlands. Die Weimarer Republik führte 1919 die heute verwendete Farbkombination Schwarz-Rot-Gold ein, ehe die Nazis übergangsweise von 1933 bis 1935 wieder die Reichsflagge als zusätzliche Nationalfahne verwendeten – bis das Hakenkreuz dazu kam.

Heute ist die Reichsflagge ein Symbol der sogenannten Reichsbürger, die sich nicht zur Bundesrepublik zugehörig fühlen und oft dem rechtsradikalen Spektrum zugeordnet werden. So war auch im August bei der Erstürmung der Reichstagstreppen in Berlin ein schwarz-weiß-rotes Fahnenmeer zu sehen. Als bislang einziges Bundesland hat Bremen im September das Zeigen der Reichsflagge unter bestimmten Voraussetzungen verboten. Weitere Bundesländer wollen nachziehen, auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gehört zu den Befürwortern eines Verbots.

In Straubenhardt hatte Bürgermeister Helge Viehweg (SPD) das Hissen der Reichsflagge scharf verurteilt. Er nannte die Aktion "ein unerträgliches Zeichen" und kritisierte: "Nicht alles, was erlaubt ist, sollte man auch tun." Die Gemeindeverwaltung habe geprüft, ob man die Reichsflagge aufgrund der Nähe zur Flüchtlingsunterkunft abhängen lassen könne, was nach einer rechtlichen Prüfung nicht möglich gewesen sei. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten sagte Viehweg, dass man den Unternehmer direkt angesprochen habe und die Fahne nun abgenommen sei. Reaktionen aus der Bevölkerung habe es laut dem Bürgermeister bislang keine gegeben.

Der Unternehmer hat laut Medienberichten verlauten lassen, politisch nicht rechts eingestellt, aber ein "Patriot" zu sein. Seine Frau habe sich von den in der Nachbarschaft untergebrachten Flüchtlingen bedroht gefühlt, heißt es.