Vorfreude aufs Happiness Festival ... Foto: Alisia Sina Wagner

Veranstalter gewährt Blick hinter die Kulissen. Feine Sahne Fischfilet, Bosse und Alligatoah kommen.

Straubenhardt - Ende Juni findet das diesjährige Happiness Festival in Schwann statt. Doch bereits jetzt laufen die Vorbereitungen für die aufwendige Kulisse auf Hochtouren. Veranstalter Benjamin Stieler arbeitet parallel sogar schon am Festival für 2020.

Es ist ein unscheinbares Gebäude in das der Veranstalter des Happiness-Festivals eingeladen hat. Es steht inmitten einer Ein-Familien-Haus-Siedlung am Rande eines Feldes und wirkt so unscheinbar, dass es darin beinahe untergeht. Von außen sieht es eher aus, wie ein halbes Wohnhaus, weil die Dachflanke auf der einen Seite so steil abfällt, dass man glauben könnte, der Architekt hätte die andere Hälfte des Gebäudes schlicht vergessen mit unter das Dach zu stecken. Jedenfalls macht das Haus mit der Holzfassade nicht den Eindruck eines Lagers. Doch genau das war der Begriff, den Benjamin Stieler verwendete: "Lager".

Die Vorarbeit

Vor dem Haus stapeln sich in einer Hofeinfahrt meterlange Holzbretter, die mehrere junge Männer von Zeit zu Zeit ins Innere holen. Dort schrauben sie in einer großen Werkstatt im unteren Bereich des Gebäudes an großen Holzgestellen, die aussehen wie Bettkästen. "Das wird unsere neue Bar", erklärt Stieler stolz und zeigt auf seinem Smartphone einige Bilder, wie diese am Ende aussehen könnte. "Bei uns ist alles handgemacht mit sehr viel Liebe zum Detail", berichtet der 32-Jährige. "Unsere Tickets sind aus Stoff, unsere sämtlichen Stände, die vielen Sitzbänke sowie die Beschilderung und die Fahnen auf dem Gelände haben wir selbst aus Holz und Leinen hergestellt – diese Optik ist unser Markenzeichen."

All der Aufwand nur für ein dreitägiges Festival? "Ja", erklärt der Veranstalter, "unsere Besucher sollen sich wohlfühlen, das ist das oberste Ziel. Das Festival lebt von ihnen, wenn sie sich irgendwann nicht mehr wertgeschätzt fühlen oder sogar abgezockt, dann kommen sie auch nicht mehr."

Der Veranstalter

Darum arbeitet Stieler inzwischen auch Vollzeit an dem Projekt. Ihm zur Seite steht mit einer Auszubildenden, einem Grafiker und einem Pressebetreuer, die überwiegend vom Karlsruher Büro aus arbeiten, auch ein kleines, festes Team von Freunden, die das Festival schon seit jeher mittragen und ihn hauptsächlich in der Werkstatt unterstützen. "Unter der Woche bin ich in der Werkstatt allerdings meist alleine, maximal zu zweit", berichtet der 32-Jährige ¬– weil seine Kumpels alle "krasse Jobs" hätten. Doch am Wochenende treffe sich die "ganze Bande". "Dann bereiten wir gemeinsam die Kulissen vor, trinken Bier, grillen und spinnen ein wenig miteinander rum", ergänzt Stieler lachend. Dann wird der Veranstalter wieder ernst: "Ich habe mein ganzes Leben nach dem Happiness ausgerichtet." Eigentlich sei er gelernter Zahntechniker und habe bis vor wenigen Jahren auch als solcher gearbeitet. Irgendwann habe er dann aber ein BWL-Studium aufgesattelt und seinen Job an den Nagel gehangen. Weil man die Bands rechtzeitig vorher buchen müsse, suche Stieler jetzt schon welche für das kommende Jahr. "Richtig frei habe ich daher nie", sagt er, "nach dem Festival muss ich zunächst die ganze Abwicklung nachbereiten und direkt im Anschluss geht auch schon die Vorbereitung mit Agenturgesprächen und der Buchung von Bands wieder los."

"Klar" sei es auch anstrengend selbstständig zu sein, aber das habe Stieler vorher schon gewusst – seine Eltern sind ebenfalls selbstständig. "Dafür mache ich halt das ganze Jahr das, was mir Spaß macht", fügt der 32-Jährige lächelnd hinzu. Und man glaubt ihm das. Stieler trägt Vollbart, dazu einen schwarzen Kapuzenpullover, enge Röhrenjeans und aufgerissene Vans. Wenn er nicht der Veranstalter wäre, könnte er genauso gut einer der vielen Festival-Gäste sein. "Klar, mache ich auch mal Urlaub. Aber dann bin ich halt eine Woche auf Mallorca und reise nicht fünf Wochen umher", so der Happiness-Veranstalter. Er brauche eben immer Internet, auch wenn er wisse, dass die Welt sich "wahrscheinlich auch weiterdrehen würde", wenn er mal eine Weile offline wäre. "Das traue ich mich aber irgendwie noch nicht", ergänzt er selbstkritisch.

Dann führt er über eine Holztreppe, die ebenfalls nach Marke Eigenbau aussieht, in den oberen Bereich des Gebäudes, der bis unter den Giebel beladen ist mit vollgestellten Regalen. "Das hier ist eines unserer Lager", erklärt Stieler, "hier liegt das Zeug, das auf keinen Fall nass werden darf", und zieht aus dem Regal einen Lüfter für den Backstage-Bereich. "Außerdem bedrucken wir hier unsere Leinen." Anschließend zeigt der 32-Jährige das Festival-Gelände: Es ist ein idyllisches Plätzchen, diese riesige Wiese nördlich von Schwann, die umgeben von Feldern und Wald ist. Angesichts der Ruhe, kann man nur jäh erahnen, wie es auf dem trichterförmigen Areal zugehen muss, wenn ein musikalischer Hochkaräter auf der Bühne steht. "Und von hier kommen dann die Lastwagen, die die Bühne liefern", erzählt Stieler, zeigt auf einen schmalen, geschotterten und steil abfallenden Weg und muss selbst ein wenig schmunzeln. Kaum vorstellbar, wie die Organisation dieses Mega-Events in dem Dorf funktioniert, das selbst nur etwa ein Viertel so viele Einwohner hat, wie Festival-Gäste kommen.

Das Festival

Denn in diesem Jahr erwartet Stieler am Wochenende vom 11. bis zum 13. Juli 11 000 Besucher auf dem Festival Gelände im Tal zwischen Feldrennach, Arnbach und Schwann. "Wir haben uns mit der Stadt irgendwann mal auf diese Personenanzahl verständigt", erzählt der Veranstalter, "perspektivisch könnte man aber weit mehr als diese 11 000 Besucher zulassen."

Heuer treten Größen wie "AnnenMayKantereit", "Alligatoah", "SDP", "Feine Sahne Fischfilet", "Bosse" und "Nura" auf – insgesamt sind es 20 Künstler und Gruppen. "Wir haben ein ganz gutes Gespür für Künstler", sagt Stieler, "wir hatten seit 2013 eigentlich jedes Jahr einen Act dabei, der kurz danach durch die Decke gegangen ist." Vielleicht ist das auch der Grund, warum das Happiness-Festival so beliebt ist. Denn bereits eine Woche nach Festival-Ende seien bereits 70 Prozent der Tickets für das kommende Jahr schon wieder verkauft – ohne dass die Käufer wissen, welche Musiker kommen werden. "Häufig schlagen auch Besucher Künstler vor", berichtet Stieler, "ich versuche dann, ein Gefühl dafür zu bekommen, was die Masse möchte, und versuche das auch umzusetzen."