Der "Schulerhof" – hier eine stimmungsvolle Aufnahme aus den 1920er-Jahren. Heute ist er das Gebäude Gartenstraße 6. Foto: Privatbesitz/Vorlage: Stadtarchiv Schramberg

Im Volksmund heißt er schon so – nun bald auch offiziell: Ein Teil der Brunnengasse in Sulgen soll in "Schulerweg" umbenannt werden. Über den zweiten Teil des Beschlussvorschlag freuen sich vor allem Navi-Benutzer oder Paketzusteller.

Schramberg-Sulgen - Der Stadtteil Sulgen ist bald um ein bisschen Brunnengasse ärmer. Ein Teil soll umbenannt werden. Dabei handelt es sich um das Verbindungsstückchen zwischen Gartenstraße (neben der Kreissparkasse) und Sulgauer Straße (genau gegenüber der Grund- und Werkrealschule). Dort, in zweiter Häuserreihe, befindet sich das Gebäude Gartenstraße 6 – der ehemalige "Schulerhof".

Seltenheit in Sulgen

Das mehr als 250 Jahre alte Gebäude sei, betont die Stadt in der Beschlussvorlage für den heute tagenden Technikausschuss, "eines der wenigen historischen Gebäude, das im Zentrum des Stadtteils erhalten geblieben ist". Im September vergangenen Jahres seien Familienangehörige des einstigen Besitzers Gottlieb Schuler mit dem Wunsch an die Stadt Schramberg herangetreten, die bisherige Brunnengasse, an der sich der "Schulerhof" befindet, in "Schulerweg" umzubenennen.

Gottlieb Schuler (1882 bis 1959) war zur damaligen Zeit ein stadtbekannter Landwirt, Bienenzüchter, Fleischbeschauer und Säger im Sägewerk Fader. Zudem führte er ab 1931 eine Kunstdünger- und Landesproduktehandlung. "Auf Gottlieb Schuler ist die Bezeichnung des Gebäudes zurückzuführen", erklärt die Verwaltung. Bereits heute, so die Stadt weiter, scheine das betreffende Flurstück inoffiziell als "Schulerweg" bekannt zu sein. Die offizielle Bezeichnung soll nun ausgewiesen werden.

Altes geht immer mehr verloren

Die Umbenennung werde aus historisch-kulturellen Gründen begrüßt. Im Unterschied zu anderen Stadtteilen sei die Ortsgeschichte in Sulgen "nur wenig präsent und geht in einer modernen Siedlung aus Gewerbe- und Wohngebieten immer mehr verloren". Eine offizielle Bezeichnung des bisher lediglich im Volksmund bekannten Wegs "ist daher für die Erhaltung der Historie in Sulgen von großer Relevanz". Die Stadtverwaltung schlägt zudem vor, die neue Bezeichnung durch das Anbringen einer Informationstafel visuell erkennbar zu machen. Diese diene der Erläuterung der Örtlichkeit und deren Historie.

Fehler im Kataster

In "Schulerweg" soll der nördliche Fußweg hin zur Sulgauer Straße benannt werden – dadurch ergäben sich keine Adressänderungen. Der südliche befahrbare Teil zur Gartenstraße hin, bei dem neben dem "Schulerhof" noch ein weiteres Gebäude steht, soll ebenfalls umbenannt werden. Denn obwohl diese Gebäude offiziell in der Gartenstraße liegen, sei das Flurstück im Liegenschaftskataster fälschlicherweise der Brunnengasse zugeordnet. Dieser Fehler sei nun erst bei der Recherche zu erwähntem Sachverhalt aufgefallen.

Nicht teuer

Daher schlägt die Stadtverwaltung vor, diese südliche befahrbare Straße des Verbindungsstücks in Gartenstraße umzubenennen. "Dies erleichtert das Auffinden der bereits bestehenden Adressen. Eine Beschilderung ist entsprechend anzubringen", so der Vorschlag.

Teuer wäre die Maßnahme nicht: So werden Kosten in Höhe von maximal 500 Euro veranschlagt – für ein neues Straßenschild "Gartenstraße", eine Informationstafel "Schulerweg" sowie das Anbringen der Beschilderung durch den Bauhof.

Info: D’Kräz-Beitrag

Die Geschichte des "Schulerhofs" wurde von Alt-Stadtrat Hubert Haas in der "D’Kräz" Nummer 37 aus dem Jahr 2017 dargestellt. Zur ersten Erwähnung beschrieb Haas: "Dokumentiert ist, dass der Schneider Georg Wößner (...) das Haus am 27. Juni 1818 an seinen Schwiegersohn, den Schullehrer Johannes Hils (...) verkauft hat. Offensichtlich konnte der Schullehrer, der damals allgemein nur sehr wenig verdiente, das Haus nicht halten." So habe er das Gebäude 1829 mit Feldern an den Schreiner Christian Wößner verkauft – der später Schultheiß von Sulgau wurde.

Sehr oft, schrieb Haas, wurden die Anwesen früher wegen Not und Hunger als einzige Möglichkeit in der Familie oder auf die Kinder aufgeteilt. Wasser-, Weg- und sogar Weiderechte wurden dann meist ohne urkundliche Regelung gemeinsam genutzt. "Dies ging meistens in der ersten Generation gut, so lange alle einig waren" – führte aber in der Folge oft zu Konflikten. Um die genauen Besitzverhältnisse zu ordnen und zu dokumentieren, wurde in ganz Württemberg – so auch in Sulgau – von 1843 bis 1847 ein Primärkataster angelegt. Dieses bestätigte Christian Wößner, der ebenfalls in solche Streitigkeiten verwickelt war, als Besitzer.

Enkelin des Schultheiß heiratet den Namensgeber

Von ihm übernahm Tochter Christina das Haus, das damals noch in der Weyhergasse lag. In zweiter Ehe heiratete sie Andreas Fader; Tochter Sophie heiratete ihrerseits Gottlieb Schuler, nach dem das Gebäude bis heute benannt ist. Dieser war neben seinen vielen Tätigkeiten in der Gemeinschaft auch im Haus selbst nicht untätig, baute es um: "Seine kunstvollen Fähigkeiten in der Holzbearbeitung bewies er dabei in der Erstellung eines besonders schönen Treppenhauses", schrieb Haas.

Seine 1931 eröffnete Kunstdünger- und Landesproduktehandlung wurde nach Schulers Pensionierung von Schwiegersohn Wilhelm Goehringer übernommen und um 1970 aufgegeben. Der Beitrag in der "D’Kräz" schließt mit: Im ehemaligen Bauernhof Gartenstraße 6 wohnt nun seit mehr als 30 Jahren die Familie Liebermann. "Vermutlich handelt es sich neben dem Pfarrhof um eines der ältesten Wohngebäude auf dem Sulgen."