Im Leben von Andrea Metzger spielt das Schaf eine wichtige Rolle, sowohl bei ihrem eigenen Mode-Label als auch auf ihrem Landgut Untere Mühle. Die Gastronomie bietet Leckeres aus der Region, die Hotelzimmer sind liebevoll eingerichtet. Foto: Rapthel-Kieser/Landgut Untere Mühle

Landgut Untere Mühle in Straßberg: von der Hofstelle zum Hotel mit Wollmanufaktur, eigenem Modelabel und Laden.

Straßberg - Im Landgut Untere Mühle in Straßberg, einer der ältesten urkundlich erwähnten Hofstellen des Zollernalbkreises, dreht sich alles ums Schaf. Auf den Frühstücks-Kaffeetassen ist eine Schafherde abgebildet, vor dem Anwesen grasen schwarze Merinos, die Gäste können im Restaurant auch Gerichte wie Schafskäse, Lammbraten, Lammcurry und Lammkotelett genießen und sich anschließend in ihren Betten in den Zimmern, Suiten und Ferienwohnungen in kuschelige, organisch produzierte und natürlich hergestellte Schafswolldecken hüllen. Wer es rustikal-romantisch liebt, kann die Nacht in einem originalen Schäferkarren direkt am idyllisch gelegenen Flüsschen Schmeie verbringen.

Dort erinnert fast alles daran, dass die Schwäbische Alb mit ihren kargen Böden einst eine Hochburg der deutschen Schäferei war. Der genügsame Vierbeiner lieferte nahrhaftes Fleisch, seine Wolle war Einnahmequelle, und die großen Herden waren Landschaftspfleger der so typischen Wacholderheiden, die oftmals karg waren und wenig für den andernorts einträglicheren Anbau von Getreide taugten.

Für die 53-jährige Inhaberin des Landguts Untere Mühle, Andrea Metzger, haben die Schafe deswegen bis heute nichts von ihrer hohen Symbolkraft eingebüßt. Gerne erzählt die Tierärztin und Kommunalpolitikerin ihren Gästen beim Gläschen Wein von jener Zeit, als noch 40 000 Schafe durch Straßberg getrieben und in der Schmeie gebadet wurden.

Tierärztin übernahm Wanderschäferei 1991

Alte Archive erwähnen die Hofstelle erstmals 1340. Sie gehörte einst dem Frauenstift Bad Buchau, dann der Adelsfamilie Thurn und Taxis und kam schließlich 1840 in Privatbesitz. 1912 produzierte die Mühle an der Schmeie erstmals Elektrizität. Die alten Kassenbücher, Archive und viele Fotos hat Andrea Metzger aufbewahrt, die Gebäude der Hofstelle in Anlehnung an die Familientradition aber in ein idyllisches Vier-Sterne-Hotel mit Zimmern, Suiten, Ferienwohnungen, einem Landgasthaus mit Wollmanufaktur und Hofladen umgewandelt.

Andrea Metzger ist auf dem Landgut mit der Wanderschäferei und der jetzt denkmalgeschützten Mühle aufgewachsen. Sie hat Tiermedizin studiert, übernahm 1991 die Wanderschäferei ihres Vaters und baute sich auf dem Anwesen eine Tierarztpraxis auf. 1998 hat sie den Betrieb auf ökologischen Landbau umgestellt, fünf Jahre später erhielt sie das Bioland-Zertifikat. Bis 2009 hielt sie annähernd 1000 Schafe auf den Weiden rund um Straßberg. In ihrer Manufaktur, dem Hofladen und dem Hotel legt sie Wert auf nachhaltig Produziertes, auf Erzeugnisse aus der Region.

Ihr Mann Armin ist Küchenchef im Landgasthof und räumt bei seinen Lammgerichten mit einem alten Vorurteil auf: dass reiferes Fleisch stärker nach Schaf schmecken muss. Angelehnt an die südfranzösische Küche lässt er das Fleisch gut abhängen, legt es in Milch oder Wein ein, mariniert es mit Kräutern. "Das Lammcurry ist eigentlich unser Renner", kommentiert er die Speisekarte, die auch gut Schwäbisches wie Maultaschen, Wurstsalat, Kässpätzle und Rostbraten bietet.

Aber nicht nur wegen der guten und außergewöhnlichen Küche ist das Landgut Untere Mühle über die Region hinaus bekannt. Das Anwesen ist mittlerweile ein beliebter Anziehungspunkt für Wanderer, Kletterer, Radfahrer und Reisende im Südwesten. Wer will, kann sich über das Landgut gleich den Bike-Guide mit dazu buchen und die Gegend mit dem Fahrrad erkunden oder mit Alb-Guide Sabine Froemel auf eine ausgedehnte Wandertour zwischen der Zollernalb, dem Schmeietal und dem Naturpark Untere Donau aufbrechen.

Vor einigen Jahren wurde die Umweltschutz-Organisation Greenpeace auf Andrea Metzger und ihre extensive, ökologische Schafhaltung aufmerksam und nahm ihre Schlaf- und Kamindecken sowie die Kissen als Alternative zu den meist weniger tierfreundlich produzierten Gänsedaunen ins Greenpeace-Warenhaus auf. Es folgten Fernsehinterviews sowie zahlreiche Veröffentlichungen in überregionalen Magazinen. Denn: Der Beruf des Wanderschäfers mag für viele der Inbegriff von Romantik und Naturnähe sein – er bleibt aber trotz moderner Hilfsmittel und landwirtschaftlicher Maschinen hart und ist heutzutage kaum mehr rentabel.

Auch deswegen hat das Landgut Untere Mühle zuerst die eigene Schafswoll-Produktion und jetzt die anderer ökologischer Schafsbetriebe in seiner Wollmanufaktur direkt vermarktet. Statt sie wenig gewinnträchtig an Großhändler zu verkaufen, wird sie ohne Chemikalien umweltverträglich und schonend mit Soda gewaschen und in einem traditionellen Handwerkerbetrieb schließlich verarbeitet. "Da wird nichts in China genäht – das wird alles möglichst regional gefertigt", erläutert Andrea Metzger ihre Philosophie. Das Wasserwalkverfahren, in dem die Wolle nur mit Wasser und Dampf behandelt wird, sorgt dafür, dass sie temperaturausgleichend bleibt, vor Hitze und Kälte schützt und angenehm zu tragen ist.

Die ökologisch produzierte Wolle erfreut sich deswegen als edler Stoff wieder zunehmender Beliebtheit. Deswegen hat das Landgut Untere Mühle auch gleich sein eigenes Modelabel gegründet, die "Landgut Moden", bei denen die Walkjacken, Ponchos, Mäntel oder Filzprodukte von einer Schneiderin auf Maß angefertigt werden.