Knapp 400 000 9-Euro-Tickets wurden bislang in Berlin verkauft. Bei der VGC im Kreis Calw waren es 547. Foto: Skolimowska/dpa

Seit Mitternacht kann das 9-Euro-Ticket genutzt werden. Wie lief der Vorverkauf im Kreis Calw? Und was passiert, wenn Fahrgäste aufgrund von Verspätungen nachts irgendwo hängen bleiben? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Startschuss.

Kreis Calw - Es ist ein richtiger Run, der auf die 9-Euro-Tickets stattfindet: Bereits sieben Millionen dieser Sonderfahrkarten, mit denen man ab dem 1. Juni einen Monat lang für neun Euro den Nahverkehr in ganz Deutschland nutzen kann, sind bundesweit bereits verkauft worden – allein in Berlin fast 400 000. In manchen Städten richtete die Deutsche Bahn sogar separate Verkaufsstellen in ihren Reisezentren ein, weil der Ansturm so groß war. Und doch gibt es bereits Kritik: Neben der Sorge vor überlasteten Zügen ist da vor allem die Irritation, welche Züge man genau mit dem 9-Euro-Ticket nutzen kann, denn es ist nicht in jedem Regionalexpress gültig. Zudem bleibt die Frage, in wie weit bei Verspätungen die EU-Fahrgastrechte einforderbar sind.

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Wie lief der Vorverkauf des 9-Euro-Tickets im Kreis Calw?

An die knapp 400 000 Tickets aus Berlin kommt die Verkehrsgesellschaft Bäderkreis Calw (VGC) natürlich nicht heran. Geschäftsführerin Gisela Volz bezeichnet die Nachfrage jedoch auch im Kreis Calw als groß. Stand Montag verkaufte die VGC exakt 547 Tickets – knapp die Hälfte davon in ihrer Geschäftsstelle in Calw, alle anderen in Linienbussen. Tatsächlich gingen im Kreis Calw aber wohl noch deutlich mehr 9-Euro-Tickets weg, denn Volz zeigt auf: "Die Verkaufszahlen aus den Bahn-Automaten sind in dieser Statistik nicht enthalten." Übrigens: Die Tickets sind weiterhin erhältlich und können auch erst bei Fahrtantritt gekauft werden.

Werden die 9-Euro-Ticket-Besitzer aus dem Kreis Calw viele Ausflüge unternehmen?

Das weiß man bei der VGC noch nicht genau. Volz: "Auf jeden Fall ist man auch bei der VGC gespannt, wie nach dem Kauf die Tickets genutzt werden – ob hauptsächlich im Freizeitverkehr oder doch auch dafür, das Auto stehen zu lassen und für die Alltagswege den öffentlich Nahverkehr zur nutzen. Dann wäre die Aktion tatsächlich ein Baustein zur angestrebten Verkehrswende."

Genau wie die DB-Reisezentren an den großen Hauptbahnhöfen hatte jedoch auch die VGC in den vergangenen Tage alle Hände voll zu tun, in ihrer Geschäftsstelle Fragen zu Ausflügen zu beantworten. "Der Informationsbedarf ist groß", sagt Volz und schmunzelt: "Viele können es immer noch nicht glauben, dass das Ticket im Nahverkehr in ganz Deutschland gilt." Fragen würden sich vor allem auf Gruppenfahrten beziehen. Volz erklärt daher noch einmal: "Für die Bahnen ist grundsätzlich keine Gruppenreservierung möglich. Im Busverkehr müssen Gruppen ab zehn Personen angemeldet werden, aber eine Mitnahmegarantie besteht trotzdem nicht. Die Beförderung von Fahrgästen ist nur im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten möglich."

Dürfen Fahrräder mitgenommen werden?

Volz warnt: "Schwierig kann es werden, wenn auch Fahrräder mitgenommen werden. Deshalb werden diese in Verbindung mit dem 9-Euro-Ticket nicht kostenlos befördert, sondern es muss der normale Tarif entrichtet werden. Bei Platzproblemen gilt immer: Fahrgäste im Rollstuhl und mit Kinderwagen haben Vorrang."

Dürfen alle Nahverkehrszüge mit dem 9-Euro-Ticket genutzt werden?

Nein – und das ist ein großer Kritikpunkt am 9-Euro-Ticket. In Zügen, die von der DB Fernverkehr AG betrieben werden, ist es nicht gültig. Doch darunter fallen nicht nur die klassischen Fernverkehrszüge wie ICE, Intercity und Eurocity, sondern auch Zwitter, die sowohl eine Intercity- als auch eine Regionalexpress-Zugnummer haben. Ein solcher ist etwa auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und dem Bodensee unterwegs. Für ihn wurde zwar eine Sonderregelung getroffen, damit man ihn auch mit dem 9-Euro-Ticket nutzen kann, für andere Zwitter in Deutschland gilt das jedoch nicht. Wichtig ist, in der Online-Fahrplanauskunft darauf zu achten, ob ein Zug für das 9-Euro-Ticket freigegeben ist. Schaffner könnten sich kulant zeigen, damit rechnen darf man allerdings nicht. Es droht eine Strafe von 60 Euro als Schwarzfahrer.

Greifen die EU-Fahrgastrechte?

Gerade im ländlichen Raum können Zugverspätungen zu einem großen Problem werden. Wer dadurch seinen letzten Anschluss verpasst, könnte an einem Bahnhof stranden. Für Fahrgäste aus dem Kreis Calw könnten das vor allem zwei Bahnhöfe sein: Pforzheim, wo der letzte Zug in den Kreis Calw samstags um 23.52 Uhr abfährt, und Horb, wo dies bereits um 22.08 Uhr der Fall ist.

Allerdings: Die EU-Fahrgastrechte gelten auch beim 9-Euro-Ticket. Eine Sprecherin der DB-Pressestelle in Stuttgart bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion: "Im Falle von Zugverspätungen oder Zugausfällen von Nahverkehrszügen, die zu einer Verspätung am Zielbahnhof von mindestens 20 Minuten führen, haben Reisende mit 9-Euro-Ticket das Recht, auch einen Fernverkehrszug zu nutzen.

Hierfür ist zunächst eine Fernverkehrsfahrkarte zu erwerben. Die Fahrkosten werden im Nachgang durch das Service-Center Fahrgastrechte erstattet." Nicht bauen können Besitzer von 9-Euro-Tickets jedoch auf die sonst übliche Entschädigung von 25 Prozent des Ticketpreises ab 60 Minuten Verspätung. Die Bahn-Sprecherin: "Dies entspricht beim 9-Euro-Ticket einem Wert von 2,25 Euro. Der Gesetzgeber sieht allerdings vor, dass eine Entschädigung erst ab einem Wert von vier Euro gezahlt wird."