Auch in Lübeck kommt Klaus Pfaff vorbei.Foto: Pfaff Foto: Schwarzwälder Bote

Stadtradeln: Aichhalder legt mehr als 2000 Kilometer mit dem Rad zurück / Entlang der früheren innerdeutschen Grenze unterwegs

Es ist geschafft: Nach 17 Tagen, 2002 Kilometern und 11 957 Höhenmetern ist Klaus Pfaff an der Ostsee angekommen. Sein 15 Jahre altes Mountainbike hat ihm dabei gute Dienste erwiesen.

Aichhalden. Klaus Pfaff unterstützt mit seiner Anreise nach Rügen als "Stadtradel-Star" Aichhalden bei der bundesweiten Aktion (wir berichteten). Er hat damit fleißig Kilometer für die Kommune gesammelt. Auf seinem Weg hat Pfaff vieles erlebt. Über seine Reise bis nach Hessen haben wir bereits berichtet. Bis zum Ziel an der Ostsee gab es für den begeisterten Radler noch einiges zu sehen.

Eiserner Vorhang

Der "Iron Curtain Trail" (zu Deutsch: Eiserner-Vorhang-Weg) verläuft durch mehrere Länder entlang der Grenze zwischen den Warschauer-Pakt-Staaten und dem Westen – in Deutschland entlang der innerdeutschen Grenze von Hof nach Travemünde, erklärt Pfaff. Er stieg in Geisa nahe Fulda ein – bis Travemünde hatte er noch stolze 800 Kilometer vor sich.

Anfangs hatte er Schwierigkeiten, den Weg zu finden, weil er nicht gerade gut beschildert ist – und auch das Navi machte nicht immer, was es sollte: "Bei Touren von mehreren hundert Kilometern stößt es an seine Grenzen. Aber nach gutem Zureden, nach Streckenberechnungen so um die 15 Minuten und etlichen Fehlermeldungen schien es letztendlich doch zu funktionieren, was eine große Hilfe war." So erreichte Pfaff doch den "Point Alpha", einen "Posten, von dem aus die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg die DDR beobachteten". Entlang der früheren Grenze gibt es immer wieder Museen und Mahnmale, welche an den Kalten Krieg und deren Opfer erinnern sollen. "Es war schon beklemmend zu lesen, wie viele Menschen in einem relativ kurzen Grenzabschnitt entweder schwer verletzt oder gar ums Leben kamen und wie ausgefeilt die Grenzanlagen waren", schildert Pfaff seine Eindrücke.

Zick-Zack-Kurs

Von Thüringen nach Travemünde 800 Kilometer: "Wie kann das sein, wo doch zwischen Flensburg und Garmisch ›nur‹ 1100 Kilometer liegen?". Die Frage, die sich Pfaff zu Beginn der Reiseplanung gestellt hatte, konnte er sich schnell beantworten: "Der ›Iron Curtain Trail‹ führt meist sehr nah an der früheren innerdeutschen Grenze entlang und macht einen unglaublichen Zick-Zack-Kurs." Abwechselnd wird in den alten und neuen Bundesländern gefahren. "Man hat das Gefühl man fährt weit, aber ist dennoch nur einen Landkreis weiter gekommen", erzählt der Aichhalder. Es ging durch die Rhön, den Thüringer Wald sowie den Harz, "was viele Höhenmeter bedeutete und Körner kostete", berichtet er von den Anstrengungen. Die wurden dadurch vergrößert, dass er oft auf unbefestigten Wegen oder DDR-Grenzwegen mit holprigen Betonplatten unterwegs war. Diese waren vermutlich für Militärfahrzeuge okay, aber weniger gut für seinen "Zweirad-Lastwagen", meint er.

Belohnt wurde er mit viel idyllischer und ungestörter Natur. "Es gibt wahrscheinlich wenige Gegenden in Deutschland, wo die Landschaft so naturbelassen ist – mit allen Vor- und Nachteilen", erklärt Pfaff. Obwohl die Reise durch die deutschen Mittelgebirge "mitunter recht anstrengend war", gab es auch Phasen, wo der Radweg an Flüssen entlang verlief, vorbei an Auenlandschaften und Seen.

Zelt aufgeschlagen

Mit den letzten Ausläufern des Harzes wurde die Strecke flacher. Was blieb: "Viel Natur und lange Wege durch Gegenden, in die sich nicht so viele hin verirren". Auf der Suche nach Bäckern, Metzgern oder Lebensmittelgeschäften gab’s für Pfaff von den Einheimischen "oft ein mitleidiges Kopfschütteln, die Erfolgsquote bei der Herbergssuche war noch bescheidener" – im Westen aber besser als in der früheren DDR. Pfaffs Beobachtung: "Außerhalb großer Städte oder touristischer Hotspots haben sich die Lebensverhältnisse keinesfalls angeglichen. Straßen sind im Osten oft noch schlecht, vernünftige Radwege – Fehlanzeige." Mehrere Male packte Pfaff daher sein Zelt aus.

Zu schnell unterwegs

Ziemlich flach wird die Landschaft dann etwa ab 300 Kilometer vor Travemünde – und auch das Bild ändert sich. Pfaff sieht etliche Windräder und zunehmend Klinker-Häuser. Bei Schnakenburg erreichte er die Elbe, an der er ein gutes Stück entlang radelte.

Während der ganzen Tour hatte er sein Ziel fest im Hinterkopf: am 11. Juli auf Rügen sein. Im Schnitt musste er daher rund 100 Kilometer am Tag fahren. Im Lauf der Reise legte er daher einen Zahn zu, um ein Zeitpolster für Regenphasen aufzubauen. Und auch, um an Essen zu kommen, war er manchmal länger unterwegs. Es gab Tage, da legte er bis zu 180 Kilometer zurück. So schön die Natur unterwegs war, die Versorgungsengpässe machten Pfaff bisweilen "etwas mürbe".

Groß war daher die Freude, als der Extremsportler die Hansestadt Lübeck erreichte. Damit war er auch nur noch 40 Kilometer von Travemünde und der Ostsee entfernt. "Ein weiteres klares Indiz, dass ich auf meiner Reise Richtung Norden Fortschritte machte", war das "Moin" mit dem er inzwischen von anderen begrüßt wurde.

Dass Pfaff so schnell unterwegs war, bescherte ihm letztlich ein Luxusproblem: Er könnte "zu früh" in Rügen eintreffen. "Ich hatte nun die Wahl, entweder mein Tempo deutlich zu drosseln oder meine Routenplanung zu erweitern."

Das letzte Stück von Lübeck nach Travemünde fuhr Pfaff erneut entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Auf dem letzten Stück wurde die Landschaft "erstaunlicherweise wieder etwas hügeliger". Dann erreichte Pfaff "endlich die Ostsee". Sein Fazit zum "Iron Curtain Trail": ein etwas anderer Radweg, geprägt von viel Natur, von deutsch-deutscher Geschichte und teilweise unwegsamem Gelände, der einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Interessante Abstecher

Ab Travemünde ging’s für Pfaff auf dem Ostsee-Küstenradweg weiter bis Wismar und von dort über Kühlungsborn und Heiligendamm. Oft fuhr er tatsächlich nahe an der Küste, wechselte aber auch immer wieder mehr ins Landesinnere. Die Landschaft war jetzt "völlig anders, aber auch sehr schön". Weil Pfaff gut in der Zeit lag, machte er einige interessante Abstecher – zum Beispiel zur Halbinsel Poel, Rostock oder die Naturschutzgebiete bei Darß und Zingst. Außerdem meldete er sich für eine Brauereibesichtigung an.

Das Ziel erreicht

Auf seiner Schlussetappe radelte Klaus Pfaff von Stralsund über den alten Rügendamm, der auch für Fahrradfahrer befahrbar ist. "Um die Zeit sinnvoll zu nutzen, drehte ich noch eine große Schleife auf Rügen, besuchte das altertümliche Fischerdorf Vitt und Kap Arkona mit seinem Leuchtturm an der Nordspitze der Insel – der nördlichste Punkt der ehemaligen DDR –, bevor es an meinen eigentlichen Zielort ging." Wie geplant kam der Extremsportler dort am Sonntag gegen 13 Uhr an seiner Unterkunft an.

Mit allen Umwegen und Extratouren standen am Ende gut 2000 Kilometer und knapp 20 000 Höhenmeter auf dem Tacho. "Mein 15 Jahre altes Mountainbike hat sein Bestes gegeben, mir treue Dienste geleistet und mich ohne technische Defekte ans Ziel gebracht. Wie man sieht, muss es nicht immer Hightech-Ausrüstung sein, sondern so eine Tour geht auch mit einem ganz normalen und relativ alten Rad", resümiert der begeisterte Radfahrer.

Die kommenden Tage will Klaus Pfaff zwar noch die ein oder andere Erkundungsfahrt auf Rügen unternehmen, sich aber "ansonsten mehr der Erholung widmen".