Mit sinkender Inzidenz, ist auch das Erlernen eines Musikinstments wieder möglich. Die Musikschule freut’s. (Symbol-Foto) Foto: © natalialeb – stock.adobe.com

Lange Zeit galt das gemeinsame Musizieren und Singen als einer der großen Corona-Ansteckungsherde. Fernunterricht statt Bläserklasse war daher über viele Monate die Devise. Eine kraftraubende Zeit, wie Gabriele Hammen, die Leiterin der Rottweiler Musikschule, betont. Die finanziellen Auswirkungen sind derweil noch gar nicht abschätzbar.

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Rottweil - Während des vergangenen Corona-Jahres waren Instrumental- und Gesangsunterricht über Fernunterricht hinaus so gut wie nicht möglich. Die Nachwuchsgewinnung musste gar komplett auf Eis gelegt werden. "Ich bin sehr stolz auf unsere Lehrkräfte, aber auch auf unsere Schüler und ihre Eltern, die gemeinsam das Beste aus der Situation gemacht haben", sagt Gabriele Hammen, Leiterin der Rottweiler Musikschule. Dabei wirbelte die Kurzfristigkeit des Inkrafttretens der vielen Corona-Verordnungen so manches Konzept durcheinander. "Das hat uns immer wieder vor Herausforderungen gestellt, und in zunehmenden Maße stellt sich mir bei manchen der neueren Regelungen die Sinnfrage."

Lob für die Lehrer

Die Vorgaben etwa, dass für die Teilnahme an praktisch jeder außerschulischen Bildungs- und Freizeitaktivität negative Testergebnisse eingefordert werden, habe für Probleme gesorgt. Dann wurde von Seiten des Landes nachgebessert (wir berichteten). Dennoch bleibt es dabei: Die Ergebnisse der häusliche Corona-Testung der Kindergartenkinder ab sechs Jahren durch die Eltern werden nicht für außerschulische Bildungs- und Freizeitangebote anerkannt. "Hier hätte ich mir deutlich mehr Vertrauen in die Eltern gewünscht, welche bereits über ein Jahr mit die Träger der Hauptlasten der notwendigen pandemiebedingten Reglementierungen sind", sagt Hammen.

Doch zunächst sei es der Online-Unterricht gewesen, der für die Lehrer manche Tücke bereitgehalten habe. "Die Lehrkräfte haben in diesem Jahr unglaublich viel geleistet, um nach Beginn des ersten Lockdowns Mitte März 2020 schnellstmöglich einen qualifizierten Fernunterricht anbieten zu können." Weil die Unterrichtsräume der Musikschule in dem ehemaligen Klostergebäude in der Hochmaiengasse nicht über die notwendige technische Ausstattung verfügen, machten die Lehrer von zuhause aus den Fernunterricht möglich. "Sie haben damit entscheidend dazu beigetragen, Schülerbindungen aufrecht zu erhalten und die Entgeltverluste der Musikschule zu begrenzen. Hier wurde von den Lehrkräften auch finanziell teilweise erheblich investiert."

Zunächst sei die neue Unterrichtsform recht ungewohnt gewesen, doch Schüler und Eltern hätten sich darauf eingelassen. "Und zum Ende der letzten Musikschulschließung hatten wir über Zweidrittel unserer Instrumental- und Gesangsschüler im Online-Unterricht", freut sich Hammen. "Letztendlich waren viele Schüler froh, dass sie in der eintönigen Zeit des Lockdowns wenigstens diese Ansprache hatten."

Dennoch habe "unendlich viel" von dem gefehlt, was das Musikschulleben eigentlich ausmacht, "was Kinder und Jugendliche motiviert, Musik zu machen und was nicht zuletzt auch öffentlichkeitswirksam wird", betont Hammen. Der Unterricht mit Musikgruppen und Orchestern war den größten Teil des Jahres untersagt, und vor allem Konzerte und Auftritte waren nicht möglich – und sind es auch jetzt noch nicht. "Dies fehlt nicht nur den Musizierenden selbst schmerzlich, sondern hat auch unmittelbare Folgen für die Entwicklung unserer Schülerzahlen, denn unsere Schüler sind unsere besten Werbeträger", betont Hammen. Ihr Beispiel sei es, das Kinder motiviere, selbst ein Instrument zu erlernen oder zu singen.

"Hinzu kam, das lange nach dem ersten Lockdown bestehende Verbot, in Räumen der allgemeinbildenden Schulen zu unterrichten. So haben wir gut aufgebaute Bläserklassen verloren, aus denen dann folgerichtig kaum Kinder in den weiterführenden Unterricht wechselten", erklärt Hammen.

Mit Anfängern einzusteigen sei zwar nicht explizit verboten gewesen, aber praktisch nicht umsetzbar. "Ein bereits gut eingespieltes Lehrer-Schüler-Team kann für eine Weile vom Präsenzunterricht in den Onlineunterricht wechseln. Aber mit einem sechsjährigen Anfänger kann ein Unterricht so nicht begonnen werden."

Zudem, so Hammen, könne man es den Eltern auch nicht verübeln, dass in der gerade für die Familien sehr anstrengenden Zeit der Lockdowns und dazwischen der Fokus nicht unbedingt auf dem Erlernen eines Musikinstrumentes lag. "Die Umstände haben für die Musikschule zur Folge, dass die Belegungen in der instrumentalen und vokalen Ausbildung deutlich zurückgegangen sind. Dies neben den Einnahmeausfällen aus den Zeiten der Lockdowns ein weiterer sehr kritischer Punkt in Hinblick auf das Finanzierungsgefüge nicht nur unserer Musikschule", betont die Leiterin.

Nicht nur deshalb habe sie sich von Seiten der Politik mehr Vertrauen in die Arbeit der Musikschulen gewünscht. "Bereits für die Öffnungsphasen im vergangenen Jahr haben die Musikschulen tragfähige Hygiene- und Abstandskonzepte entwickelt und auch hinlänglich erprobt. Meines Wissens ist während dieser Zeit von Musikschulen kein Infektionsgeschehen ausgegangen. Warum die Musikschüler jetzt zusätzlich zu den von uns selbstverständlich weiter durchgeführten Maßnahmen Testergebnisse vorweisen und mit Mundschutz im Instrumentalunterricht sitzen müssen, erschließt sich mir nicht", sagt Hammen.

Welche Auswirkungen das vergangene Jahr auf die Zukunft der Musikschule und deren Personal hat, ist derzeit nicht abschätzbar. Sehr viel werde davon abhängen, ob es jetzt gelinge, "von der Bundesregierung bis zum Bürger" die Pandemie soweit zurückzudrängen, dass es im Herbst nicht von Neuem losgeht.

Stabilisierung als Ziel

"Ein Schuljahr, oder gerade noch das zweite, können die Städte die finanziellen Belastungen durch Entgeltausfälle und rückläufige Schülerzahlen vielleicht noch schultern", erklärt Hammen. Die Stadt Rottweil etwa habe die finanziellen Folgen bisher beispielhaft abgefedert und die coronabedingten Einnahmeausfälle der Musikschule 2020 übernommen. Auch der jüngste Gemeinderatsbeschluss zur Entgeltanpassung für das kommende Schuljahr ziele in erster Linie auf die Stabilisierung der Musikschule ab.

"Angesichts der sehr angespannten städtischen Haushaltslage war zwar im vergangenen Dezember ein Grundsatzbeschluss zur Erhöhung des Kostendeckungsbeitrags durch die Entgelte ergangen. Dennoch ist der Gemeinderat unserer Bitte gefolgt, die Anpassungen für das kommende Schuljahr wegen der Pandemiesituation auf das unumgängliche Maß zum Ausgleich der Kostensteigerungen zu beschränken", erläutert Hammen.

So steigen die Musikschulbeiträge für Kinder und Jugendliche zum kommenden Schuljahr durchschnittlich um etwa zwei Prozent, "wobei die rhythmisch-musikalische Früherziehung und die für den Anfangsunterricht wichtigen Gruppenunterrichtsformen weniger belastet sind als der Einzelunterricht mit längeren Unterrichtszeiten".

Zudem könne der Ensemble- und Ergänzungsunterricht für die Instrumental- und Gesangsschüler ohne zusätzliche Kosten besucht werden. "Wir hoffen, dass dieser wichtige Teil der musikalischen Ausbildung nach der Corona-Pause wieder rege in Anspruch genommen wird."