Ein Mann will im Wald bei Peterzell einen Wolf gesehen haben. (Symbolfoto) Foto: hkuchera – stock.adobe.com

Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt nimmt sich eines Hinweises aus St. Georgen an.

St. Georgen - Geht der Wolf in St. Georgen um? Ein Leser ist sich sicher: Er will eines der Raubtiere am Peterzeller Waldrand gesehen haben. Doch ein Experte erklärt, dass es selbst Profis schwerfällt, einen Wolf eindeutig von anderen Tieren zu unterscheiden.

Es oder besser gesagt er ist eines der derzeit heiß diskutierten Themen im Land: der Wolf. Immer wieder schafft er es in die Schlagzeilen. An einem Tag sind sich in Stuttgart die Parteien über den Umgang mit den Vierbeinern uneins, am anderen Tag wird eine neue Sichtung publik. Blickt man nur auf das noch laufende Jahr, liegt die Zahl der gemeldeten Sichtungen in ganz Baden-Württemberg bereits im dreistelligen Bereich.

Knapp ein Jahr nach einer Wolfssichtung im benachbarten Vöhrenbach meldet sich nun ein St. Georgener zu Wort. Seine Annahme: In Peterzell habe sich ein Wolf herumgetrieben. "Auf der Wiese in der Nähe vom Klärwerk und dem alten Freizeitheim war ein großes Tier unterwegs", schildert Robin Kieninger. "Es war meiner Meinung nach größer als ein Fuchs und hatte auch nicht so einen langen Schwanz."

Dass es schwierig ist, eine solche Sichtung zu verifizieren, erklärt Wildtierökologe Johannes Erretkamps. Er arbeitet bei der in Freiburg angesiedelten Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg. "Wir kümmern uns um das landesweite Monitoring für Luchs und Wolf", sagt er. In der FVA laufen alle Fäden zusammen, hier wird Kieningers Beobachtung basierend auf den vorliegenden Informationen kategorisiert.

Je nach Fall werde entschieden, ob man einen Vor-Ort-Termin brauche, um die Sachlage zu klären. Beispiele hierfür seien auch Meldungen von gerissenen Wildtieren, bei denen dann genetische Untersuchungen möglich sind. Schwierig werde es, wenn wie im Falle von Peterzell nur die Beschreibung des Gesehenen und kein weiterer Beweis für die Sichtung vorliegt. "Wenn Meldungen an einem Ort nicht ganz gehäuft vorkommen, fahren wir nicht sofort raus", erklärt Erretkamps. Für St. Georgen, so seine Kollegin Laura Huber-Eustachi, wurden dieses Jahr bislang keine Beobachtungen bei der FVA gemeldet. Kieningers Sichtung wäre damit die erste.

"Eine Sichtung gehört zur Kategorie ›am wenigsten gesichert‹", erläutert Erretkamp. Und ergänzt: "Die Unterscheidung zwischen einem Wolf und einem Hund ist selbst für Experten sehr schwierig." Gerade bei gerissenen Tieren könne es sich auch um einen wildernden Hund handeln. "Was für uns sehr hilfreich ist: Handy zücken, Bild oder Video machen. Dann haben wir was, das können wir anschauen, damit arbeiten", sagt Erretkamps. Neben der schwierigen Unterscheidung gibt es noch ein ganz anderes Problem: Fakenews. "Wir erhalten auch Bilder aus ganz anderen Gegenden, zum Beispiel Niedersachsen", erzählt er.

Für die FVA sind daher vor allem andere Nachweisarten, etwa Kotfunde oder Bilder von Fotofallen wichtig. Grundsätzlich müsse jegliche Information gesammelt und gesichert werden. Des Weiteren gelte es bei Fotos, den Ort zu verifizieren sowie anhand besagter Nachweise den Wolf zweifelsfrei zu identifizieren. Ansonsten gilt laut dem Experten laienhaft ausgedrückt: "Könnte sein, könnte auch nicht sein".

Ob sich die Zahl der Sichtungen durch die Präsenz in den Medien gesteigert hat? Genaue Angaben kann die FVA nicht machen, doch Erretkamps räumt ein: "Es gibt schon einen gefühlten Zusammenhang zwischen Berichterstattung und Sichtungen." Dies sei aber nicht zuletzt auch auf die erhöhte Aufmerksamkeit der Bevölkerung zurückzuführen.

Trotz der geringen Anzahl bestätigter Sichtungen betonen beide die große Bedeutung von Meldungen aus der Bevölkerung. Deshalb werde auch die Sichtung aus St. Georgen sorgfältig geprüft. Denn, so Huber-Eustachi: "Jede Meldung ist ein wertvoller Beitrag für das Monitoring von Luchs und Wolf."

Im laufenden Jahr wurden der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg für das gesamte Bundesland 252 Sichtungen gemeldet. Als solche werden alle Beobachtungen mit oder ohne Fotos gewertet. Lediglich drei Sichtungen zeigten laut FVA einen Wolf. 38 dieser Meldungen waren anhand der Beschreibung oder den bei der Beobachtung gemachten Fotos eindeutig keinem Wolf zuzuordnen und wurden daher als negativ abgeschlossen. Alle übrigen sind als nicht- überprüfbare Hinweise in die Datenbank aufgenommen worden.

Im Schwarzwald-Baar-Kreis wurden im Jahr 2018 bislang insgesamt 16 Meldungen mit Wolfsverdacht nach Freiburg weitergegeben. Alle diese Hinweise waren nicht überprüfbar oder konnten durch Überprüfung, etwa durch Fotos, als falsch erkannt werden. Dies war etwa der Fall bei zwei Sichtungen mit Handyfotos im Oktober aus Donaueschingen und Villingen-Schwenningen, auf denen einmal ein wolfsähnlicher Hund und einmal ein Fuchs zu erkennen waren.

In St. Georgen ist die in Peterzell gemeldete, mutmaßliche Sichtung die erste des Jahres.