Müll, wo man hinblickt: Achtlos wird der Unrat im Grünen entsorgt. Foto: Monika Mauch

Zahl wilder Müllkippen wächst. Organisationseinheit ermittelt Täter.

St. Georgen - Müll, wo man hinblickt: Eine erboste Leserin zeigt mit Fotos, die sie über den Sommer gesammelt hat, wie viel Abfall in St. Georgen illegal entsorgt wird. Polizei, Landratsamt und Stadt können derweil nur bedingt etwas dagegen tun.

Monika Mauch hat die Nase gestrichen voll. Sie sitzt in den Redaktionsräumen des Schwarzwälder Boten und macht ihrem Unmut Luft. In der Hand hält sie ihr Handy, nach und nach zeigt sie die Fotos, die sie schlussendlich dazu brachten, sich an die Zeitung zu wenden: Verrostete Fahrräder, alte Farbeimer, ein Stapel Holzpaletten. "Es ist schlimm", murmelt sie währenddessen und schüttelt den Kopf.

Mauch wohnt auf der Seebauernhöhe, nutzt das viele Grün in Laufnähe für Spaziergänge mit ihren Hunden. Doch immer wieder stößt sie dabei auf Szenen der Verwüstung, die sie zur Weißglut treiben. "Es ärgert mich, jeder denkt nur noch an sich", sagt sie. Immer wieder melde sie der Stadt die verschmutzten Stellen. Doch kaum angezeigt, entdeckt sie schon den nächsten Müllberg.

Bei der Stadtverwaltung weiß man um diese Sorge. Laut Markus Esterle, Leiter der Bürgerdienste, gehen wöchentlich Hinweise von Bürgern ein. "Es wird zunehmend zu einem Problem, und wir sehen das Ganze kritisch", betont er. Brennpunkte seien etwa die Hiesemicheleshöhe oder der Wagschachenparkplatz. Doch die Stadt habe kaum Handlungsspielraum, könne nur an die Vernunft der Bürger appellieren. Der Bauhof sei oft damit beschäftigt, den Müll fremder Menschen zu entsorgen. In extremen Fällen werde auch geprüft, ob man den Unrat jemandem zuordnen kann oder man erstatte Anzeige.

Bei der Polizei kümmert sich die Organisationseinheit Gewerbe und Umwelt um wilde Müllablagerungen. Das Spektrum der Fälle, die in das Gebiet der Organisationseinheit fallen, ist breit: Es reicht von Gewerbeverstößen, etwa die Kontrolle von Spielhallen, über Straftaten im Lebensmittelrecht, beispielsweise Gruppenerkrankungen durch verdorbene Lebensmittel, bis hin zu besagten Verstößen im Umweltbereich.

Für die Polizei reicht laut Ralf Noe, Leiter der Einheit, der Anfangsverdacht einer Ordnungswidrigkeit, um tätig zu werden. "In der Regel werden Sachverhalte durch Behördeninformationen, durch die Polizeileitzentrale oder Polizeidienststellen bekannt. Teilweise werden wir auf Sachverhalte auch selbst aufmerksam", erklärt Noe. Bei Umweltsachverhalten sei dann eine gemeinsame Kontrolle oder ein Ortstermin mit der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde notwendig. "Zusätzlich besteht für uns im Umweltbereich die Polizeihubschrauberstaffel für sogenannte Umweltflüge zur Verfügung, da insbesondere Abfallablagerungen oft nur aus der Luft entdeckt werden können", gibt Noe Einblick in die Arbeit der Beamten.

Wie genau die Polizei in den einzelnen Fällen vorgeht, ist aufgrund der Individualität der Fälle nicht pauschal zu beantworten. Doch die Aufklärungsquote von 90 Prozent zeigt, dass die Ermittlungen der Beamten oft von Erfolg gekrönt sind. Laut dem Polizeipräsidium Tuttlingen wurden vergangenes Jahr im Zuständigkeitsbereich des St. Georgener Reviers insgesamt elf Umweltstraftaten erfasst.

Ob St. Georgen ein Brennpunkt für Müllablagerungen ist, vermag Noe nicht zu bewerten. In der Bergstadt, so seine Erfahrung, sei die Bevölkerung vor allem bezüglich Gewässerverunreinigungen sehr aufmerksam. "Solche Sachverhalte werden in der Regel umgehend der Polizei gemeldet, sodass durch die Behörden und die Feuerwehr frühzeitig Maßnahmen zur Gefahrenabwehr oder Beseitigung der Schäden eingeleitet werden konnten", erklärt er.

Die Organisationseinheit Gewerbe und Umwelt ging aus dem früheren Wirtschaftskontrolldienst bei den Polizeidirektionen hervor. Nach dessen Zerschlagung übernahmen auch die Landratsämter einen Teil der Aufgaben. Kristina Diffring vom Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis erklärt zu den Fällen, die das Amt statt die Polizei bearbeiten: "Sofern es sich nicht um gefährliche Abfälle oder überdimensionale Mengen handelt, gibt das Amt für Abfallwirtschaft die Meldung an die jeweilige Kommune weiter." Der Landkreis habe mit allen 20 Kommunen eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach diese die Abfälle auf ihrer Gemarkung abholen und kostenlos bei den Entsorgungsanlagen abgeben dürfen.

Das Landratsamt siedelt St. Georgen im Hinblick auf illegale Müllablagerungen im Mittelfeld an. "In den vergangenen Monaten ist der Eindruck entstanden, dass die Fallzahlen steigen", gibt Diffring eine allgemeine Einschätzung ab. Durch den dadurch entstehenden Mehraufwand steigen laut Diffring auch die Ausgaben in diesem Bereich – schlussendlich werde das über Gebühren von der Allgemeinheit ausgeglichen.

Das Ärgerliche daran: Das Landratsamt vermutet, dass viele Müllsünder mit ihren Taten schlichtweg Kosten sparen wollen. "Oftmals scheuen diese Personen die höhere Gebühr für eine größere Mülltonne, oder, wenn es sich nur um Einzelfälle handelt, die Kosten von 5,30 Euro für einen sogenannten Restmüll-Mehrbedarfssack, der dann zur vollen Mülltonne hinzugestellt werden darf."

Wie Esterle meint auch Diffring, dass man dem Abfall nur schwer Herr werden könne: "Illegale Müllablagerungen sind kaum zu verhindern." Man habe eine Infrastruktur geschaffen, die es den Bürgern ermöglicht, viele Abfälle kostenlos einer Verwertung zuzuführen. Diese müsse einfach nur genutzt werden. "Es ist allemal bequemer, im Recyclingzentrum die Waschmaschine vom Auto in den bereitstehenden Container zu befördern, als diese mühsam in den Wald zu bugsieren", betont Diffring.

Es ist einer der Gründe, der auch Mauch so wütend macht: Die Entsorgungsmöglichkeiten sind da, doch genutzt werden lieber Wiesen und Wälder. Für sie ist das auch auf die Faulheit mancher Menschen zurückzuführen, was sie als Hundehalterin nicht zuletzt beim Thema Kotbeutel immer wieder feststelle. Mauch könnte ewig so weitermachen, Beispiele nennen, Fotos zeigen. Fest steht: Sie will nicht damit aufhören, die Fälle zu melden und die Stimme zu erheben. "Mein Mann sagt immer, lass die Finger davon. Aber wenn keiner mehr etwas sagt – was dann?"