Die "Systemkritik des Kunstbetriebs" ist Thema einer Ausstellung bei Global Forest. Foto: Schwarzwälder Bote

Kunst: Patrick Fabian Panetta und Thomas Geiger präsentieren ihre Werke

St. Georgen. Eine auf den ersten Blick spartanische Ausstellung von Patrick Fabian Panetta und einen Vortrag zu "Pinkeln in der Öffentlichkeit" von Thomas Geiger zeigte Global Forest dieser Tage in St. Georgen.

Hannah Eckstein begrüßte die Gäste. Sie beschrieb Panettas Arbeit als "eher systemkritisches Werk" und "Bestandsaufnahme des Kunstgeschehens". Sein Werk zeige 80 Videoarbeiten und stelle die Frage, ob man das Kunstwerk in der Realität überhaupt noch sehen müsse.

Die Ausstellung bestand lediglich aus zwei Monitoren und einer Videopräsentation, die Webseiten von Galerien zeigte. Hinter dem "Zusammenschnitt von Einzelarbeiten" sah Panetta die Frage, welchen Raum Kunst bedienen möchte. Deren "Warencharakter" beschrieb er mit einem vor einer Kiste drapierten Display.

Ein weiterer Gesichtspunkt seiner Präsentation war Nachhaltigkeit. In der aktuellen Diskussion sei es ziemlich fragwürdig, ein Objekt mehrmals um die Welt zu fliegen, nur damit es jemand betrachten könne.

In Geigers Werk gehe es derweil um menschliche Handlungen und Interaktionen, besonders jene, in denen sich gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Diskurse manifestierten, so Eckstein. Geiger zeigte öffentliche Urinale aus aller Welt und deren mengenmäßiges Ungleichgewicht bezogen auf Männer und Frauen. Öffentlicher Raum sei männlich dominiert. Auch dürften Männer häufig umsonst pinkeln, Frauen müssten bezahlen. In den USA gebe es die Bewegung "Potty Parity", die diesbezügliche Gleichheit anstrebe.

Geiger sprach von einer "Form von Diskriminierung" und zeigte Einrichtungen und Erfindungen, die entgegenwirken sollen. So zum Beispiel das "Lapee" von Gina Perier, ein spezielles Pissoir für Frauen oder das "Shewee" von Samantha Fountain, das Frauen das Urinieren im Stehen ermöglicht.

Eigentliches Thema Geigers war die "Ökonomisierung des Pinkelns". Urin war ihm zufolge früher ein wertvoller Rohstoff, der zum Beispiel zum Bleichen genutzt wurde. 1928 führte ein amerikanischer Geschäftsmann öffentliche Toiletten für Frauen ein, mit dem Hintergrund, sie zu längerem Einkaufen zu verleiten. Davor sei es unüblich gewesen, dass Frauen ihr Geschäft außer Haus verrichten.

Toiletten an Autobahnraststätten wurden laut Geiger ursprünglich vom Staat betrieben und waren kostenlos. Heute verlange ein Privatunternehmen für die Benutzung Geld.

Geiger beschrieb eine Zukunft, in der Bürger für jeden Toilettengang bezahlen. Unternehmen in England führten ihm zufolge geneigte Toiletten ein, die dafür sorgen dass Arbeitnehmer nicht lange darauf sitzen können. Ein Start-Up nutze Urin mittels Bakterien, um Brennstoffzellen zu betreiben. Es gebe 4,2 Milliarden Menschen ohne Zugang zu sauberen Toiletten. Folge seien Infektionskrankheiten und dadurch verursachte Todesfälle.

Schließlich ging Geiger auch auf das Pinkeln in der Kunstgeschichte ein und zeigte verschiedene Arbeiten, die sich zum Teil darin äußern, dass Personen gegen Kunstwerke urinierten. Zu seinem Thema verfasste er ein Buch, das auch in der Stadtbibliothek ausleihbar ist.

Die Ausstellung der Präsentation Panettas ist noch bis 16. Februar zu sehen. Besichtigungstermine sind nach Vereinbarung möglich.