Freiwilligendienst: Simon Weisser verbringt Weihnachten in Lima / Mitarbeit in katholischer Pfarrgemeinde

Von Dieter Vaas

Weihnachten zieht es viele in die Heimat. Für den Bergstädter Simon Weisser wäre der Weg zu weit. Er lebt als einer von 15 Freiwilligen der Erzdiözese Freiburg für ein Jahr in Lima/Peru. Sein Hauptziel ist, Kinder zum Lesen zu bringen und ihre Kreativität zu fördern.

St. Georgen. Fast zwölf Stunden dauerte im vergangenen Spätsommer der Hinflug. Nach dem fast unendlichen Blau des Atlantiks und dem Grün der Wälder in Südamerika war der Sonnenuntergang über dem Amazonas dabei der Höhepunkt. Doch bis Lima mussten sich die Fluggäste noch weitere Stunden gedulden. Am Ziel angekommen, ging es in einem kleinen Bus zur Pfarrgemeinde Jesus Obrero. Dort wartete ein zehntägiges Einreiseseminar. Mittlerweile war die Gruppe bereits 24 Stunden auf den Beinen. Statt ins Bett zu kommen, gab es eine Überraschungs-Party mit Essen. Drei weitere Tage standen Sightseeing und Geselligkeit im Vordergrund. Lima hat neun Millionen Einwohner und die unterschiedlichsten Seiten. Alles kennen zu lernen war nicht möglich. Vom Berg Cerro San Cristobal aus war es aber möglich, ein Gespür für die Größe der Stadt zu bekommen zu bekommen.

Als Mitglied in Familie aufgenommen

Nach den Erfahrungen der ersten Tage ging es in eine Gastfamilie, bestehend aus Vater, Mutter, Sohn, Tochter und den Großeltern. Mit ihnen lebt Simon jetzt im südlichen Lima-Stadtteil Chorrillos. Dieser liegt nahe dem Meer und lädt zum Joggen am Strand ein. Das Viertel gilt aber zu bestimmten Zeiten als etwas gefährlich. Simon musste seine Lebensgewohnheiten darauf einstellen. In der Familie selbst ist er ein echtes Mitglied und wird von seiner Gastmutter Leticia gern Hijo genannt, was Sohn oder Kind bedeutet. Häusliche Pflichten wie Wäschewaschen, Abwaschen, Wasserabkochen und vieles andere mehr sind für ihn wie alle anderen im Haus selbstverständlich.

Da Simons entwicklungspolitischer Freiwilligendienst und sein Aufenthalt in Peru von der Erzdiözese Freiburg und damit von der katholischen Kirche mitfinanziert, koordiniert und organisiert wird, ist er in der Pfarrgemeinde Santa Catalina de Siena in Buenos Aires de Chorillo tätig. Hier leben auch einige Franziskaner-Mönche, die sich die Leitung der Pfarrei mit den Gemeindemitgliedern teilen. Es gibt einen sehr aktiven Pfarrgemeinderat, der sich auch intensiv um die Partnerschaft mit Deutschland kümmert. Die Hauptkirche befindet sich ähnlich wie in seiner Heimat auf dem Berg.

Insgesamt wurde Simon sehr herzlich aufgenommen und auch schon privat zum Essen eingeladen. Er lernte zahlreiche Gruppierungen kennen. Es gibt etwa mehrere Chöre, Theatergruppen und eine Vielzahl von Gruppenstunden. Sein direkter Ansprechpartner Mauro gehört zu den aktiven Gemeindemitgliedern. "Er kümmert sich fürsorglich um mich", berichtet Simon. Wenn es einmal nicht so viel Arbeit in der Einsatzstelle gibt, schaut er darauf, dass es seinem Schützling nicht langweilig wird. Er füllt seinen Kalender mit Aktivitäten in der Pfarrei. Dazu gehörte gleich am Anfang eine Aktion, bei der 26 Bäume gepflanzt wurden. Die Stadtverwaltung schloss sich an und erweiterte den kleinen Park. An diesem kommt Simon fast täglich vorbei, und er ist gespannt, wie sich dieser während seine Volontariats verändert. Mauro meldete ihn direkt zu einem Leiterkurs in der Gemeinde an. Beim Gemeindefest half Simon bei der Tombola. Da sich Peru jenseits des Äquators befindet, handelte es sich um ein Frühlingsfest mit beeindruckender Talentshow, mehreren Live-Konzerten, leidenschaftlich gespieltem Bingo und anderem mehr. Ein in Peru bekannter Fernsehstar sorgte vor allem bei den weiblichen Besuchern für Begeisterung. Höhepunkt war die Krönung der Reina da la Primavera (Miss Frühling). Das Fest wurde ein riesen Erfolg. Außerdem brachte es einige Spenden ein für dringend benötigte neue Kirchenbänke.

Organisation schafft Bibliotheken

Bei der Lesefertigkeit steht Peru nach der neusten Pisa-Studie weltweit auf dem letzten Platz. Die Kinder können zwar lesen und schreiben, verstehen oft aber nicht, was sie lesen. Daraus kann sich ein Teufelskreis entwickeln. Man kann sich nicht richtig informieren, erfährt nichts wertfrei über seine Rechte und die Politik. Die Betroffenen können nur sehr schwer am öffentlichen Leben teilhaben und sind leichter manipulierbar. Außerdem beeinflusst das Lesen die Entwicklung des Kindes vor allem im Hinblick auf seine Fantasien sowie auf seine Kreativität. Um dies zu ändern und Peru zu einem Land lesender Kinder zu machen, entschloss sich der peruanische Staat zu einem speziellen Programm. Dieses soll Schüler wie Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen dazu anhalten, mindestens ein Buch pro Monat zu lesen. Die Organisation "Un Milion de Nino Lectores" (Eine Million lesender Kinder) richtet an so vielen Bildungseinrichtungen wie möglich kindgerechte Bibliotheken ein, schafft Orte der Kreativität und der Fantasie. Für Simon Weisser gibt es einiges zu tun. Gemeinsam mit einer weiteren Freiwilligen betreut er die bereits gebauten Bibliotheken. Sie organisieren vor Ort Aktionen für Kinder und Eltern.

Außerdem ist Simon so oft wie möglich in einem kleinen Büro der Kreativität, um alle Facetten der Organisation kennen lernen zu können. Er geht auch zu Meetings und lernt viele interessante Leute kennen. Er war beispielsweise dabei, als die Pfadfinder Perus über eine Allianz beraten haben. Er hat die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, etwa die Einführung eines Bibliotheksausweises. Diesen hat er selbst entworfen. Simon kauft auch Bücher ein, ordnet Dokumente oder Rechnungen und arbeitet mit den Kindern in den Bibliotheken.

Bei dieser Vielfalt gibt es keinen Alltag, was er selbst aber sehr positiv sieht. So erlebt und sieht er viel. Eigentlich sollte er von Anfang an direkt in der Schule Brisas de Villa arbeiten. Hier verstehen 60 Prozent der Kinder kaum, was sie lesen. Doch deren Bibliothek hatten die Lehrer nicht ausreichend gepflegt. Und es gab einige Probleme mit dem Personal. Mehrere Freiwillige sind jetzt dabei, die Einrichtung zu retten. Simon will Lehrer und Schüler wieder fürs Lesen begeistern, nennt er ein wichtiges Ziel.

Seine Zwischenbilanz klingt sehr positiv. Er wurde in der Organisation herzlich aufgenommen und gleich Mitglied des Teams. Stolz sagt er: "Un Milion de Nino Lectores ist nun auch meine Organisation. Außerdem erhalte ich durch meinen Mentor Javier, einen bekannten peruanischen Schriftsteller, sowohl einen Einblick in die peruanische Politik, als auch in die peruanische Literatur."

Peru ist ein Staat im westlichen Südamerika, grenzt im Norden an Ecuador und Kolumbien, im Osten an Brasilien, im Südosten an Bolivien, im Süden an Chile und im Westen an den Pazifik. Das Klima ist im Osten tropisch, an der Küste trocken und im Gebirge kalt. Das Land hat über 30 Millionen Einwohner. Die Amtssprachen sind Spanisch und Aymara. Schon vor 10 000 Jahren lebten hier Menschen. Zu den vielen Kulturen zählten auch die Inka. Die Wirtschaft ist in hohem Maße von Kupfer- und Erdölexporten abhängig. In der Tourismus-Branche sorgen vor allem die unvergleichlichen Ruinen von Machu Picchu für Einkünfte. Unterbeschäftigung und Armut sind unter weiten Teilen der Bevölkerung sehr verbreitet.